Wie toll, dass es den Computer gibt
Mitte März, noch kein Wetter zum Radeln, zum Wandern in die Mark, die Mark Brandenburg. So saß ich schon heutenacht bis zwei in der Früh und konnte mich nicht entschließen ins Bett zu gehen. Und kurz vor sieben war ich wieder wach – das Uhr-Radio, das ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, hat eine so doofe Anzeige, blau, die sich nach dem Lichteinfall ändert, sie brauchte meine Aufmerksamkeit, um sie ohne Brille ablesen zu können – und damit war es aus mit dem Weiterschlafen. Ich stand auf, zog nach dem Badbesuch in die Küche, frühstückte im täglich sich wiederholenden Ritual. Der Blick aus dem Fenster stieß die erwartungsvolle Morgenstimmung um auf sauersüße Stimmung. Was kann das Wetter dafür, dass es im März nun mal so sein muss?!
Hauptschalter am Schreibtisch umlegen, Startknopf am Rechner drücken und warten, bis das Maschinchen seine Aufwärmphase durchlaufen hat. Es braucht schon etwas Zeit, bis man einsteigen kann in die Abteilungen, die immer von Interesse sind: Hat jemand gemailt? Sind Kommentare eingegangen? Was spucken die Zeitungen aus? Und was machen wir nun?
Ich träume und plane den Neuaufbau einer Modellbahn-Anlage. Modellbahn, Eisenbahn, Berlin – da bin ich doch wieder zu Hause angekommen. Gleich weiter zu Amazon, „Berlin Alexanderplatz“, was gibt es da für Literatur? Ich blättere, ich lese.
Vor Tagen, als ich mein Liebes nach Friedrichhain ins Klinikum gebracht hatte, bin ich mit der Tram in Richtung „Hackescher Markt“ gefahren, habe diese am Alexanderplatz verlassen.
Eine reichlich zermatschte Gegend: Häuser, Hochbauten aus der Zeit bis zur Wende sind entvölkert, mit Bauzaun gesichert – irgendetwas soll da mal wieder von eifrigen Denkern via Reißbrett entstehen. Der Verkehr oberirdisch mit seinem Lärm, ab und an gestoppt durch Ampeln, zeigt den Durchfluss, so ganz anders als der in den dreißiger und vierziger Jahren erlebt und auch ganz anders bis zur Wende, eben selbst nicht erlebt, nur eben mal gestreift.
Und jetzt: S-Bahn, U-Bahn, Tram, Bus – dazwischen zu Fuß und mit der Kamera (schließlich möchte der PC davon auch profitieren, indem er den Inhalt des Kamera-Chips übernimmt).
Ich finde Bücher über den „Alex“ und bestelle eines davon. Ich erinnere mich an „Franz Biberkopf“, den verfilmten Roman – ich meine, den Roman gelesen zu haben, noch weit weg von Berlin, aber in Gedanken da an das einstige Oval, wo Straßenbahnen kreuzten, abbogen, die alten Modelle der BVG, bis in die letzten Tage des Krieges erlebt. Das „Gold“ an den Armaturen des Kaufhauses Tietz, seine bemannten Aufzüge und der Blick hinunter zu Aschinger.
Ach ja, ich war mit Mutter zu Onkel Löhr zur Untersuchung, sollte ich doch in die NAPOLA. Dazu musste ich morgens ganz früh nüchtern in Eichwalde starten – erst mit dem Vorortzug bis Grünau, dann weiter mit der Stadtbahn bis Alex – war gegen Mittag mit Mutter zu Aschinger gegangen. Mutter bestellte gegen Abgabe von Marken der Lebensmittelkarte Pellkartoffeln mit Muscheln – die habe ich allesamt liegen gelassen – und Karamell-Pudding, der musste meinem Hunger gefallen haben. Es war Krieg.
Rund um den Alex wuchsen die ausgebrannten Häuser. Ich sah das Gerippe der Bahnhofshalle, die Scheiben fehlten, das Gewölbe-Gerippe hatte etwas Schlagseite bekommen. Was jenseits der Stadtbahnunterführung los war, dahin war ich nie gekommen, denn sonst fuhr uns die Stadtbahn auf ihrem Weg durch die Stadt mal bis Bahnhof Friedrichstraße (und dann mit Kriegsbeginn weiter zum S-Bahnhof „Unter den Linden“), dann eben zu Fuß zu Vaters Büro in der Behrenstraße. Oder es ging weiter über Westkreuz nach Eichkamp zu den Großeltern.
Als ich 1986 mit Bekannten zum Alex fuhr, habe ich mal die Seite bis „Unter den Linden“ erwandert, habe gegenüber der „Neuen Wache“ eine Tasse Mitropa-Kaffee getrunken. Eindrücke vom Alex? Naja die Welt-Uhr, die musste man doch bewundert haben. Die S-Bahn rumpelte dann wieder hinaus nach Eichwalde.
Die U-Bahn unterm Alex habe ich erst nach der Wende benutzt, als ich vor drei Jahren meinen Spatz kennen lernen durfte. Klar, dass wir die S-Bahn nutzten, wohin sonst mit dem Auto?!
Nun habe ich die Bücher "Der Berliner Alexanderplatz" und "Das historische Berlin" bestellt, ich hatte sie bei Amazon einsehen können – ich muss sie haben.
Ich blieb bei Amazon, suchte jetzt man nach „Eichwalde“ – ach, eigentlich, weil unsere Sonja Ziemann, Eichwalderin, doch fünfundachtzig Jahre alt geworden ist. Und ich finde ein Buch, das eigentlich zu meiner Schreiberei und meiner Zugehörigkeit zum „Eichwalder Heimatverein“ passt: "Die Russen kommen: Erinnerungen einer Ärztin".
