3. Text zu Amicas Streichen - Spielzeugvernichtung 2012

Vor etwa einem Monat fand ich in meinem Garten viele helle, kleine Federn, zwanglos verstreut. Ein Sperber hatte sich an einer meiner Haustauben gütlich getan. Nachdem er durch einige Zwischenmahlzeiten das Tier auf ein transportables Gewicht reduziert und endgültig abtransportiert hatte, blieben eigentlich nur die besagten Federchen über.

Der Vorfall geriet in Vergessenheit, bis ich vom Stock aus wieder so etwas wie weiße Punkte oder Federn erblickte. Ich hurtelte in den Garten, aber ... es waren weder Konfettis noch Federchen, es handelte sich um das Innenleben eines kleinen Kamels, das meine Amica  von ihrer Züchterin geschenkt bekommen hatte.
Dieses arme, geschändete Stofftier lag nun platt wie eine Flunder am Rasen, von meinem Fellmonster komplett seiner einstigen Beleibtheit beraubt; eigentlich erinnerten nur die eingesunkenen Höcker an seine Spezies.

Mein Hundemädchen ist im Moment dabei, ihre übervolle Spielzeugkiste auszusortieren, sozusagen mit "Zähnen und Klauen".
Einem ganz lieben, grünen Gummidrachen, der auf Grund ihrer bissigen Behandlung das Quietschen schon in den ersten Tagen eingestellt hatte, riß sie kürzlich die Ferse ab, um wieder einmal im Garten Frau Holle zu spielen.

Während sie sich früher Bälle an einer Kordel mit Begeisterung immer wieder auf den Kopf schlug, haben diese nach ihrem Sinneswandel keine Kordeln mehr, man kann sie höchstens noch zum Ballspielen verwenden, dann schlagen sie allerdings ein wie kleine Felsbrocken. Die Kordeln verschwinden sämtlich in Amicas Bauch; Farb- oder Materialauswahl trifft sie nicht, hier zeigt sie eine gewisse Gleichgültigkeit...

Ihr letztes Opfer wurde leider der Innenpolster ihres Bettes. Zuerst kaute sie ihm eine Ecke ab, dann benagte sie den Reißverschluß, nun klafft hier ebenfalls das weiße Innenleben heraus. Ich bin sicher, in den nächsten Frühlingstagen wird dieses wie Dünger sorgfältig auf meiner Wiese verstreut sein.

Nun soll nicht der Eindruck entstehen, ich würde zur Wegwerfgesellschaft gehören, weit gefehlt! An all diesen malträtierten Dingen habe ich immer wieder Hand angelegt, z. B. bin ich schon Spezialist im Stoff-Bälle flicken.

Amicas innige Liebe gehört seit kurzem einem Stoff-Elefant-Invaliden; einem schrecklich jungen Invaliden. Vier Minuten benötigte meine Wilde, um aus einem ganz süßen, orange gepunkteten Elefant mit dickem Rüssel ein traurig aussehendes Tier mit ausgesaugtem Rüssel, einem abgenagten Bein, aufgerissenem Bauch und eigenwillig verrenkten Ohen zu machen. Nun, von mir mühevoll geflickt, den Rüssel mit Fäden zusammengedreht, in seiner jammervollen Erscheinung hat der Ex-Elefant scheint´s ihr Herz berührt. Noch gibt er leise Töne von sich, aber auch diese werden bald verstummen.

Natürlich könnte ich einen Teil des Spielzeuges retten, wenn ich ihr viele Stunden meine Hand zum Durchkauen überließe. Aber auch Fraulis brauchen von Zeit zu Zeit eine kleine Erholungspause. Demzufolge muß alles beim Alten bleiben.
Lydia