Lebenserinnerungen



„Im Anfange war es wüst und leer in der Heide. Der Adler führte über Tage das große Wort und bei Nacht hatte es der Uhu. Bär und Wolf waren Herren im Lande und hatten Macht über jegliches Getier ....“ Mit diesem Stimmungsbild beginnt der „Wehrwolf“ von Hermann Löns. Und dieses Bild könnte man auch als Anfang für meine früheste Familiengeschichte übernehmen:
Eines Tages aber kamen Männer über die Heide, bekleidet mit langen, groben Gewändern, mit Kapuzen und einfachem Schuhwerk. Es waren Mönche, die sich dem Heiligen Benedikt verpflichtet hatten. Sie führten ihre geringe Habe mit sich und suchten eine dauernde Bleibe in der Einöde, so wie es in jener Zeit der Brauch bei den Mönchen war.
Nahe der Grenze zwischen dem Amerigau (Ammerland) und den friesischen Landen, dort, wo auf der einen Seite ein großes Moor genügend Schutz bot und auf der anderen Seite eine dichte Bewaldung den Einblick von außen versperrte, beschlossen sie, sich niederzulassen. „Vredehorna“, also „Ort des Friedens“, nannten sie diese einsame Gegend. Und so nannten Sie auch das Kloster, das sie dort bauten – und dessen Spuren heute noch anzutreffen sind.
Zu welcher Zeit die ersten Mönche dort erschienen, wird wahrscheinlich nie genau festzustellen sein. Letzte Forschungen lassen auf das 11. bis 12. Jahrhundert nach Christi Geburt schließen. Urkundlich belegt ist jedoch, daß das Kloster im Jahre 1319 bereits von dem Johanniterorden übernommen war und daß sich der Name geändert hatte: aus „Vredehorna“ war „Bredehorn“ geworden. Wahrscheinlich hatte ein schriftgelehrter Mönch die kunstvolle Initiale „V“ durch Hinzufügen eines kleinen Häkchens in ein ebenso kunstvolles „B“ verwandelt. Letzteres muß jedoch als vage Theorie hingenommen werden.
Unstrittig ist dagegen, daß das Kloster Bredehorn mit der Zeit durch drei Vorwerke zu einer stattlichen Größe heranwuchs und für die inzwischen zahlreichen friesischen Klöster zum geistigen Mittelpunkt wurde.
Mit der neuen Lehre eines Martin Luther veränderten sich jedoch die Lebens- und Wirkungsbedingungen der Klöster allgemein und ganz besonders im nordwestdeutschen Raum. So hatte der Graf Johann von Oldenburg die nicht unvermögenden Klöster in seinem kleinen Reich schon immer als Stachel im Fleisch betrachtet. Ermuntert vom Wort Martin Luthers übernahm er bzw. sein Bruder Anton im Jahre 1533 kurzerhand u. a. das Kloster Bredehorn und übergab es einem Rittergeschlecht tor Helle zu Lehen.
Zur Erklärung: seinerzeit gab es noch keine Familiennamen, also fügte man zum Vornamen den Wohnort hinzu. Noch heute gibt es in der Nähe von Bad Zwischenahn das Dorf Helle, und hier saß seit Generationen das Rittergeschlecht „tor Helle“. Ein Dyrik tor Helle soll sich in Kriegsdiensten für den Grafen durch besondere Tapferkeit hervor getan haben, und dafür wurde dessen Sohn Bruneke mit dem Kloster beliehen oder „bemeiert“, wie man es damals nannte. Er mußte dafür den Namen tor Helle ablegen und sich „Klostermeier zu Bredehorn“ nennen. Er war somit der Statthalter für den Grafen, mußte bestimmte Anteile der erwirtschafteten Ernten an diesen abführen, im Kriegsfall weiterhin mit einem Knappen oder Knecht zu Diensten sein und hatte außerdem noch für pünktliche und angemessene Abgaben der Kleinbauern im näheren Umkreis des Klosters zu sorgen. Die Bemeierung war nicht befristet, d. h. das Klostergut ging stillschweigend in den Besitz der Familie über. Die Bezeichnung „Klostermeier zu Bredehorn“ durfte nur von dem jeweiligen Hofbesitzer benutzt werden, alle abgehenden Söhne hießen schlicht „von Bredehorn“, (was jedoch mit Adel nichts zu tun hatte!).
So weit zur Geschichte.
Auf Landkarten mit entsprechend großem Maßstab ist an besagter Stelle das Dorf Bredehorn vermerkt, dessen Name noch vom Kloster herrührt. An einem Querweg ist aber auch noch der ehemalige Standort des Klosters eingezeichnet (Klosterhof Bredehorn). Heute stehen dort zwei etwas größere landwirtschaftliche Anwesen, und in den Adern der Besitzer fließt sogar noch Bredehorn`sches Blut, wenn auch ziemlich verdünnt.
Ich bin in einem Haus geboren, das einen knappen Kilometer entfernt steht, und mein Familienname ist – wie könnte es anders sein – Bredehorn.
Aus der Familiengeschichte habe ich ein hübsches Wappen übernommen. Das hängt bei mir in Holz und als Farbkopie in der Wohnung.
Die von mir für das Chatten im Internet angenommene Bezeichnung „Klostermeier“ steht mir dagegen keineswegs zu, und ich bitte um Nachsicht.
Klostermeier

