Kater Moritz: Lob der Pandemie aus der Sicht eines glücklichen Katers
Geneigte Leserinnen und Leser,
wie Ihr Euch sicher denken könnt, verfolge ich das Zeitgeschehen nach wie vor mit großem Interesse.
Bereits am frühen Morgen nehme ich regen Anteil daran. Ich mache es mir gewöhnlich auf dem Schoß meiner Hausdame bequem und werfe immer wieder einen Blick auf den Monitor ihres Laptops.
Dabei verfolge ich Eure zum Teil erbitterten Diskussionen zu Covid-19, auch lese ich Karls Corona-Statistiken und die neuesten Pressemeldungen und lausche den Kurzkommentaren, die meine beiden Ernährer dazu austauschen.
Das gegenwärtige Geschehen mag ja nun für Euch bedrohlich und beängstigend sein, was ich für Euch durchaus als bedauerlich mitempfinde.
Doch darf ich Euch hier auch meine ureigene Sicht der Dinge darlegen.
Kurz zusammengefasst möchte ich bemerken, dass ich mein Katerleben mehr denn je genieße.
Meine Menschen sind die meiste Zeit anwesend und können mich so auch umfassend bedienen und verwöhnen.
Es kommen fast keine Besucher mehr ins Haus, die doch meine Behaglichkeit stets empfindlich gestört haben. Sie brachten nichts als Unruhe und Stress in mein sonst so gemütliches Zuhause.
Die Nacht auf den Wegen und Straßen gehört mir und meinen Freunden - wenn nicht gerade wie vergangenen Dienstag eine Gruppe von Idioten mit ihren Autos, Gehupe und Gegröhle die fantastische Ruhe empfindlich stört. Die Bezeichnung „Idiot“ gebrauche ich im Sinne der antiken griechischen Urform als „Leute, die nur ihre eigenen Interessen im Kopf haben“. Den Gebrauch des Wortes im ursprünglichen Sinne habe ich von meiner Hausdame gelernt.
Besonders genieße ich bei meinen Aufenthalten im Garten vor dem Haus die geistreichen Gespräche mit Passanten, die seit den Kontaktbeschränkungen vermehrt den Austausch mit mir suchen - und das natürlich immer mit dem gebotenen Abstand. Wenn ich mit der mir gebührenden Hochachtung angesprochen werde, antworte ich leutselig mit einem zustimmenden „mau“ und versetze mir völlig fremde Menschen in helles Entzücken. Einige kenne ich auch schon ein wenig besser, erweisen sie mir doch regelmäßig ihren Respekt, indem sie sich höflich nach meinem Befinden erkundigen.
Auch habe ich mir inzwischen eine neue Dependance im Nachbarhaus erschlossen. Hier werden - mangels menschlicher Gäste - meine Besuche hoch geschätzt und mit leckeren Feinschmecker-Keksen belohnt. Inzwischen wurde mir dort sogar ein eigener Sessel mit einer antiquarisch edlen Wolldecke gewidmet. Dazu kommt auch hier die freundliche Ansprache und Teilhabe an alten Geschichten aus den Erinnerungen der Bewohnerin. Diese sind in Anbetracht des hohen Alters derselben nahezu unerschöpflich und informieren mich über Geschenisse, die weit vor meiner Zeit stattgefunden haben. Da sie mit angenehmer ruhiger Stimme vorgetragen werden, begleite ich sie mit einem aufmerksamen Schnurren, bis mich dann der verdiente Schlummer überwältigt.
Nicht verschweigen will ich euch auch, dass mein geliebter Platz vor der Haustür, sicher durch die Rückzugsmöglichkeiten, die mir rechts und links Rosenstöcke bieten, weitere neue Möglichkeiten des Vergnügens für mich bereit hält. Es kommen nämlich derzeit nicht nur die altbekannten Frauchen und Herrchen mit ihren vierbeinigen Begleitern vorbei, sondern es gibt auch neue Gespanne, welche die Spielregeln noch nicht so genau kennen.
