Prominieren wird zum Heiratsmarkt
Prominieren wird zum Heiratsmarkt
Skizze zu den sittlichen Zuständen im Sommer 1885
Eine aus heutiger Sicht ungewöhnliche Zeitungsannonce in der Radeberger Zeitung „Das Echo“ brachte den Alltag damaliger Verhältnisse an den Tag. In dieser Annonce ist zu lesen:
„Die jungen Damen, welche am Donnerstag Abend zwischen 8 u. 9 Uhr promenirten, werden, wenn Annäherung erwünscht, von den ihnen begegneten drei Herren für nächsten Sonntag Abend zu derselben Zeit u. Ort, um Rendez-vous höflichst gebeten“. Die Wiedergabe der Annonce erfolgt in der damaligen Schreib- und Ausdrucksweise. Ob die Herren Erfolg hatten, ist nicht bekannt. Doch deutet diese Anzeige durchaus ein Alltagsphänomen jener Tage vor 130 Jahren an.
Vorausgegangen war dem Ganzen eine stürmische Stadtratssitzung. Stadtrat Hasse beschwerte sich über das „übertriebene Planieren“ seitens der Weiblichkeit, die der Schule entwachsen waren. „Mit kessen, ja aufdringlichen Blick, Röcke schwenkend und Sommerhütchen auf!“, so beschrieb Hasse die Situation. Im Eifer des Gefechts verwendete er das Wort „planieren“ statt „flanieren“. „Brauchen wir in unserer Stadt solche Planiermeilen?“ und warb dafür, die heranwachsende Jugend in „Zucht und Ordnung“ zu bringen. Die Inhalte der stürmischen fast zwei Stunden dauernden Debatte sind nicht überliefert. Es gab jedoch mindestens zwei Lager wie Bürgermeister Rumpelt feststellen musste. Und er warb für das „Prominieren“. Flanieren wäre eher ein zielloses Hin- und Hergelaufe, doch das „Prominieren“ wäre praktisch ein seriöser Heiratsmarkt unter „Aufsicht der guten Gesellschaft“. Hasse und seine Anhänger sahen in dieser Haltung „den Untergang des Abendlandes kommen“. Offensichtlich hatte die Stadtratsdiskussion die städtische Gesellschaft erreicht, denn das Prominieren wurde zum städtischen Höhepunkt des Sommers 1885.
Dass Frauen „immer kesser“ wurden, zeigen noch zwei Vorkommnisse aus jenen Tagen. Da warnt der Händler Franz Dietze öffentlich:
„Warnung! Allen denjenigen Lotzdorfer Frauen, die mich in Radeberg so beredet haben, zur Nachricht, daß bei weiterem Vorkommen ich sie vor Gericht ziehen lasse.“ Dietze hatte zum Markttag hinter seiner Bude seine Notdurft verrichtet und wurde nun von den Lotzdorfer Marktfrauen als „Pinkelfranz“ bezeichnet. Der Gendarmeriebericht hält dazu noch den Satz fest: „Alles was es an Ausdrucksweisen in dieser Hinsicht gibt, wurde gegen Herrn Franz August Dietze benützt“.
Der Gendarmeriebericht aus den Morgenstunden des 6. Juli, der 5. war ein Sonntag und an vierzehn Stellen in Radeberg war Tanz, hielt fest: „Heute früh in der ersten Morgenstunde musste gen eine angebliche Kellnerin aus Dresden polizeilich eingeschritten werden, weil sich selbige gegen junge Herren sehr aufdringlich zeigte und überdies noch die nächtliche Ruhe erheblich störte. Dieselbe sieht nun ihrer Bestrafung entgegen.“ Es war jedoch noch mehr dahinter. Franziska Gelbreich aus Dresden wurde noch am folgenden Donnerstag in nichtöffentlicher Sitzung vom Schöffengericht unter Anrechnung der Untersuchungshaft seit Montag zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt. Dem Vernehmen nach hatte sie den Gendarm Gantz „Du elende Pissnudel!“ genannt. Das wurde als Beamtenbeleidigung bestraft. Nichtöffentlich war die Verhandlung „wegen der sittlich verkommenen Details“.
haweger
Skizze zu den sittlichen Zuständen im Sommer 1885
Eine aus heutiger Sicht ungewöhnliche Zeitungsannonce in der Radeberger Zeitung „Das Echo“ brachte den Alltag damaliger Verhältnisse an den Tag. In dieser Annonce ist zu lesen:
„Die jungen Damen, welche am Donnerstag Abend zwischen 8 u. 9 Uhr promenirten, werden, wenn Annäherung erwünscht, von den ihnen begegneten drei Herren für nächsten Sonntag Abend zu derselben Zeit u. Ort, um Rendez-vous höflichst gebeten“. Die Wiedergabe der Annonce erfolgt in der damaligen Schreib- und Ausdrucksweise. Ob die Herren Erfolg hatten, ist nicht bekannt. Doch deutet diese Anzeige durchaus ein Alltagsphänomen jener Tage vor 130 Jahren an.
