Mit Ofenkrücke und Ofengabel drunter und drüber
Mit Ofenkrücke und Ofengabel drunter und drüber
Von einer Auseinandersetzung im Jahre 1880
Alte Gerichtsunterlagen geben oftmals ein deutlicheres Bild des Geschehens ab als dies heute der Fall ist. Denn die Fotografie oder gar der Film steckten in den Anfangsjahren und so mussten die Gerichtsreporter mit hohem Informationswert und bildhaft die abgelaufenen Szenen beschreiben. Eine solche Geschichte ereignete sich am 6. Juni 1880 in Liegau und wurde im Gegensatz zu heute, schon nach sechs Wochen verhandelt.
Die Geschichte begann wie viele zu jener Zeit. Der Wirtschaftsbesitzer Gärtner ging am Sonntag, dem 6. Juni, gleich vormittags in die Schänke. Dort betrank sich Gärtner in einem ziemlichen Ausmaß, sodass seine Ehefrau ahnte was da kommen könnte. Der dem Alkohol zusprechende Gärtner hatte danach die Angewohnheit, tagelang nicht nach Hause zu gehen. Was natürlich seine Ehefrau zornig werden ließ.
Im Gerichtsbericht steht: „Frau Gärtner suchte vor allen Dingen ihren Mann aus der Kneipe nach Hause zu holen und ließ denselben durch die eigenen Kinder zum Nach-Hause-Kommen auffordern:“ Doch Gärtner folgte dem nicht und so entschloss sich die Ehefrau ihn selber zu holen. Da er in diesem Fall „sehr ungemütlich würde“, nahm sie ihre Schwester, die Bauersfrau Böhme, mit vor Ort. Im Bericht steht: „Den vereinten Anstrengungen beider Frauen gelang es endlich, den Betrunkenen auf die Beine und auf den Heimweg zu bringen. Letzterem schien seine Begleitung nicht recht zu passen und er ahnte wohl auch zu Hause einen ernstlichen Verweis, denn plötzlich echappierte (das bedeutet so viel wie entwischen, ausreißen) Gärtner in den Hausflur des Hausbesitzers Schindler, die beiden Frauen natürlich hinterdrein.“
Vor Gericht beschrieb Schindler den Vorgang aus seiner Sicht. Als Anekdote sei hier nur angemerkt, dass Schindler schwerhörig war. Dies führte vor Gericht dazu, dass Amtsrichter Bermann „stets im lauten Ton“ fragen musste. Schindler gab zu Protokoll: „Ich sitze mit meinen Enkelkindern am Tisch, auf einmal ging der Teufel los, da gings über Ofenkrücke und Ofengabel drunter und drüber. Ich bin zum Tode erschrocken und hätte beinahe die Kinder fallen lassen. Wenn sie nur wenigstens etwas gesagt hätten, dass es los ginge, da hätte ich es wenigstens gewusst. Vor dem Hause entstand ein Auflauf, im Hause schrie immer Jemand, der muss fort, der ist verrückt und da haben die außenstehenden Zuhörer denken müssen, ich sei übergeschnappt. Ich sagte dann, ich will Ruhe haben in meinem Hause, schafft ihn, den Gärtner hinaus.“
Dieser Vorgang führte zur Anzeige. Beide Frauen wurden des gemeinschaftlich verübten Hausfriedensbruch angeklagt. Sie hatten sich einen Anwalt genommen. Rechtsanwalt Oertel aus Radeberg konnte die Anklage entkräften und die Schöffen überzeugen, dass es kein widerrechtliches Eindringen war. So entschied man auf Freispruch, die Gerichtskosten trug die Staatskasse. Und dennoch kam es nach vier Wochen zu einer zweiten Verhandlung. Frau Gärtner wurde wegen Beleidigung angeklagt. Sie soll den Hausbesitzer Schindler einen „Suffkopp, genau wie mein Mann“ genannt haben. Drei Zeugen bestätigten dies. Und so erhielt Frau Gärtner ein Bußgeld von 20 Mark, ersatzweise zehn Tage Haft bei Nichtbezahlen, und musste am Gemeindebrett öffentlich kundtun, dass ihr diese Äußerung „leid tue“.
haweger
Doch Deine Geschichte hat mir mal wieder gefallen und drum sei ganz lieb gegrüßt
des Finchens Geschichtenschreiber aus vergangenen Jahrhunderten.
Lieben Dank dafür und mit Grüßen ausgestattet
das Moni-Finchen