Meine Freundin und ich hatten gestern bei sonnigem und mildem Winterwetter mit ihrem neuen Four-Wheel-Drive eine Tour durch den Busch gewagt. Nach dem Motto: “Wenn das Auto schon mal Allradantrieb hat, muss man das auch ausprobieren”.
Die Waldwege liessen sich ziemlich gut fahren. Man hatte sie wohl nach dem letzten grossen Regen ausgebessert.

Ich kenne das Gebiet schon seit vielen Jahren. Mein Mann und ich hatten es “ausgekundschaftet”. Manchmal ging der Weg ploetzlich ueber ein Privatgrund. Man gruesste, wenn jemand draussen war und fuhr weiter. Einmal war an einer Farm Endstation und wir mussten den ganzen Weg wieder zurueckfahren.

Am Wegrand sahen wir ab und zu ein Warnschild mit dem Hinweis, dass hier der Schulbus stoppt und einen Briefkasten. Ein Feldweg fuehrte von dem Briefkasten in den Busch. Also musste irgendwo dort in dem Wald auch ein Haus stehen.
Verschiedenes.(koala)



Unser Ziel war immer Gunalda mit seinem “Verrueckten Haus”. Eigentlich nennt es sich “Windsong”. Aber es ist so gebaut, als waere es einem lustigen Maerchen entsprungen. Pipi Langstrumpf koennte es entworfen haben.

Eine Spezialitaet des Hauses war Ploughman’s Lunch. Wohl ein Begriff aus England, wo frueher die Ackerer, die von Bauernhof zu Bauernhof zogen, sich einen einfachen Lunch mit auf’s Feld nahmen.

Das Weissbrot war auch im Windsong selbstgebacken und zwar in einem Ton-Blumentopf. Dazu gab es Butter und jede Menge Kleinigkeiten, wie Micked Pickles, Salat, verschiedene Dips, Ziegenkaese usw.
Verschiedenes.(koala)



Und das Verrueckte Haus war auch gestern unser Ziel.
Leider hatten sie dort einen neuen Paechter und den Ackermanns Lunch gab’s nicht mehr. Dafuer jede Menge australischen Fastfood. Als ich bei der Bedienung dem Ploughman nachtrauerte, meinte sie, er haette sich nicht mehr so gut verkauft. Ach wie schade!

Am Nachbartisch sassen deutsche Touristen. Ein nettes aelteres Ehepaar und wir kamen ins Gespraech. Sie waren mit einem Mietwagen unterwegs und Australien hat sie bis jetzt enttaeuscht. Sie sagten, ausser die paar Highlights, fuer die sie jeweils viele hundert Kilometer fahren mussten, haetten sie nur Asphaltstrassen gesehen, an denen hier und da einige Haeuser, ein Wirtshaus (Pub) mit einpaar Fremdenzimmern, eine Tankstelle und ein Lebensmittelladen staenden. Sie konnten nicht verstehen, dass nicht mehr sehenswerte Doerfer an den Highways lagen.

Ich erzaehlte ihnen, dass man die Entwicklung und Besiedelung abseits der Grossstaedte so sehen muesste wie frueher in Deutschland. Dort fand man Strassendoerfer, die sich mit der Zeit in grosse Ortschaften entwickelten.
Im Westerwald heisst heute noch ein Dorf “ Strassenhaus “.
Hier hielt frueher die Postkutsche, man wechselte die Pferde. Es gab ein Gasthaus mit Uebernachtungsmoeglichkeiten und einpaar kleinere Haeuser. Dort befand sich auch eine Telegrafenstation der von Preussen 1832 – 1852 betriebenen Telegrafenlinie Berlin – Koblenz.

