Einkaufsabenteuer
Im August dieses Jahres ließ ich mich in eine Klinik einweisen, weil nichts mehr ging. Buchstäblich, denn ich konnte so gut wie nicht mehr gehen. Ohne Diagnose! Die wurde dann in der zweiten Woche gestellt. Milde Querschnittslähmung! Ein durch Rheuma ausgerutschter Knochen drückte auf die Neven nah am Spinalkanal, wo dieselben alle langlaufen...
Die Woche drauf OP. Meine Wirbelsäule wurde mittels einer Platte mit meinem Hinterkopf verschraubt. Oh je, oh je... Das hörte sich nicht "Ohne" an. Diese ganze üble Geschichte schreibe ich später mal auf. Heute geht es ums einkaufen...
Meine Lebensmittelvorräte gingen langsam zu Ende. Ich mußte einkaufen! Ihr werdet denken: "Na und... soll´se doch"!... Aber sooooooo einfach ist es nicht. Es ist ja noch Winter... Es ist kalt! Damit fängt es schon an. Diese Anzieherei... jedesmal ein Akt! Ich habe ein E-Mobil von der Krankenkasse, damit ich etwas mobil bin. Dieses Gefährt steht bei uns im "Fahrradhaus", einer rot angestrichenen Holzhütte hinten im Garten. Da muß ich aber erst einmal hinkommen. Zwei "Arthritisstützen", - gelenkschonend, weil beide Handgelenke im Eimer sind - sollen mich beim Gehen untestützen. Der Einkaufskorb mußte mit, ferner Handschuhe, mein Handy (wegen der Luka-App und falls das "Flivatüt" (so nenne ich den kl. Flitzer) mal abgeschleppt werden muß) Obwohl Flitzer... Na ja, wenn ich wo eingeladen bin, könnte ich unterwegs noch mal eben Blumen pflücken, bei 6 kmh nicht unmöglich.
Den Schlüssel nicht zu vergessen. Ich also los! Tür abschließen nicht vergessen...! Nun mußte ich schon kurz vor der Hütte die erste Mutprobe bestehen, denn die Gehwegplatten sind dort so vermoost und dadurch rutschig, daß ich Angst habe, dort hinzufallen. Ging aber gottlob gut. Rauf aufs Flivatüt und los... Zuerst in einem Supermarkt, um Kerzen zu kaufen (frau will es ja zu Weihnachten auch stimmungsvoll im Hause haben, und das Fest stand kurz bevor). Also parken im Eingangsbereich, wo Einkaufswagen stehen für Mütter mit Kleinkindern, die sind ohne Chip zu nehmen. Dann dicke, kurze und lange Kerzen gekauft, noch ein paar andere Artikel und wieder raus. Über der Lehne des Flivatüts hängt ein Rucksack, der war dann schon voll und ließ sich kaum noch schließen. Ich bat eine andere Kundin um Hilfe und sie wurde mir gewährt. Nun lebe ich ja in einer Kleinstadt und alle kennen mich. Jeder fragt folglich, was mit mir passiert sei, kannte man mich doch sonst nur mit meinem "Hennicken", das ist mein E-Zweirad... Damit war ich immer unterwegs.
Eben bei der Physio-Praxis vorbei (Rezept abgeben) und weiter ins Drogeriegeschäft. Aber jedesmal: Handschuhe aus, Handschuhe an, Handy raus, Händy rein, Schlüssel nicht stecken lassen, sonst ist das Flivatüt weg, Handtasche (die mir um den Hals hing) auf und wieder zu... Runter vom Flivatüt, die Stützen von der Halterung, rauf aufs Flivatür, die Stützen wieder ranbasteln... Kinners, wißt ihr, wie ans rengend das sein kann mit einer "milden Querschnittslähnung"? Dann fiel mir in einem Laden noch der Schlüssel zu Boden, er ist aber so leicht an einem Band, daß ich es nicht hörte. Gottlob konnte ich mich durch die Scheibe mit Handgestik bemerkbar machen und die nette Verkäuferin brachte ihn mir raus.
Beim nächsten Laden hatte ich schon kaum noch Kraft, ich durfte jedoch in ihn hineinfahren, nachdem ich die Prozedur mit der App wieder hinter mich gebracht hatte. Ich mußte mich jetzt irgenwie trösten nach dem ganzen Prozedere...... mit einer Hose und zwei Oberteilen gelang mir das dann auch. Jetzt noch im benachbarten Laden feste Hausschuhe, damit ich zu Hause einigermaßen sicher auf den Füßen bin. Dort blieb ich gleich im Eingang stehen, die nette Verkäuferin hat mir ein Oma-Modell gezeigt und ich hab sie mitgenommen. Ohne Anprobe, denn mittlerweile war ich fix und alle. Jedesmal hatte ich das Handy, die Handschuhe, den Schlüssel in einer anderen Tasche und dann die Sucherei... Kinners nee.... Und dann die Kälte... Obwohl ich dick angezogen war, ging sie durch und durch.
Nun war ich bepackt wie ein Esel und rollte nach Hause. Die Prozedur des auspackens, des verstauens erspare ich euch. Nur so viel: es dauerte eine ganze Stunde. Ich war halbtot. Aber ich war auch megastolz, daß ich nach 4 Wochen Klinikaufenthalt, 8 Wochen Reha und 4 Wochen zu Hause endlich alleine wieder eingekauft hatte!!!
Am anderen Tag konnte ich kaum laufen und meine Hände waren auch nicht zu gebrauchen. Ach ja, mein linkes Handgelenkt wurde gerade im April versteift in einer 3-4stündigen OP und dem rechten Gelenk blüht dieses noch. Mittlerweile ist es minimal leichter, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß es noch ein wenig besser werden wird.
Hätte ich noch ein wenig gewartet mit der Einweisung ins Klinikum und somit mit der OP, säße ich im Rollstuhl. Dem bin ich gerade noch so entkommen. Jeder Tag aber ist eine neue Herausforderung. Ich habe gute und schlechte Tage, aber das ist wohl normal, denke ich.
Ich wünsche euch einen netten Sonntag mit viel Gefreutem!!!
Kommentare (3)
Die beste Krankheit taugt nichts!
Mein Glückwunsch zu Deinem Lebensmut und Durchhaltevermögen!
Du wirst es schon schaffen!
(mirganzsicherbin)
Hallo Mary-Lou99,
bei uns im Seniorentreff ist Werbung in den Blogs wie in den Foren nicht erwünscht. Als neues Mitglied ist Dir das sicher entgangen. Ich habe Deinen Werbelink gelöscht.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude im Seniorentreff,
Margit, Admin