Mein Traum frei zu sein. Episode 5
Ich lernte meinen Vater kennen.[size=12][/size]
Wir lebten schon über fünf Jahre in diesem kleinen Bauerndorf, da passierte etwas ganz Besonderes, Aufregendes.
Mein zwölfter Geburtstag war gerade vorbei, es muss also im November 1953 gewesen sein.
Schon seit Wochen wusste Mutter vom Roten Kreuz, dass Vater auf dem Weg von Sibirien, aus russischer Kriegsgefangenschaft, nach Deutschland war. Das hieß, dass Er zu jeder Zeit hier bei uns hätte eintreffen können. Mutter war sehr nervös und konnte den Tag kaum erwarten.
Der Tag kam,und ich stand meinem Vater zum ersten Mal gegenüber und er nahm mich in seine Arme.
Da stand er nun, in einem mit Watte gefütterten, abgesteppten, verschlissenen, russischen Wintermantel, einer grau-grünen Hose, in Schuhen mit Gamaschen, und einer russischer Pelzmütze auf dem Kopf.
Von nun an hatten mein Bruder und ich einen Vater, und Mutter einen Mann.
Sehr schnell fand Vater in einer Eisengießerei, im größeren Nachbarort, eine Arbeit.
Ab jetzt gab es jeden Sonntag Schnitzel oder panierte Koteletts auf dem Tisch.
Vater verbot Mutter, ihm auch nur einmal eine Suppe vorzusetzen. Seiner Meinung nach hat er in der sibirischen Gefangenschaft genug Wasser mit Gras bekommen.
Ansonsten war, nach Vaters Erzählungen, in der sogenannten Suppe nichts drin gewesen.
Vater sprach sehr wenig über Krieg und seine Gefangenschaft.
Doch auch die wenigen Geschichten, die er hin und wieder preisgab,
waren schockierend genug.
So viele Jahre in einem russischen Silberbergwerk in Sibirien als ehemaliger deutscher Feldwebel zu Zwangsarbeit verurteilt zu sein, das musste Hölle pur gewesen sein.
Stalingrad hatte er überlebt, auch die Gefangenschaft, nun wollte er nicht mehr an diese Zeit erinnert werden.
Durch Vaters Arbeit, damit sein Weg dorthin nicht so lang war, zogen wir in das Nachbardorf wo er seine Arbeit hatte. Mein Bruder machte seine Lehre in derselben Fabrik, in der Vater arbeitete.
Ich musste noch einmal die Schule wechseln,dann kam die Zeit
wo auch ich eine Lehre beginnen sollte.
Mein letzter Schultag war im April 1956.
******
Mit meinen 14 ½ Jahren und den 8 Jahren Volksschule, so hieß das früher, war ich nun reif für das Arbeitsleben, so nannten es meine Eltern.
Meine Eltern wollten mich auch in dem Werk, in dem Vater und mein Bruder arbeiteten, als Schlosserlehrling anmelden. Doch ich hatte andere Vorstellungen von meiner beruflichen Laufbahn.
Ich wollte zur See fahren, ein Seemann wollte ich werden.
Die Welt wollte ich sehen, nach Hawaii wollte ich, den Mädchen hatte ich doch versprochen, dass ich die eine oder die andere mit nach Hawaii nehmen würde.
Ich war mir noch nicht sicher welche, aber das hatte ja noch Zeit. In die Fabrik zu Vater und Bruder, unmöglich!
Schon als kleiner Junge, ich meine wirklich klein, war es mein Wunsch, als Schiffskoch die Welt kennen zulernen, und nun sollte ich in diese Fabrik, unmöglich!
Nur wie wird man Schiffskoch?
Meine Eltern waren von meiner Idee nicht angetan und wollten überhaupt nichts von der Seefahrt wissen.
Eine Kochlehre dagegen sei eine weise Entscheidung, denn auch in schlechten Zeiten hätte ich dann immer etwas zu essen. Es gab viele Tränen wegen dieses Themas, doch mein Entschluss stand fest: Schiffskoch!
*****
Beim Arbeitsamt, es gab noch keine Jobcenter, hatten Mutter und ich einen Termin bei einem Berufsberater, so nannte sich der Herr.
Der Herr Berufsberater, ich erinnere mich noch, ein viel zu klein geratener Beamter an einem viel zu großen Schreibtisch, dieser Herr wollte nun wissen, was wir wissen wollten.
Und ich sagte ihm, dass ich wissen wollte, wie man Schiffskoch werden kann.
