Des Pfarrers Liebling
Ich stamme aus einem erzkatholischen Elternhaus. Bei uns wurde täglich vor den Mahlzeiten gebetet und es gab keinen Sonntag im Jahr, wo wir nicht in die Kirche gegangen wären. Bei jedem Wetter versteht sich, dem Herrgott war man das schuldig, hieß es.
Im Zeugnis hatte ich stets eine Eins im Religionsunterricht. Meine Eltern und der Pfarrer waren sehr stolz auf mich.
Zwei Tage vor dem 1. Adventsonntag im Jahre 1963 - ich war damals acht Jahre alt – wollte der Pfarrer im Religionsunterricht von seinen Schülern wissen, wo denn das Geburtsland unseres lieben Heilands sei. Er drückte den Zeigestock kurzerhand dem Sohn des Bürgermeisters in die Hand und dieser zeigte damit, ohne lange zu überlegen auf der großen Landkarte im Klassenzimmer auf Ungarn.
Das war falsch und so hob ich den Finger, denn ich wusste die Antwort. Ich hatte nämlich zum Geburtstag im September zuvor einen Globus von meiner Patentante bekommen, den ich mit meinen Fingern mindestens hundertmal umrundet hatte und inzwischen so ziemlich alle Länder der Erde kannte.
Gesagt, getan. Der Pfarrer war begeistert, als ich prompt auf Israel zeigte. Er kramte in der Tasche seiner Sutane nach einem Heiligenbildchen, um mich damit zu belohnen, hatte aber leider keines mehr. Deshalb wurde mir die Ehre zuteil, am 1. Adventsonntag die erste Kerze am Adventskranz vor dem Altar zu entzünden. Das war eine Premiere. Niemals zuvor erhielt ein Kind ein solches Privileg.
Bild von G.C. - Pixabay
Kommentare (9)
@Jutta
Liebe Jutta,
Ich freue mich auf Deinen Beitrag und werde aufpassen, dass ich ihn nicht verpasse.
Derzeit haben mein Mann und ich Covid und deshalb habe ich keine ausserhäuslichen Verpflichtungen, sondern Stubenarrest - Zeit also, um ungestört zu lesen, kommentieren und zu schreiben für den Seniorentreff.
Bis bald also mit tiefen Dank
Irmina
mein eltern sind von der stadt aufs land,
in eine kreuzkatholische gegend, gezogen.
wir wurden von klein auf daran gewöhnt sonntags kirche
meine mutti ging so lange wir noch nicht alleine durften mit,
später eher selten. aber für uns jungs war es pflicht.
wir hätten sonst nicht mit den kindern auf der straße spielen dürfen.
mein vater ging von anfang an anstatt kirche lieber auf den sportplatz
und später in den krieg.
Ich hatte keinen zug zur kirche und bin relativ früh zum sportplatz gegangen
Was musstet du stolz gewesen sein, die kerze anzünden zu dürfen
liebe Irmina
sonnige grüße
hade
@protes
Mein Papa hatte mit Sport und dergleichen gar nichts am Hut. Er war stattdessen sehr fromm, so wie meine Mama auch. Die beiden haben aus dieser Sicht hervorragend zusammengepasst.
Meine Oma wollte eigentlich, dass mein Papa Priester wird. Diesen Wunsch hat er ihr jedoch nicht erfüllt wegen des Zölibats, denn er wollte Familie.
Lieber hade, jeder muss (darf) für sich selbst entscheiden, ob er einer Religion zugehören möchte oder nicht. Wenn nicht, ist er deshalb noch lange kein böser Mensch.
Liebe Grüße an Dich und Deine Familie, besonders an Deinen Enkel.
Irmina
Herzlichen Dank allen Herzenspendern. Ich freue mich sehr, dass ich Euch mit meinem winzigen Blogbeitrag eine kleine Freude bereiten konnte.
Ich wünsche Euch allen eine gesegnte, besinnliche Advents- und Weihnachtszeit
Eure Irmina
@Syrdal
Ja, lieber Syrdal, das waren wundervolle Zeiten, unbeschwert und voller Zauber, wie in nur Kinderherzen fühlen können. Ich habe diese Zeit in kostbarer Erinnerung.
Alles Gute für Dich! Herzlichst Irmina
Ein nachträgliches Hoch auf Deine Patentante, liebe Claudine, die Dir damals solch ein schönes Geschenk gemacht hat.
Allerdings wird sie dabei wohl eher an das Fach Erdkunde gedacht haben😉
Doch so konntest Du Dein neues Allgemeinwissen sogar noch anderweitig gut nutzen.
Eine schöne Erinnerung.
Viele Grüße
Rosi65
@Rosi65
Vielen Dank für Deine Nachricht, liebe Rosi. Du hast recht, meine Patentante hatte wohl in erster Linie meine Allgemeinbildung im Sinn. Ihre Geschenke bestanden immer aus Büchern oder Lernspiele bzw. Kartenspiele.
Ich wünsche Dir eine wunderschöne Advents- und Weihnachtszeit
Herzlichst Irmina
Liebe Irmina,
Bestimmt drei Mal habe ich versucht, dir einen Kommentar zu schreiben, und immer war er einfach weg, bevor ich ihn abschicken konnte.
Vermutlich war mein Beitrag nicht wirklich passend, denn familienmässig sowie herkunftsmässig war resp. bin ich genau das Gegenteil. Heute verzichte ich auf meinen Text. Aber deine Geschichte liess mich an ein Weihnachtsspiel-Geschichte erinnern, die ich in kürze hier im Blog veröffentlichen werde und die indirekt eine Antwort auf deinen Beitrag ist.
Liebe Grüsse
Jutta