Gerichtsepisode und Einbruch anno 1883



Gerichtsepisode und ein Einbruch
Radeberger Ereignisse im Januar 1883
Richter: Ihnen sind also verschiedene Gegenstände gestohlen worden, auch dieses Sacktuch, ja woran erkennen Sie dasselbe?  Kläger: An der Farbe, ich habe noch mehrere von dieser Farbe.  Richter: Das ist aber kein Beweis, denn ich habe auch ein Sacktuch in der Tasche, das ganz genau dem Ihrigen gleicht.  Kläger: Das ist wohl möglich, es fehlen mir ja auch mehrere davon!
Wegen Missachtung des Richters wurde eine Haft von einem Tag verhängt.
Anmerkung: Der heute nicht mehr gebräuchliche Begriff des Sacktuches meint das Taschentuch aus Stoff. Der Begriff hat seinen Ursprung im Hosensack, eine bis um 1900 gebrauchte Bezeichnung für die Hosentasche.
26. Januar 1883 – Redaktioneller Artikel: Abermals haben wir leider von einem frechen, diesmal im Parterre und der ersten Etage des Rathauses verübten Einbruchdiebstahls zu berichten, welcher daselbst in den Frühstunden zum Donnerstag ausgeführt worden ist. Mittelst Nachschlüssel haben sich die Diebe zuerst die Tür zum Vorzimmer der Städtischen Sparkasse geöffnet, wobei der Bart des Schlüssels abgebrochen und im Schlosse stecken geblieben ist; von da aus sind die frechen Patrone in die Polizei – Expedition gelangt, haben daselbst an einem Tischkasten den mitgebrachten Centrumbohrer versucht, schließlich aber das Schloss des Tischkastens, sowie das eines anderen Schreibtisches in anderer Weise zu öffnen bewerkstelligt, und daraus die dort aufbewahrt gewesenen Geldbeträge, an etwa 325 Mark, sowie den vorhandenen Briefmarkenvorrat gestohlen. Jedenfalls in der Absicht, sich nach den gehabten Bemühungen durch einen kräftigen Imbiss zu stärken, hatten sich nun die Kerle, denn allen Anschein nach sind es mehrere gewesen, ebenfalls mittels Nachschlüssel in die Küche und in das Speisegewölbe eingeschlichen. Dort haben sie daselbst einen von Frau Restaurateur Schaffernicht sorgfältig zubereiteten Lendenbraten, zwei Würste, vier Stück Butter, Semmeln usw. an sich genommen, sind dann die Treppe aufwärts nach dem Saal-Büfett gestiegen, haben es sich im Sänger – Lokal bequem gemacht, den gestohlenen Fleischvorräten, nach den vorgefundenen Resten ziemlich stark zugesprochen und dabei noch den Rest von einem am Abend zuvor im Männergesangsverein aufgelegten Fässchen Böh-misch-Bier vertilgt. Es wäre dringend zu wünschen, dass es unseren vigilanten Polizeiorganen gelingen möchte, dieser frechen Bande endlich habhaft zu werden. Allem Vermuten nach ist es anzunehmen, dass die Diebe nicht hier, sondern auswärts zu suchen sind. Schon am letzten Dienstag hatte man eine begründete Vermutung, dass ein Einbruch beabsichtigt sei, doch wurden die Diebe durch Herrn Eskamoteur Kutzscher verscheucht. (Eskamoteur ist die Bezeichnung für einen Magier, Zauberer, (d. V.).
Es zogen dann in stiller Nacht zwei Männer nach der Langebrücker Gegend, ließen sich von einem Bahnwärter den rechten Weg nach Dresden zeigen und verschwanden, um vermutlich zwei Tage später nochmals hier zu erscheinen und ihr freches Vorhaben auszuführen. Leider scheint die lang anhaltende, hier  verhangene Hundesperre wegen der Tollwutgefahr, den Dieben das Handwerk wesentlich zu erleichtern.
14. Februar 1883 – Aus dem Radeberger Polizeibericht: Die Nachforschungen der Polizei bezüglich des Einbruchdiebstahls im hiesigen Rathaus haben bereits zu einer Spur geführt und Verdachtsmomente ergeben, welche im Interesse der in Gange gekommenen Untersuchung, jedoch noch nicht öffentlich gemacht werden können.
Drei Wochen später ist zu lesen, dass alle Hinweise in die Irre geführt haben.
 


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