Erstaunt antwortete er, dass dies nicht sein Gebiet sei, da müsse ich zu einer Seemanns-Heuerstelle gehen und die könnten mir weiter helfen.
Aber er könne mir eine Stelle als Kochlehrling verschaffen, wenn ich wollte.
Natürlich, man musste doch zuerst eine Lehre machen und dann auf einem Schiff anmustern.
Als ausgelernter Koch ist der Weg auf ein Schiff frei.
Der Herr Berufsberater unterzog mich noch einem Eignungstest, so nannte er diese blöden Fragen.
Unter anderem gab es diese Frage: Wenn ein Gast an einem Freitag ein Fleischgericht bestellen würde, was hätte ich zu tun? Ich antwortete ihm, dass ich so gut ich es könnte, seinen Wunsch erfüllen würde.
Nein, nein, das wäre total falsch.
Ich müsste dem Gast eine Eierspeise oder ein Fischgericht empfehlen, da ein Christ an einem Freitag kein Fleisch essen dürfe.
So verlange es die Religion, meinte der Berufsberater zu mir.
Mir wurde klar, dass ich noch viel zu lernen hätte, bevor ich die große, weite Welt verstehen würde.
Und es wurde ein neuer Termin gemacht.
Nach zwei Wochen wurde uns bei einem Gespräch mit dem Herrn Berufsberater mitgeteilt, dass es keine Stelle als Kochlehrling gäbe. Aber als Konditorlehrling könnte er mich vermitteln, was dann auch geschah.
Alle waren der Meinung, dass Konditor und Koch fast die gleichen Berufe seien und ich bei der Seefahrt die gleichen Chancen hätte.
Und so machte ich eine dreijährige Konditorlehre in Marburg an der Lahn.
Zuhause wurde mit Vater noch einmal alles besprochen und an einem Sonntag, an Vaters arbeitsfreiem Tag, fuhren Mutter, Vater und ich in Vaters 500er Fiat die 80 km nach Marburg, um meine neue Lehrstelle zu besichtigen und den Lehrvertrag zu unterschreiben.
Sonntag war ein günstiger Tag, denn sonntags hatte Vater frei und das Konditorei-Café hatte natürlich offen, denn gerade der Sonntag war der beste Tag der Woche, für eine Konditorei.
Viel später erst merkte ich, was es hieß, immer am Sonntag zu arbeiten. Aber so weit dachte ich noch nicht.
Ich freute mich über den unterschriebenen Lehrvertrag.
******
Der 1. April 1956 sollte mein erster Arbeitstag werden. In Vaters 500er Fiat ging es wieder zurück und meine Freude war groß, aus dem Fiat aussteigen zu dürfen.
Ich hasste dieses Transportmittel, in dem ich mir vorkam, als säße ich in einer Blechdose mit Rädern.
Ich musste immer hinten sitzen, direkt über dem kleinen heulenden Motor. Jedes Mal, wenn Vater schaltete, dachte ich, ich bekomme irgendwelche Splitter in meinen Hintern, denn Vater schaltete mit Zwischengas.
Ich war froh, dass ich die nächste Zeit nicht mehr mitfahren musste.
Dieses Mal reiste ich mit der Bahn nach Marburg.
Mutter packte mir ein blaues Pappköfferchen mit meinen Sachen voll und erklärte mir, das Köfferchen sei nun meins.
Von nun an hatte ich einen eigenen Reisekoffer, wer kann das mit knapp 15 Jahren schon sagen?
Ich war sehr stolz auf mich und meinen blauen Pappkoffer.
Alleine, in einem Zug, meine erste Reise überhaupt, um in die Fremde zu fahren.
Keine Eltern mehr, die einem immer vorschreiben, was man darf und was man nicht darf.
Ich hatte die Freiheit und konnte nun tun und lassen, was ich wollte, dachte ich!
Doch schon auf meiner ersten Reise musste ich feststellen, dass das „auf sich allein gestellt sein“ doch nicht so einfach ist.
Um 8 Uhr fuhr ich von zu Hause los, musste dreimal umsteigen und immer wieder Fahrgäste oder Bahnpersonal fragen, mit welchem Zug oder welches Gleis ich nehmen musste.
******
Die Lehrzeit[color=red][/color]
Ich hatte Angst, dass ich niemals in Marburg ankommen würde, selbst der O-Bus in Marburg machte mir Angst und immer wieder musste ich mich durchfragen.