Je nachdem, wer mich zuerst entdeckt, läuft die Sache in der Regel nach folgendem Drehbuch ab:
Der Mensch entdeckt mich, beschleunigt seinen Schritt, packt die Leine fester und redet beruhigend auf seine Begleitung ein. Diese erkennt daran sofort, dass ihr irgendwo ein kleines Amüsement winkt. Bis sie mich allerdings bemerkt, ist die Chance aktiv zu werden, bereits vorbei. Wie langeweilig für alle!
Die zweite Variante ist durchweg lustiger und gibt auch mir das kribbelnde Gefühl eines Abenteuers.
Der Vierbeiner bemerkt meine Anwesenheit zuerst und reagiert auf Hundeart spontan mit lautem Gebell und heftigem Zug an der Leine. Und dann solltet ihr mal sehen, wie tierisch sich die Frauchen und Herrchen aufregen und ihre größeren oder kleineren Lieblinge aufs Heftigste zurecht weisen oder manches Mal auch liebevoll wortreich ermahnen - einfach köstlich für einen stillen Beobachter aus sicherer Entfernung.
Entschuldigt bitte, aber mich erfüllt meine gegenwärtige katerliche Situation mit einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit,
Euer Moritz
P.S.: Meine bisherigen Blogbeiträge
Meine Bemerkungen zum Weltkatzentag
Kater Moritz: Der Tag nach der Weltkatzenkaternacht
Bin ich ein Mörder-Moritz und soll erschossen werden?
Kater Moritz: Mir stinkt's
P.P.S: Moritz, im Diskussionsforum
Kommentare (7)
@Jutta
Das wäre sicher sehr interessant, die Welt aus Sanchos Sicht betrachten zu können. Frag ihn doch einmal. ob er Lust zum Schreiben hätte - mit Illustrationen von Dir wärt ihr dann ein fantastisches Team.
Margit
Lieber Moritz,
dank Dir schön für Deinen Brief. Fein, wie schön Du schon schreiben kannst. Sicher bist Du ein ganz außergewöhnlicher Kater, so wie der berühmte Garfield aus den Comic-Heften.
Allerdings macht der auch manchmal ziemlich viel Blödsinn.
Es freut mich auch, dass Du Dir so nette Menschen ausgesucht hast, die Dich in Deinem Zuhause liebevoll umsorgen, und die sogar bei Dir wohnen dürfen.😊
Bleib schön gesund und schreib mal wieder.
Viele Grüße
Rosi65
Anbei: Einige Spielkameraden nur für Dich...
@Rosi65
Liebe Rosi65,
ich danke Dir für Deine anerkennenden Worte für meine An- und Einsichten.
Du hast schon Recht, ich habe es mit meiner Residenz gut getroffen.
Allerdings war ich auch einige Jahre in meiner Sturm- und Drangzeit als freier Katermann unterwegs und habe mich redlich von der Jagd ernährt. Dann konnte ich aber den Verlockungen eines festen Wohnsitzes nicht länger widerstehen und habe mich nach gründlicher Suche nun dauerhaft niedergelassen.
Dein Kater Moritz felix
Ich sage nur, liebe Margit, Kater bei Fischbachs müsste man sein 😁. Gerne gelesen, solche Geschichten, die erheitern, braucht man zur Zeit ganz besonders. Einen herzlichen Gruß an Kater Felix und noch ein langes Leben wünscht ihm
Brigitte
@Roxanna
Liebe Brigitte,
Moritz hat sich über Deinen Kommentar sehr gefreut. Er hat gleich den Beinamen "Felix", der Glückliche, für sich angenommen und erwartet jetzt von uns, stets mit Moritz-felix angesprochen zu werden.
Liebe Grüße
Margit
@margit
Lach, liebe Margit, wie kam ich nur dazu ihn umzutaufen? Vielleicht weil er so viel Ähnlichkeit hat mit dem Felix von Clematis. Aber, nachdem er diesen Beinamen gerne angenommen hat, muss ich mir wegen dieses Ausrutschers ja keine Sorgen machen 😁.
Herzlichen Gruß
Brigitte
Liebe Margit,
Danke für diese schöne und lustige Geschichte. Ich habe mich sehr amüsiert und auch überlegt, wie Sanchos Geschichte sich anhören würde, wenn er bei meinen Nachbarinnen hausieren geht.😂
Liebe Grüsse
Jutta