Was habe ich vom 13.August 1961 mitbekommen?


Nur die Nachrichten nahm ich zur Kenntnis.
Doch Monate drauf besuchte mich mein Vetter in Bayern.
Er wohnte in Berlin in der Bernauer Straße und war vor dem Mauerbau eigentlich immer aus dem Fenster hinüber in den Westen gesprungen und so auch wieder zurück geklettert.
Als dann die Sperren aufgebaut wurden, hat er kurzerhand sein Fluchtgepäck geschnürt und … … einen Stuhl hat er draußen vor seinem Fenster aufgestellt, damit er ja nicht hinfiel beim Flüchten.
Seinen Job bei der Reichsbahn war er los.
Er hatte Glück, dass er bei der Siemens-Werkeisenbahn unterkam. Er wohnte in der Kurfürstenstraße. Das war dann bei uns sein erster Urlaub im Westen.
Jahre später, als ich nach Berlin wollte – wir hatten nichts mehr von einander gehört – schrieben mir die anderen Vettern aus dem Osten, dass Manfred gestorben sei.
Und bei meinem Besuch im Osten war ich auch in Berlin, bin aber nicht bis an die Mauer gegangen – ich hasste diese unmenschliche Trennungseinrichtung.
Über das, ob und wie sie wieder weg käme, habe ich mir keinerlei Gedanken gemacht.
Und nun bin ich so nahe an der ehemaligen Trennungslinie – dem Mauerweg – zu Hause.

ortwin

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Kommentare (1)

Melusine Damals war ich 11 Jahre, kam vom Spielen heim und fand meine Mutter weinend am Küchentisch. Was war los? Hatte ich etwas angestellt und nun war sie traurig? Ich setzte mich auf ihren Schoß: Mama, warum weinst du denn?
Sie drückte mich an sich, dann sagte sie: Wir werden Omi nicht mehr besuchen können. Sie bauen eine Mauer zwischen uns.
Ich hatte keine rechte Vorstellung von dieser Mauer und machte Vorschläge. Wir können doch drüber klettern. Vielleicht mit der Leiter?
Ich habe meine Omi wiedergesehen, nach langer Zeit. Ich war schon erwachsen. Und dann - fünfzehn Jahre später - fuhr ich zu ihrer Beerdigung.

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