Doch endlich gegen 16 Uhr bin ich in der Konditorei angekommen!
Mir wurde ein Zimmer unter dem Dach zugewiesen und ich bekam meine Arbeitsuniform und Verpflegung für die ganze Woche.
Margarine im Becher, vier gekochte Eier, eine Dose Hering in Tomatensoße, eine Schachtel Dreiecks-Käse, streichfähig, eine kleine Salami, ein Päckchen gekochten Schinken und ein Laib Brot, einen Blechteller, Messer, Tasse und Löffel.
Das war die Ration fürs Abendessen.
Heißes Wasser für die Tee Zubereitung und den Tee gab es jeweils abends nach Arbeitsschluss.
Ich merkte sofort, dass ich nicht im Paradies gelandet war.
Am nächsten Tag durfte ich mich um 7 Uhr in der Backstube melden. „Lehrjahre sind keine Herren Jahre“.[u][/u]
Dieser schlaue Spruch würde mich nun bestimmt die nächsten drei Jahre begleiten, da war ich mir sicher.
Für meine vierzehn ein halb Jahre, durfte ich schon allerhand Aufgaben erledigen.
Da auch eine Bäckerei an die Konditorei angeschlossen und kein Bäckerlehrling vorhanden war, wurden mir auch diese Arbeiten anvertraut.
Das sah dann so aus: schon um 6 Uhr musste ich in der Bäckerei sein damit ich die Brötchen, abgepackt in Tüten, in einem Weidenkorb auf dem Rücken, per Fahrrad, in Marburg-Süd austeilen konnte.
Gegen 8 Uhr war ich zurück und in der Konditorei tätig.
Um 10 Uhr bekam ich einen Tragekorb mit Henkel, gefüllt mit Backwaren vom Vortag.
Dieses Mal ging die Reise gegenüber in das große Amtsgebäude. Dort verkaufte ich die Vortags-Backwaren für weniger Geld als im Laden an die Büroangestellten.
Dies dauerte eine Stunde und bis mittags durfte ich dann wieder in der Backstube arbeiten.
Meine Kolleginnen und Kollegen waren sehr nett zu mir, denn ich war ja noch so jung und so weit von Zuhause weg.
Hat Ihnen die Episode gefallen? Bleiben sie mir TREU! Es geht weiter....
Bis zur nächsten Ausgabe.
Ihr Hippguru.
Wir lebten schon über fünf Jahre in diesem kleinen Bauerndorf, da passierte etwas ganz Besonderes, Aufregendes.
Mein zwölfter Geburtstag war gerade vorbei, es muss also im November 1953 gewesen sein.
Schon seit Wochen wusste Mutter vom Roten Kreuz, dass Vater auf dem Weg von Sibirien, aus russischer Kriegsgefangenschaft, nach Deutschland war. Das hieß, dass Er zu jeder Zeit hier bei uns hätte eintreffen können. Mutter war sehr nervös und konnte den Tag kaum erwarten.
Der Tag kam,und ich stand meinem Vater zum ersten Mal gegenüber und er nahm mich in seine Arme.
Da stand er nun, in einem mit Watte gefütterten, abgesteppten, verschlissenen, russischen Wintermantel, einer grau-grünen Hose, in Schuhen mit Gamaschen, und einer russischer Pelzmütze auf dem Kopf.
Von nun an hatten mein Bruder und ich einen Vater, und Mutter einen Mann.
Sehr schnell fand Vater in einer Eisengießerei, im größeren Nachbarort, eine Arbeit.
Ab jetzt gab es jeden Sonntag Schnitzel oder panierte Koteletts auf dem Tisch.
Vater verbot Mutter, ihm auch nur einmal eine Suppe vorzusetzen. Seiner Meinung nach hat er in der sibirischen Gefangenschaft genug Wasser mit Gras bekommen.
Ansonsten war, nach Vaters Erzählungen, in der sogenannten Suppe nichts drin gewesen.
Vater sprach sehr wenig über Krieg und seine Gefangenschaft.
Doch auch die wenigen Geschichten, die er hin und wieder preisgab,
waren schockierend genug.
So viele Jahre in einem russischen Silberbergwerk in Sibirien als ehemaliger deutscher Feldwebel zu Zwangsarbeit verurteilt zu sein, das musste Hölle pur gewesen sein.
Stalingrad hatte er überlebt, auch die Gefangenschaft, nun wollte er nicht mehr an diese Zeit erinnert werden.