Sie meinten, das sei aber Mitte 1800 gewesen. Und wir schrieben nun 2012. Ja, das stimmt. Aber Australien ist nun mal ein Phaenomen.
Auf der einen Seite gehoerte fuer viele Erwachsene Ende der 30er Jahre das Funkgeraet zum taeglichen Leben um abseits der Zivilisation leben und ueberleben zu koennen. Die grossen Farmen im Outback hatten ihre eigenen kleinen Flugzeuge. Fast jede Farm hatte einen kleinen Landeplatz, auch wenn sie kein Flugzeug besassen. Denn er war lebenswichtig, wenn die fliegenden Aerzte gebraucht wurden.
Verschiedenes.(koala)



1944 begann man, das grossflaechig ausgebaute Funksystem des “Royal Flying Doctor Service” auch fuer Ausbildungszwecke zu nutzen. Es war die Grundsteinlegung fuer die “School of Air”, die 1951 offiziell eroeffnet wurde. Nun wurde das Funken auch fuer die Kinder zur Selbstverstaendlichkeit. Anfang der 90ziger Jahre wurde der Funkunterricht durch den Computer um vieles vereinfacht.

Als wir 1998 nach Australien zogen, hatte hier statistisch gesehen, jeder Haushalt drei PC’s und das Handy war eine Selbstverstaendlichkeit. Ich erinnere mich, dass die Deutschen, incl. mein Mann und ich, sich mit Handy und PC zu der Zeit noch ziemlich schwer taten.

Auf der anderen Seite steckt die Besiedelung abseits der Grossstaedte immer noch in den Kinderschuhen, wenn man es mit deutschen Augen sieht. So sahen wir es auch, als wir Australien “entdeckten”.
Verschiedenes.(koala)



Ich sagte zu ihnen, sie muessten runter von der asphaltierten Strasse, rein in den Busch mit seinen unbefestigten Strassen. Dort sei Australien.

Aber das war fuer sie nicht moeglich. Als sie ihr Auto mieteten hatten sie unterschrieben, dass sie keine unbefestigten Strassen benutzen.
Zudem ist es auch oft zu riskant, mit einem normalen Auto die hiesigen Waldwege zu befahren.
Verschiedenes.(koala)



Ich dachte anschliessend, schade, dass sie von ihrem Urlaub enttaeuscht sind und das wahre Gesicht Australiens nicht kennenlernen konnten.

Koala 2012
 


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Kommentare (13)

ehemaliges Mitglied mit sehr viel erinnerungen an Paraguay habe ich deinen blog gelesen. auch ich musste erst von den Asphaltstraßen
herunter auf die erdwege ,um zu sehen wie die paraguyer wirlichkeit leben.
danke für deinen blog.
lieben gruß
basta/helmut
Traute Danke für das Vergnügen beim lesen Deiner Beschreibung.
Auch die Bilder sind sehr schön, nicht so gestellt und immer das größte zeigend.
Ich habe sehr viel über Australien gelesen. Es ist ein wunderschönes Land riesengroß, fas alle Klimazonen und so frei und für viele noch abenteuerlich.
Mit ganz freundlichen Grüßen,
Traute
ortwin Koala! Koala?
Gab es da nicht einmal kurzen Kontakt über diese Leitung?
Schon eine ganze Weile her. Damals lebte ich noch bei und dann in Ingolstadt - nun sind es am 24.November schon wieder drei Jahre her, dass ich zurück nach Berlin heimgekehrt bin. Mein Spatz war mir behilflich, mich mit ihrer Wohnungsgenossenschaft bekannt zu machen. Und so bin ich 6 km Stadtweg von ihrem Nest entfernt - also gleich zwei Zuhause.
Eines ist toll und wunderbar in allem: Sie ist eine Reise- und Wandertante! Mein Buch? Wann komme ich darin weiter?? Und ob es noch gelingt, Russland zu durchqueren ?? Spatzens Tochter arbeitet bei der Lufthansa, sie könnte uns ...
Aber irgendwie finde ich es egal langweilig, da angeschnallt für Stunden zum Nichtstun verdonnert, da Fotos über Fotos einzusammeln - man bloß Arbeit für zu Hause - aber eine schöne im Erinnern "Weißt du noch?".
Und bestimmt geht es mit dem Smart oder ihrem Japaner über Taunus und Westerwald nach ... Brühl zu meiner Tochter #1.
Bei Feierabend.de geht es demnächst an die Mosel - Ach, wie ich mich freue, kenne ich doch vieles von (Dienst-)Reisen vor dreißig Jahren.
Und ich denke auch an Koala da bei den Antipoden.
Gruß
Dieter/77+5.8
finchen Dein Bericht hat mir mehr als nur gefallen. Mein großer Sohn hat mir ähnliches berichtet und war sehr angetan von der Lebensart.Dieses Anpassen scheint für viele Leute ein Problem zu sein.
Ja nun, auf jeden Fall, paßt Deine Geschichte in den ST und jeder freut sich, von Dir und Australien etwas zu hören.
Mit ganz lieben Grüßen aus Oberbayern über den großen Teich
Dein Moni-Finchen
tilli erstens weil du wieder voll mit uns bist. Du lebst dein leben und dieser Ausflug ist der Beweis-- du bist wieder bei uns. --

