Schade, ganz ohne Knipse

Ja, ja, du hattest gesagt, auch du müsstest zum Friseur. Und ich doch auch, damit wir schön ordentlich auf unsere Rheintour gehen können.

Wann macht der Frisör-Laden da bei Kaufland auf? Neun Uhr? Naja, ich mache mich auf den Weg, fahre also hin ins Parkhaus. Die Stühle im Frisör-Laden sind schon alle voll, jetzt um Viertel nach Neun. Ich haue wieder ab.

Ich trödele zwischen EG und erstem Stockwerk, mal mit dem Aufzug, mal mit dem Laufband, rauf und runter – die Zeit vergeht langsam. Ich komme wieder beim Frisör-Laden vorbei, schaue durch die Fensterscheiben: naja, etwas leerer ist es ja inzwischen geworden. Also versuche ich’s.

Ich betrete den Laden da im Einkaufscenter. Ich warte, dass man mich annimmt. Mit Handsignalen will man wissen, was ich wolle – anstatt zu mir zu kommen, mich zu begrüßen. Ich antworte mit dem Zeichen „Finger über die Haare, so zeigen wie man schneidet“ – und das im Frisierladen! Aber man lässt mich achtlos stehen.

Ich werde sauer, ganz sauer – das war ich nicht gewöhnt, so achtlos bedient zu sein. Ich reiße mich zusammen und setze mich auf einen freien Platz, einfach so, einfach ungefragt. Man gönnt sich ja sonst nichts!

Und nun sitze ich, verfalle in mich zum Nachdenken, zum Ausdenken, was ich heute noch für mein unorthodoxes Tagebuch wieder schreiben könnte.

Ich beginne das Umfeld in mich aufzunehmen, schaue nach links, schaue durch die Glasscheiben des Ladens hinaus auf den Gang vor den Kassentischen des Kaufland-Ladens. Ich denke noch so, was mein zu Hause gelassener Fotoknips hier hätte einsammeln können.

Und ich schaue nach rechts: hee, da sitzt auf dem Nebenstuhl mein Spatz. Du, das ist unsere Sensation! Du neben mir, ich neben dir! Was eine Freude! Wieder einmal gleiche Gedanken, gleicher Zeitpunkt, gleiches „Leiden“. Wie schön. Ich kann mich nicht sattsehen, es ist Spatzens Frohsinn. Wie nennt man das Gefühl des Kribbelns in der Magenkuhle?!

Beide müssen wir warten. Aber dann kommen zwei Damen und nehmen uns in die Mangel. Sie arbeiten fleißig. Man konzentriert sich auf das Geschehen da oben am Kopfe, dass es ja alles gutgehen möge.

Alles ist beim Friseur einmalig. Wenn du einen Film produzierst, dann kannst du mal ein paar Bilder oder Szenen zurückspulen – beim Friseur hilft das nichts: was ab ist, ist ab, dann kann man nur warten, bis alles Abgeschnittene wieder nachgewachsen ist (ausgenommen bei Glatze pur!).

Als man mich fragt, wie lang mein Schädelbewuchs sein soll: „Fragen Sie meine Nachbarin zur Rechten, die muss mich doch ertragen!“ Nach ihrer, Spatzens Anweisung wurde gestutzt.

Und als die wirklich sorgfältig durchgeführte Schnibbelei begutachtet werden soll, habe ich wieder das Zepter in Spatzens Hand gelegt – wann hast du mal so ein Glück, von der Geliebten beim Frisieren begutachtet zu werden?! Sonst kommt doch Zuhause die Kritik: „Da hätten sie aber etwas mehr absäbeln können!“

Ich war früher fertig als Spatz. Ich wartete. Kam nur noch die Frage: „Zahlen Sie beides?“ – „Nee, so nicht“, auch wenn es netto nur zwölf Euro pro Person waren.

Heuteabend kommt das Oberhemd gleich in die Waschmaschine, damit das Jucken durch die Haarreste aufhört. Das erste Mal, dass die Unterhaltung nicht vom Frisier-Personal angeleiert wurde. Beide sind wir zufrieden, können also mit den Frisuren auf Tour gehen.

Viel Spaß!