SHÁ

SHÁ

Überkommen sind Geschichten
aus frühen chinesischen Zeiten,
die bildhaft deutlich berichten
von Elend und Hunger und Leiden.
Vor nunmehr fünftausend Jahren
in „Orakelknochen* geschnitten,
aus Kerbungen* wir erfahren,
was damals die Menschen erlitten.

Es regiert der Kaiser Shen Nung*,
einer der „Drei Erhabenen“*,
sein Wissen*, es  hat Bedeutung
für alle Bereiche im Leben.
Er sieht wie die Menschen hungern
und früh an Krankheiten sterben,
das will der Kaiser schnell ändern,
jeder soll künftig lang leben!

Shen Nung nennt ihnen Heilkräuter
zur Anwendung bei den Gebrechen
und zeigt, wie bestimmte Blätter
für bessere Nahrung sprechen.
Er lehrt ihnen auch Ackerbau,
die Kornsaat sowie das Ernten,
erklärt außerdem ganz genau,
die Viehzucht gut zu betreiben.

Um sein Wissen zu erweitern
reist er durchs riesengroße Reich,
versucht sich an vielen Blättern
und Wurzeln zum Wirkungsvergleich,
ergründet so die Heilkräfte,
indem er sie selbst anwendet,
untersucht auch Pflanzensäfte,
was sich wohl darin befindet.

Spätabends an einem Brunnen
nach langem beschwerlichen Weg,
lässt er sich Wasser abkochen
und freut sich auf dessen Geschmack,
als Wind von den nahen Bäumen
Blätter ins heiße Wasser weht,
dabei dringt ein sanftes Raunen*
zu seinen Ohren – er versteht.

Den Gehilfen deutet er an,
die Blätter kochen zu lassen,
es verfärbt sich bald jadegrün,
die Männer können‘s kaum fassen,
der Kaiser trinkt es mit Genuss,
ruft all seine Leute herbei,
ein jeder den Trunk kosten muss –
sie staunen – es sei Zauberei.

Das ist ein Geschenk der Götter
mit feinster erquickender Kraft,
die Weisung hat mir der Äther
vom Himmel direkt überbracht.“
Er schreibt ein Zeichen in den Sand,
winkt die Männer heran – ganz nah –
und jeder hat sofort erkannt,
das Getränk nennt der Kaiser SHÁ.

© Syrdal 2022






SHÁ
das chinesische Zeichen für Tee
……………………..…………..

Erklärungen:
 
*Orakelknochen = Schildkrötenpanzer mit ersten Zeugnissen (eingeritzte Gravuren) chinesischer Schriftzeichen (sogenannte „Orakelknocheninschrift“ oder auch „Knochenpanzerschrift“), die zunächst vorrangig der Weissagung dienten (Tierknochen-Orakel) .
*Kerbungen = als erste Schriftzeichen gedeutete Einkerbungen auf getrockneten Schildkrötenpanzern
*Kaiser Shen Nung = Die drei erhabenen Kaiser Shen Nung, Fu Xie und Nü Wa lebten vor etwa 5000 Jahren und gelten als die Begründer der chinesischen Kultur. Sie wurden einst von Drachen gezeugt und trugen das himmlische Wissen der Allerersten in sich.
*Drei Erhabene = gelten in der chinesischen Mythologe als Gründer der chinesischen Kultur. Shen Nung wurde für seine Taten zum Wohle der Menschheit als Gott verehrt.
*Wissen = das „Wissen der Allerersten“ umfasst den „Baum des Lebens“ (das Urverständnis von allem Lebenden) und damit auch das Wissen von den Heilwirkungen vieler Kräuter. Auf seine Forschungen geht das „Shen Nung Ben Cao Jing“ („Klassisches Werk der Wurzeln und Kräuter nach Shen Nung“) zurück, das erste Heilkräuterbuch, auf das sich noch heute fast alle chinesischen Medizinbücher stützen. Darin werden 365 Kräuter und Heilsubstanzen beschrieben.
*Raunen = Nach der Uberlieferung versteht Shen Nung die Sprache der Tiere und Geister und dort bei der Rast am Brunnen nun auch die Sprache des Windes.

 

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Kommentare (4)

Marlen13

Wunderbar geschrieben lieber Syrdal,
man lernt immer was dazu-  liebe Sonntagsgrüße
von Marlen.
 

Syrdal

@Marlen13

Nun gut, man lernt sicher noch und immer wieder hinzu, so auch beim Genuss der vielfältigsten hochfeinen Teesorten. Dabei wünscht erkenntnishafte Freude…

...mit Sonntagsgrüßen
Syrdal  

Christine62laechel


Wie gut, lieber Syrdal, dass dieses Raunen von Shen Nung verstanden wurde. Ein kleines Zeichen im Sand, und es bedeutet so viel. Immer wieder eine Tasse voller heißen Getränk, den man zu jeder Uhrzeit genießen kann, und bei jeder Gelegenheit. Mit Zutaten, wie Zucker und/oder Zitrone, oder nur so. Man kann den länger ziehen lassen, oder kurz. Ich habe hier einen Laden entdeckt, wo ich immer wieder neue Teesorten entdecke, und die mir auch besorge. Wie gut, dass es auf dieser Welt immer wieder Weisen gab; hoffentlich wird es auch immer noch neue geben...

Mit Grüßen
Christine

Syrdal

@Christine62laechel

Aber ja, liebe Christine, sofern diese Erde noch weiterhin existiert, wird es auch immer wieder Weise geben, die mit ihren Erkenntnissen der Menschheit dienen und gute Frucht bringen. Doch jetzt wünsche ich dir viel Entdeckerfreude in deinem speziellen Tee-Geschäft. Meine bevorzugte Sorte – Schwarztee mit Jasminblüten – wird es dort sicher auch geben. Sehr zu empfehlen!

Zum Wochenende mit allabendlich feinem Teegenuss sendet dir liebe Grüße
Syrdal  


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