Was doch der Computer für Möglichkeiten bietet! Neune ist es geworden, nun will ich mich mal anziehen. Soll ich mich trotz des Regens stadtfein machen? Bei jedem S-Bahnzug (alle zehn Minuten sind’s zwei, die sich hier begegnen) juckt’s mich: noch mal zum Alex?
ortwin
Hauptschalter am Schreibtisch umlegen, Startknopf am Rechner drücken und warten, bis das Maschinchen seine Aufwärmphase durchlaufen hat. Es braucht schon etwas Zeit, bis man einsteigen kann in die Abteilungen, die immer von Interesse sind: Hat jemand gemailt? Sind Kommentare eingegangen? Was spucken die Zeitungen aus? Und was machen wir nun?
Ich träume und plane den Neuaufbau einer Modellbahn-Anlage. Modellbahn, Eisenbahn, Berlin – da bin ich doch wieder zu Hause angekommen. Gleich weiter zu Amazon, „Berlin Alexanderplatz“, was gibt es da für Literatur? Ich blättere, ich lese.
Vor Tagen, als ich mein Liebes nach Friedrichhain ins Klinikum gebracht hatte, bin ich mit der Tram in Richtung „Hackescher Markt“ gefahren, habe diese am Alexanderplatz verlassen.
Eine reichlich zermatschte Gegend: Häuser, Hochbauten aus der Zeit bis zur Wende sind entvölkert, mit Bauzaun gesichert – irgendetwas soll da mal wieder von eifrigen Denkern via Reißbrett entstehen. Der Verkehr oberirdisch mit seinem Lärm, ab und an gestoppt durch Ampeln, zeigt den Durchfluss, so ganz anders als der in den dreißiger und vierziger Jahren erlebt und auch ganz anders bis zur Wende, eben selbst nicht erlebt, nur eben mal gestreift.
Und jetzt: S-Bahn, U-Bahn, Tram, Bus – dazwischen zu Fuß und mit der Kamera (schließlich möchte der PC davon auch profitieren, indem er den Inhalt des Kamera-Chips übernimmt).
Ich finde Bücher über den „Alex“ und bestelle eines davon. Ich erinnere mich an „Franz Biberkopf“, den verfilmten Roman – ich meine, den Roman gelesen zu haben, noch weit weg von Berlin, aber in Gedanken da an das einstige Oval, wo Straßenbahnen kreuzten, abbogen, die alten Modelle der BVG, bis in die letzten Tage des Krieges erlebt. Das „Gold“ an den Armaturen des Kaufhauses Tietz, seine bemannten Aufzüge und der Blick hinunter zu Aschinger.
Ach ja, ich war mit Mutter zu Onkel Löhr zur Untersuchung, sollte ich doch in die NAPOLA. Dazu musste ich morgens ganz früh nüchtern in Eichwalde starten – erst mit dem Vorortzug bis Grünau, dann weiter mit der Stadtbahn bis Alex – war gegen Mittag mit Mutter zu Aschinger gegangen. Mutter bestellte gegen Abgabe von Marken der Lebensmittelkarte Pellkartoffeln mit Muscheln – die habe ich allesamt liegen gelassen – und Karamell-Pudding, der musste meinem Hunger gefallen haben. Es war Krieg.
Rund um den Alex wuchsen die ausgebrannten Häuser. Ich sah das Gerippe der Bahnhofshalle, die Scheiben fehlten, das Gewölbe-Gerippe hatte etwas Schlagseite bekommen. Was jenseits der Stadtbahnunterführung los war, dahin war ich nie gekommen, denn sonst fuhr uns die Stadtbahn auf ihrem Weg durch die Stadt mal bis Bahnhof Friedrichstraße (und dann mit Kriegsbeginn weiter zum S-Bahnhof „Unter den Linden“), dann eben zu Fuß zu Vaters Büro in der Behrenstraße. Oder es ging weiter über Westkreuz nach Eichkamp zu den Großeltern.
Als ich 1986 mit Bekannten zum Alex fuhr, habe ich mal die Seite bis „Unter den Linden“ erwandert, habe gegenüber der „Neuen Wache“ eine Tasse Mitropa-Kaffee getrunken. Eindrücke vom Alex? Naja die Welt-Uhr, die musste man doch bewundert haben. Die S-Bahn rumpelte dann wieder hinaus nach Eichwalde.
Die U-Bahn unterm Alex habe ich erst nach der Wende benutzt, als ich vor drei Jahren meinen Spatz kennen lernen durfte. Klar, dass wir die S-Bahn nutzten, wohin sonst mit dem Auto?!
Nun habe ich die Bücher "Der Berliner Alexanderplatz" und "Das historische Berlin" bestellt, ich hatte sie bei Amazon einsehen können – ich muss sie haben.
Ich blieb bei Amazon, suchte jetzt man nach „Eichwalde“ – ach, eigentlich, weil unsere Sonja Ziemann, Eichwalderin, doch fünfundachtzig Jahre alt geworden ist. Und ich finde ein Buch, das eigentlich zu meiner Schreiberei und meiner Zugehörigkeit zum „Eichwalder Heimatverein“ passt: "Die Russen kommen: Erinnerungen einer Ärztin".
Was doch der Computer für Möglichkeiten bietet! Neune ist es geworden, nun will ich mich mal anziehen. Soll ich mich trotz des Regens stadtfein machen? Bei jedem S-Bahnzug (alle zehn Minuten sind’s zwei, die sich hier begegnen) juckt’s mich: noch mal zum Alex?
ortwin
Kommentare (0)