Abschied verschoben
Sehr geehrter Herr ...,
man trennt sich so ungern von einem „Kind“, das einem im Laufe von 75 Jahren ans Herz gewachsen ist.
Vor gut zwei Jahren hatte ich zum Umzug in eine Alten gerechte Bleibe vieles zur Caritas verbracht.
Die Eisenbahn, ob groß (Literatur etc) oder klein (nach H0 zu N), blieb von der Absonderung verschont, sie wanderte mit und wartet auf das "wieder ans Tageslicht" geholt zu werden.
Das Modellbahn-„Spielen“ paßte vielen nicht, sei es im Bastelkeller, sei es im Club oder am PC, man fühlte sich gestört.
Dennoch war ich bis jetzt stur geblieben und habe meine Schätze bewahrt.
Als Ihre Anfrage kam, versuchte ich mich „loszureißen“ und nun auszusteigen – für immer ?!!
Meine Freundin in Berlin, die mir bei der Suche einer Wohnung mit 2½ Zimmern gerade behilflich ist,
meinte, daß ich doch in dem halben Zimmer eine kleine Anlage – nicht zum Rasen – mit ihrer Unterstützung aufbauen könne.
Das erste Mal, daß jemand „mit mir“ geht.
Sie hat erlebt, wie ich bei den Foto-Safaries bei der echten Eisenbahn „schwach“ werde, daß ich vor Modellbahn-Anlagen mich nicht sattsehen kann.
Sie hat heute Fotos von vordem, von dem Material und den Anlagen per eMail zu sehen bekommen.
Ich soll, darf, muß den „Krempel“ mitbringen – soviel Platz wird im Lkw noch sein (sind ja nur die Kartons im Keller).
Ich hänge an den Fahrzeugen, sind sie doch das Abbild derer, die in meiner „Eisenbahn-Geschichte“ eine Rolle gespielt haben.
Ich hänge an den Häusern, die ich mit meiner jüngsten Tochter (als wir ohne ihre Mutti zusammen lebten) geklebt und zusammengestellt haben.
Ich dachte, ich könne das alles ablegen: ich schaffe es nicht, ich gebe auf.
Sind Sie mir nicht böse – wenn ich diese heutige Erkenntnis schon vorher gehabt hätte, hätte ich die Annonce nicht geschaltet.
Ich bitte um Entschuldigung.
Mit freundlichen Grüßen
...
Ich wuensche viel Freude beim Aufbau.