Durch Vaters Arbeit, damit sein Weg dorthin nicht so lang war, zogen wir in das Nachbardorf wo er seine Arbeit hatte. Mein Bruder machte seine Lehre in derselben Fabrik, in der Vater arbeitete.
Ich musste noch einmal die Schule wechseln,dann kam die Zeit
wo auch ich eine Lehre beginnen sollte.
Mein letzter Schultag war im April 1956.
******
Mit meinen 14 ½ Jahren und den 8 Jahren Volksschule, so hieß das früher, war ich nun reif für das Arbeitsleben, so nannten es meine Eltern.
Meine Eltern wollten mich auch in dem Werk, in dem Vater und mein Bruder arbeiteten, als Schlosserlehrling anmelden. Doch ich hatte andere Vorstellungen von meiner beruflichen Laufbahn.
Ich wollte zur See fahren, ein Seemann wollte ich werden.
Die Welt wollte ich sehen, nach Hawaii wollte ich, den Mädchen hatte ich doch versprochen, dass ich die eine oder die andere mit nach Hawaii nehmen würde.
Ich war mir noch nicht sicher welche, aber das hatte ja noch Zeit. In die Fabrik zu Vater und Bruder, unmöglich!
Schon als kleiner Junge, ich meine wirklich klein, war es mein Wunsch, als Schiffskoch die Welt kennen zulernen, und nun sollte ich in diese Fabrik, unmöglich!
Nur wie wird man Schiffskoch?
Meine Eltern waren von meiner Idee nicht angetan und wollten überhaupt nichts von der Seefahrt wissen.
Eine Kochlehre dagegen sei eine weise Entscheidung, denn auch in schlechten Zeiten hätte ich dann immer etwas zu essen. Es gab viele Tränen wegen dieses Themas, doch mein Entschluss stand fest: Schiffskoch!
*****
Beim Arbeitsamt, es gab noch keine Jobcenter, hatten Mutter und ich einen Termin bei einem Berufsberater, so nannte sich der Herr.
Der Herr Berufsberater, ich erinnere mich noch, ein viel zu klein geratener Beamter an einem viel zu großen Schreibtisch, dieser Herr wollte nun wissen, was wir wissen wollten.
Und ich sagte ihm, dass ich wissen wollte, wie man Schiffskoch werden kann.
Erstaunt antwortete er, dass dies nicht sein Gebiet sei, da müsse ich zu einer Seemanns-Heuerstelle gehen und die könnten mir weiter helfen.
Aber er könne mir eine Stelle als Kochlehrling verschaffen, wenn ich wollte.
Natürlich, man musste doch zuerst eine Lehre machen und dann auf einem Schiff anmustern.
Als ausgelernter Koch ist der Weg auf ein Schiff frei.
Der Herr Berufsberater unterzog mich noch einem Eignungstest, so nannte er diese blöden Fragen.
Unter anderem gab es diese Frage: Wenn ein Gast an einem Freitag ein Fleischgericht bestellen würde, was hätte ich zu tun? Ich antwortete ihm, dass ich so gut ich es könnte, seinen Wunsch erfüllen würde.
Nein, nein, das wäre total falsch.
Ich müsste dem Gast eine Eierspeise oder ein Fischgericht empfehlen, da ein Christ an einem Freitag kein Fleisch essen dürfe.
So verlange es die Religion, meinte der Berufsberater zu mir.
Mir wurde klar, dass ich noch viel zu lernen hätte, bevor ich die große, weite Welt verstehen würde.
Und es wurde ein neuer Termin gemacht.
Nach zwei Wochen wurde uns bei einem Gespräch mit dem Herrn Berufsberater mitgeteilt, dass es keine Stelle als Kochlehrling gäbe. Aber als Konditorlehrling könnte er mich vermitteln, was dann auch geschah.
Alle waren der Meinung, dass Konditor und Koch fast die gleichen Berufe seien und ich bei der Seefahrt die gleichen Chancen hätte.
Und so machte ich eine dreijährige Konditorlehre in Marburg an der Lahn.
Zuhause wurde mit Vater noch einmal alles besprochen und an einem Sonntag, an Vaters arbeitsfreiem Tag, fuhren Mutter, Vater und ich in Vaters 500er Fiat die 80 km nach Marburg, um meine neue Lehrstelle zu besichtigen und den Lehrvertrag zu unterschreiben.
Sonntag war ein günstiger Tag, denn sonntags hatte Vater frei und das Konditorei-Café hatte natürlich offen, denn gerade der Sonntag war der beste Tag der Woche, für eine Konditorei.