Es war für mich sehr interesant zu lesen. Australien, werde ich im diesen Leben nicht sehen.Trotzdem werden mich deine schöne Reiseberichte immer interessieren.

Danke und grüße Tilli
koala So, wie Du oben schreibst, lernt man Australien kennen.
Aber das ist Ansichtsache !!!
Andere haben eine Liste im Gepaeck. Dort wird abgehakt:
Sydney - Schwangere Auster, Harbour Bridge
Cairns - Great Barrier Reef
Alice Springs
The Olgas
Ayers Rock.
Und hat man alle Bilder im Kasten, kann man wieder zurueckfliegen.
Mit einem Laecheln
Anita
koala Du hast recht. Viele haben von dem Land falsche Vorstellungen. Besonders in punkto Entfernungen und lassen sich auch nicht belehren.
Vor etlichen Jahren klingelte bei uns das Telefon:
"Hallo hier ist Herbert aus Deutschland. Wir haben eine Busrundreise von Sydney bis hoch zu euch gebucht. Wir besuchen euch auf dem Weg nach Hervey Bay". Ich war erstaunt, denn die Reiseroute liegt weit abseits von unserer Halbinsel. Aber er wusste es besser. Anschliessend rief seine Frau von Hervey Bay aus an und meinte, der Umweg zu uns waere dem Busfahrer zu weit gewesen.
Verstaendlicherweise !!!
Es gruesst Dich
Anita

koala Meine Freundin fand im Reisebuero d a s Angebot.
"Abenteuer-Reise durch Australien. Vier Wochen unterwegs mit dem Bus."
Uebernachtet wurde in Zwei-Mann-Zelten auf Campingplaetzen. Die Feldkueche war am Bus angehaengt. Die deutschstaemmige Reiseleiterin war gleichzeitig der Koch. Man hatte Kuechendienst. In jedem grossen Ort wurde im Supermarkt frisch eingekauft. Jeder konnte mit dorthin fahren und einkaufen, was er wollte.
Ihr Mann brauchte eine Woche, um sich an den Gedanken zu gewoehnen, einen solchen Urlaub zu machen. Nach ihrer Rundreise waren sie noch 4 Wochen bei uns. Sie sagten beide, das war ein supertoller Urlaub. Sie hatten soviel von Land und Leute gesehen und das Zelten auf den Campingplaetzen hatte sie der Natur viel naeher gebracht, wie es bei Uebernachtungen im Hotel je moeglich gewesen waere.
Herzlich
Anita
loretta Liebe Anita,
mit großem Interesse habe ich heute Morgen deinen Bericht gelesen. Auf jeden Fall freue ich mich auf weitere deiner Geschichten, solltest du andenken, sie fort zu setzen.

Auch ich kann diese gelangweilten Worte des Ehepaares aus Deutschland nicht verstehen, da ich andere Versionen von Reiseberichten aus meinem Bekanntenkreis kenne, denn sie waren alle samt begeistert.