Vorausgegangen war dem Ganzen eine stürmische Stadtratssitzung. Stadtrat Hasse beschwerte sich über das „übertriebene Planieren“ seitens der Weiblichkeit, die der Schule entwachsen waren. „Mit kessen, ja aufdringlichen Blick, Röcke schwenkend und Sommerhütchen auf!“, so beschrieb Hasse die Situation. Im Eifer des Gefechts verwendete er das Wort „planieren“ statt „flanieren“. „Brauchen wir in unserer Stadt solche Planiermeilen?“ und warb dafür, die heranwachsende Jugend in „Zucht und Ordnung“ zu bringen. Die Inhalte der stürmischen fast zwei Stunden dauernden Debatte sind nicht überliefert. Es gab jedoch mindestens zwei Lager wie Bürgermeister Rumpelt feststellen musste. Und er warb für das „Prominieren“. Flanieren wäre eher ein zielloses Hin- und Hergelaufe, doch das „Prominieren“ wäre praktisch ein seriöser Heiratsmarkt unter „Aufsicht der guten Gesellschaft“. Hasse und seine Anhänger sahen in dieser Haltung „den Untergang des Abendlandes kommen“. Offensichtlich hatte die Stadtratsdiskussion die städtische Gesellschaft erreicht, denn das Prominieren wurde zum städtischen Höhepunkt des Sommers 1885.
Dass Frauen „immer kesser“ wurden, zeigen noch zwei Vorkommnisse aus jenen Tagen. Da warnt der Händler Franz Dietze öffentlich:
„Warnung! Allen denjenigen Lotzdorfer Frauen, die mich in Radeberg so beredet haben, zur Nachricht, daß bei weiterem Vorkommen ich sie vor Gericht ziehen lasse.“ Dietze hatte zum Markttag hinter seiner Bude seine Notdurft verrichtet und wurde nun von den Lotzdorfer Marktfrauen als „Pinkelfranz“ bezeichnet. Der Gendarmeriebericht hält dazu noch den Satz fest: „Alles was es an Ausdrucksweisen in dieser Hinsicht gibt, wurde gegen Herrn Franz August Dietze benützt“.
Der Gendarmeriebericht aus den Morgenstunden des 6. Juli, der 5. war ein Sonntag und an vierzehn Stellen in Radeberg war Tanz, hielt fest: „Heute früh in der ersten Morgenstunde musste gen eine angebliche Kellnerin aus Dresden polizeilich eingeschritten werden, weil sich selbige gegen junge Herren sehr aufdringlich zeigte und überdies noch die nächtliche Ruhe erheblich störte. Dieselbe sieht nun ihrer Bestrafung entgegen.“ Es war jedoch noch mehr dahinter. Franziska Gelbreich aus Dresden wurde noch am folgenden Donnerstag in nichtöffentlicher Sitzung vom Schöffengericht unter Anrechnung der Untersuchungshaft seit Montag zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt. Dem Vernehmen nach hatte sie den Gendarm Gantz „Du elende Pissnudel!“ genannt. Das wurde als Beamtenbeleidigung bestraft. Nichtöffentlich war die Verhandlung „wegen der sittlich verkommenen Details“.
haweger
Doch die Pinkelsucht der Männer scheint sich nicht viel verändert zu haben.
An einem Sommertag erwischte ich meinen Wohnungsnachbar beim Pinkeln hinten im Gartenbereich.....ich stand demonstrativ in Sichtweite rum und wich auch nicht von der Stelle, bis er sich von seiner Notdurft befreit hatte.
Es schien ihm sichtlich peinlich zu sein, doch meine Ansage bekam er trotzdem ab.
Die Ausrede, daß er es nicht in den ersten Stock geschafft hätte, die überging ich einfach.........Schweinerei ist Schweinerei.
In diesem Sinne
mit reinlichen Grüßen
das Moni-Finchen