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Kommentare (6)

Ela48 Danke für Deinen Bericht. Auch ich finde4 es immer wieder sehr interessant nach Ursprünglichem zu suchen.
Ob mein Familienname oder mein Mädchenname. Manchmal ist es wie ein spannender Krimi und ich haste voller Eifer von einem Hinweis zum anderen.
Vielleicht kannst Du für uns noch mehr Geschichten, die so realitätsnah sind, für uns veröffentlichen?
Wäre toll!
Danke Ela
Lollo wenn ich auch die dortige gegend nicht kenne, hat mich deine geschichte doch sehr interesiert und ich hatte sehr viel freude beim lesen. du kannst es so genau beschreiben und vor allen dingen erzählen.
ich wünsche dir noch einen schönen abend und grüsse dich lollo
Adoma Interessant, Deine Geschichte, lieber Klostermeier.
Und ich bin überzeugt, dass Du den Segen Deiner Ahnen hast, den Chatnamen zu führen.
Hälst Du doch so Geschichte und Wurzeln in Ehren.
Glücklicherweise habe ich Dank der Mormonen, die das Filmaterial der Kirchenbücher zur Verfügung stellen, meinen
Stammbaum noch ergänzen können.
In der Seele fühlt es sich sehr gut an.
Liebe Grüße
Adoma
EHEMALIGESMITGLIED63 mit viel Freude und interresse habe ich Deine Geschichte gelesen.
Da ich mich seit Jahren mit Genealogie befasse war es besonders interressant.
Namen verbergen manchmal mehr als wir uns träumen lassen.

Du hast es wunderbar beschrieben , hoffentlich auch bei anderen noch Interresse geweckt.
Danke Lg Elisabeth
Traute Ja so sind die speziellen Namen geworden. Nach Beruf, Stand oder auch Herkunft.
Es war interessant davon zu lesen.Und aus der Art, wie Du der Sache nachgehst lese ich eine Heimatliebe heraus. So suchen wir so hoch unser Stand auch sei, unsere Wurzeln und unser werden.
Meine Ahnen kamen aus Salzburg, vertrieben und des Eigentums beraubt, nach Ostpreußen. Sie waren Protestanten und da die Staatsreligion nach dem Luther, wieder zum Katholizismus zurück kehrte, vertrieb man die Lutheraner und behielt ihr Gut, damit sie besser das Weite suchen konnten.
In Ostpreußen nach ein paar Jahrhunderten, ging es mir als Nachfahre der Salzburger wieder so. Man vertrieb uns und damit wir besser fortkommen, behielt man wieder alles was unser war, auch die Heimat.
So jagt man die Menschen des Gewinnes wegen auch Heute noch herum. Warum?Darum.
Mit ganz freundlichen Grüßen und Dank für das Lesevergnügen und die Erinnerungsrichtung,
grüßt Traute
stefanie Mit großem Interesse las ich Deinen Kommentar.
auch mir macht es große Freude dem nachzuforschen was früher war und Erkenntnisse daraus zu gewinnen.
Es ist nicht nur interessant sondern kann uns auch
neue Möglichkeiten zeigen

Mit freundlichen Grüßen stefanie

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