Die böse Metzgerin
Der Kapitalismus hat seine Schattenseiten, eines erfreut mich aber immer wieder, egal ob in Deutschland, oder in Polen: die Freundlichkeit des Ladenpersonals. Nach langen Jahren des Sozialismus, wo allgemeine Warenmängel viele Verkäufer/innen zu unerträglich frechen Handelskönig/innen gemacht hatten, kann man sich nun wieder ein freundlicher Kunde unter freundlichen Bedienungspersonen fühlen.
Umso mehr komisch fand ich die Situation, die ich hier neulich in einem Back- und Fleischwarengeschäft erlebte. Es war so eine Stunde vor dem Schließen, außer mir kaum jemand da, am Nachbarstand mit Backwaren nur. Prima also, zumal dieser kleine Laden, von einer Privatfirma betrieben, ein wirklich gutes Angebot hat. Die eifrige Metzgerin wollte nicht warten, bis ich mich für etwas entscheide, sie war sofort da mit der Frage, was ich mir wünsche, obwohl ich mich gerne noch umschauen würde. Ich habe aber gerade ein kleines, eindeutig frisches Endstück vom saftigen Schinken bemerkt. Ich sagte also: - Ich möchte gerne sechs Scheiben davon, wird es aber gehen, wenn es ein Endstück ist?
Die Verkäuferin atmete tief ein, machte große Augen, und schrie: - Waaasss? Das sollte ein Endstück sein?!!! Wenn ich so etwas höre, da werde ich einfach wütend!!! … - Ich wurde nicht mal aufgeregt, sondern erstaunt. Und sagte ruhig: - Wenn ich von so einem kleinen Stück nur einen Teil haben will, höre ich gewöhnlich: entweder alles, oder nichts; daher meine Frage. Die Verkäuferin: - - Aber Quatsch, welches Endstück!!! - Sie warf den Schinken auf die Waage, und setzte lautstark fort: - Das sind fast 300 Gramm, was wollen Sie schon, welches Endstück!!!
Also, selbst vor dem 1989 wäre das seltsam, und jetzt muss man es sich schon gar nicht mehr gefallen lassen, als ältere Person von einer etwa Vierzigjährigen angebrüllt zu werden. Diesmal habe ich es noch verschwiegen, meine sechs Scheibchen genommen, und raus. Sollte es sich aber mal wiederholen, überlege ich mir eine Klage bei ihren Chefs. Denn aufs Einkaufen in diesem Laden verzichte ich nicht, dafür ist mein Schinken viel zu lecker. :)
(Titelbild: eigenes Foto)
Kommentare (2)
Heftig! Dieses, für Dich sehr unangenehme Erlebnis,liebe Christine, hätte ich früher bestimmt gerne als Anschauungsmaterial (Filmszene) für meine Azubis verwendet:
„Wie vergraule ich eindrucksvoll meine Stammkundschaft?“
Wir haben damals nämlich gespielte Verkaufsgesprächs-Rollen der jungen Leute mit der Kamera aufgezeichnet. Anschließend wurden offene Fragestellungen, Höflichkeit, Mimik und Körperhaltung der Szene besprochen. Dein Schinken-Einkauf wäre ein ideales Negativbeispiel dafür gewesen. Ein richtiger Klassiker!
Für Dich tut es mir natürlich leid, und sicher wurde Dir damit der ganze Abend verdorben.
Viele Grüße
Rosi65
Leider muß man heutzutage oft damit rechnen, mit unbrauchbaren Service-Leuten überrascht zu werden, ich denke auf dem "Lande" ist das eher ungewöhnlich, weil durch Mund zu Mund Übertragung für das Geschäft sehr schnell der Ruf eines Ladens geschädigt ist, schlechte Manieren sprechen sich rum.
In einer größeren Stadt können schlechte Manieren eher einreissen, besomders wenn nebenan ein Laden ist, bei dem geeignetes Personal die Regel ist.
Dann kann man ruhig auf einen Laden verzichten.