Viel später erst merkte ich, was es hieß, immer am Sonntag zu arbeiten. Aber so weit dachte ich noch nicht.
Ich freute mich über den unterschriebenen Lehrvertrag.
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Der 1. April 1956 sollte mein erster Arbeitstag werden. In Vaters 500er Fiat ging es wieder zurück und meine Freude war groß, aus dem Fiat aussteigen zu dürfen.
Ich hasste dieses Transportmittel, in dem ich mir vorkam, als säße ich in einer Blechdose mit Rädern.
Ich musste immer hinten sitzen, direkt über dem kleinen heulenden Motor. Jedes Mal, wenn Vater schaltete, dachte ich, ich bekomme irgendwelche Splitter in meinen Hintern, denn Vater schaltete mit Zwischengas.
Ich war froh, dass ich die nächste Zeit nicht mehr mitfahren musste.
Dieses Mal reiste ich mit der Bahn nach Marburg.
Mutter packte mir ein blaues Pappköfferchen mit meinen Sachen voll und erklärte mir, das Köfferchen sei nun meins.
Von nun an hatte ich einen eigenen Reisekoffer, wer kann das mit knapp 15 Jahren schon sagen?
Ich war sehr stolz auf mich und meinen blauen Pappkoffer.
Alleine, in einem Zug, meine erste Reise überhaupt, um in die Fremde zu fahren.
Keine Eltern mehr, die einem immer vorschreiben, was man darf und was man nicht darf.
Ich hatte die Freiheit und konnte nun tun und lassen, was ich wollte, dachte ich!
Doch schon auf meiner ersten Reise musste ich feststellen, dass das „auf sich allein gestellt sein“ doch nicht so einfach ist.
Um 8 Uhr fuhr ich von zu Hause los, musste dreimal umsteigen und immer wieder Fahrgäste oder Bahnpersonal fragen, mit welchem Zug oder welches Gleis ich nehmen musste.
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Die Lehrzeit[color=red][/color]
Ich hatte Angst, dass ich niemals in Marburg ankommen würde, selbst der O-Bus in Marburg machte mir Angst und immer wieder musste ich mich durchfragen.
Doch endlich gegen 16 Uhr bin ich in der Konditorei angekommen!
Mir wurde ein Zimmer unter dem Dach zugewiesen und ich bekam meine Arbeitsuniform und Verpflegung für die ganze Woche.
Margarine im Becher, vier gekochte Eier, eine Dose Hering in Tomatensoße, eine Schachtel Dreiecks-Käse, streichfähig, eine kleine Salami, ein Päckchen gekochten Schinken und ein Laib Brot, einen Blechteller, Messer, Tasse und Löffel.
Das war die Ration fürs Abendessen.
Heißes Wasser für die Tee Zubereitung und den Tee gab es jeweils abends nach Arbeitsschluss.
Ich merkte sofort, dass ich nicht im Paradies gelandet war.
Am nächsten Tag durfte ich mich um 7 Uhr in der Backstube melden. „Lehrjahre sind keine Herren Jahre“.[u][/u]
Dieser schlaue Spruch würde mich nun bestimmt die nächsten drei Jahre begleiten, da war ich mir sicher.
Für meine vierzehn ein halb Jahre, durfte ich schon allerhand Aufgaben erledigen.
Da auch eine Bäckerei an die Konditorei angeschlossen und kein Bäckerlehrling vorhanden war, wurden mir auch diese Arbeiten anvertraut.
Das sah dann so aus: schon um 6 Uhr musste ich in der Bäckerei sein damit ich die Brötchen, abgepackt in Tüten, in einem Weidenkorb auf dem Rücken, per Fahrrad, in Marburg-Süd austeilen konnte.
Gegen 8 Uhr war ich zurück und in der Konditorei tätig.
Um 10 Uhr bekam ich einen Tragekorb mit Henkel, gefüllt mit Backwaren vom Vortag.
Dieses Mal ging die Reise gegenüber in das große Amtsgebäude. Dort verkaufte ich die Vortags-Backwaren für weniger Geld als im Laden an die Büroangestellten.
Dies dauerte eine Stunde und bis mittags durfte ich dann wieder in der Backstube arbeiten.
Meine Kolleginnen und Kollegen waren sehr nett zu mir, denn ich war ja noch so jung und so weit von Zuhause weg.
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Bis zur nächsten Ausgabe.
Ihr Hippguru.
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