Ein Freund ist zum Beispiel per Anhalter oder Flugzeug innerhalb Australiens an die Ziele gekommen, die ihm wichtig waren. Natürlich war das Great Barrier Reef, was man unbedingt gesehen haben sollte, dabei. Andere, jüngere haben mehrere Monate als Backpacker das Land bereist und so Land und Leute kennen gelernt – natürlich auch gejobbt – wie gesagt, sie waren jung und belastbar und hatten eben mal das Abi gemacht und wollten Australien kennen lernen.

Hier ein Hotel zu buchen, sich ein Auto zu mieten und zu hoffen, Australien mittels diesem kennen zu lernen ist bei der Fläche dieses riesigen Landes wohl eher ein sinnloses Unterfangen. Ältere Menschen sollten lieber nach Menorca fliegen, wo sie eine kleine, überschaubar Insel mit einem gemieteten Gefährt bereisen und erkunden können. Mit Australien sind sie echt überfordert.

Ich freue mich auf mehr, liebe Anita, und wünsche dir weiterhin einen milden angenehmen Winter. In Berlin hat sich der Sommer zurück gemeldet. Bei strahlend blauem Himmel und 28° und noch bis Ende der Woche Urlaub kann ich nicht meckern.



Grüße übern großen Teich
loretta
koala Ich danke Dir fuer Deinen Kommentar.
Wie kommen die Kamele nach Australien? Das fragt sich manch einer.
Das waere auch eine interessante Geschichte.
Die Kamele mit ihren afghanischen Fuehrern brachten frueher lebensnotwendige Gueter, vor allem Wasser, zu den Menschen im weiten Hinterland. Die Eisenbahn, die seit 1929 von Adelaide nach Alice Springs faehrt, in etwa auf einer der Kamelrouten, hat man "The Ghan" genannt.
Sie wird von Touristen gerne benutzt.
Es gruesst Dich
Anita
indeed Irgendwie lief es schon falsch mit dem Mietauto. Sie waren wohl auch nicht intensiv genug vorbereitet und hatten sich falsche Vorstellungen gemacht.
Da kann man nichts machen. Die Lektion musste wohl sein..

Schön aber finde ich, dass du uns so anschaulich teilhaben lässt an eurem Tripp zum Windsong House. Der Name alleine ist schon bemerkenswert und man hört das Lied der Winde, lach.

Oh, das macht Geschmack auf mehr . . . jedenfalls würde ich mich freuen.
Danke, dass ich es lesen durfte.

Mit lieben Gruß von Ingrid
Komet mit großem Interesse habe ich Deinen Blog gelesen. Sicher zieht in jedes Land - ob Australien, Südamerika oder ein Anderes Land - der Fortschritt ein. Für die dort lebenden Menschen ist es sicherlich ein Gewinn.
Nur schade, dass dieses Ehepaar sich nichts abseits der Städte ansehen konnte.
Ich hätte vielleicht versucht, mit dem Flieger dort hin zu kommen - so wie wir es in den Urwald gemacht haben.
Meine Nachbarn sind mit dem Wohnmobil durch Australien und haben sehr viel gesehen.
Danke für Deinen schönen Bericht.

Herzliche Grüße sendet Dir Ruth
Traute wie interessant, Dein Artikel ist!
Schön ein bisschen darüber zu hören wie ihr dort die Entwicklung seht und wie es die Touris sehen.
Sicher hätten sie eine geführte "Entdecker-reise" machen sollen, wenn sie das wirkliche Australien und seine Lebensweise kennenlernen wollten. Das hätte man im Reisebüro mit als Alternative anbieten sollen. Die Interessen sind ja unterschiedlich.
Gelesen habe ich schon sehr viel über Deine Wunschheimat. Und völlig verblüfft war ich als ich von wilden Kamelen im Busch, las.
Nun inzwischen weiß ich, das sie dort so hin kamen wie die Pferde zu den Indianern.
Freue mich schon auf weitere Beiträge
über das riesige Land mit vielen Klimastufen.
Mit freundlichen Grüßen,
Traute

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