Provokation des Schreibens
Es gibt immer wieder Anlässe, das eigene Leben so interessant wie möglich zu gestalten. Es ist wie in den alten Geschichten, denen man schon so oft gelauscht hat. Es wurde so viel erzählt, doch nur das wenigste blieb im Gedächtnis haften.
Jeder Mensch, der sich als Autor sieht, interpretiert so viel wie nur irgend möglich in seine Werke hinein. Allgemeingültigkeit scheint nicht von Belang. Eigeninterpretationen sind nichts mehr Persönliches und Intimes. Wenn bei den Menschen keine Kommunikation zustande kommt, dann wird sie nachträglich vom Lektorat diktiert.
Somit ist selbst der Kommunikationsanspruch an das eigene Manuskript unsinnig. Es geht nur noch um hergestellte Namen und Ereignisse, manchmal auch um Beziehungen, aber weniger um Emotionen und Träumereien. Die gehören dann einfach in das Reich der Kindergeschichten. Es sei denn, man probiert seine Künste(?) an diesen aus. Dies ist jedoch oftmals fragwürdig. Ich kenne so manch ein Kinderbuch, dessen Verfasser längst die gedankliche Schwelle zur Kindheit übersprungen hat, ohne darüber nachzudenken, was Kinder eigentlich lesen wollen!
Ich stelle mir selbst schon lange keine Fragen mehr, die ich hierzu beantwortet haben will, habe genug vom täglichen Selbstbetrug. Trübe und träge die Aussichten, immer etwas Neues zu erfinden, zu gestalten, das doch niemals in der Realität Bestand haben könnte. Eben weil die ideellen und gedanklichen Möglichkeiten heute völlig anders sind, als ein vor einem halben Jahrhundert.
Warum sich die Mühe machen, alles in einem guten Licht erscheinen zu lassen? Man könnte ja eine Desillusion auch zu schätzen wissen.
Ja, man könnte, lässt es aber nicht zu, will alles zu einem guten Ende bringen. Welch ein Verwirrspiel. Findet das Leben, unser Leben stets nur im Sonnenschein statt? Wie öde und monoton erscheint es mir, wenn alles jeweils so abläuft, wie ich es mir vorstelle!
Da lobe ich mir Charles Dickens oder William Faulkner, Heinrich Böll oder Michael Ende.
Da geht etwas in mir vor beim Lesen dieser Romane, da geschieht das Leben, auch wenn ich der jeweiligen Zeit fern bin. Wenn ich mir Emile Zolas »Germinal« vor Augen halte, fühle ich mich ganz winzig-klein vor der gewaltigen Schönheit dieser Worte!
Damit will ich nicht behaupten, es gäbe heute keine guten Texte, ich finde nur, sie werden nicht genug als das interpretiert, was sie wirklich sind:
Darstellung des Lebens unserer Zeit, und nicht nur Fiktion.
Schreiben? Gerne, wirklich gern. Aber Unsinn findet man schon genügend in den Gazetten!
©by H.C.G.Lux
Kommentare (4)
Texte sollen doch nicht biografisch sein. Das behaupte ich doch nicht, liest Du das aus meinem Beitrag?
Das wäre dann ein Missverständnis. Ob ein Text gut ist oder nicht, entscheidet sich erst beim Leser - der Autor jedenfalls nimmt immer das Beste an. Und er stellt sich selten infrage!
Wenn ich aber z.B im Stil von Rosamunde Pilcher schreibe, dann habe ich eine große Anhängerschaft hinter mir. Ist das jedoch ein Beweis der Güte meines Elaborats?
Immerhin: Gut oder schlecht - das ist ein Klischee, ich möchte das nicht entscheiden wollen ...
Ich verstehe mich nicht als Literaturmensch, sondern eher als Schwätzer. Aber dass ich mich bewusst desillusioniere, weil man überall Unsinn findet, ist auch nicht der Fall. Ich habe keine Manuskripte, ich schreibe einfach, weil ich meine Zeit darauf verwende.
...nicht nur in den Gazetten, auch hier… immer wieder! Aber das ist eben auch das „neu-normale“ Leben...
...konstatiert mit Bedauern
Syrdal
Alle Texte sind biografischen Ursprungs?
Ich z.B. schreibe gern fiktiv und tue dabei gern so als wäre es tatsächlich so geschehen.