Jean Ziegler - "Der Zorn treibt mich an"

Autor: ehemaliges Mitglied



Der UN-Welternährungsbericht sagt: Die Weltlandwirtschaft kann zwölf Milliarden Menschen ernähren. - Trotzdem verhungern jeden Tag 57000 Menschen. (Jean Ziegler)

So der Schweizer Soziologe über Welthunger, Gier und Aufstand des Gewissen. - Jean Ziegler kämpft wortgewaltig für das Recht auf Nahrung. Der frühere UN-Sonderberichterstatter schildert seine Erlebnisse in den Hungergebieten dieser Welt. - und sagt, was zu tun wäre.

Fast gewinnt man den Eindruck, wieder mal so einer der wie "Don Quichote" gegen lahmgelegte und hirnresistente oder gleichgültige Gehirne globaler Weltmächte ankämpft. Aber weit verfehlt. - Jean Ziegler benennt schonungslos in seinem Buch fünf Mechanismen. Die erste ist die Herrschaft der Konzerne. 85 Prozent aller auf der Welt gehandelten Grundnahrungsmittel werden von zehn multinationalen Gesellschaften kontrolliert. - Sie entscheiden jeden Tag wer hungert und wer ist.

Der zweite Mechanismus ist die Börsenspekulation auf Grundnahrungsmittel. Die Raubritter des globalisierten Finanzkapitals sind seit der Finanzkrise auf Grundnahrungsmittel und Rohstoffe umgestiegen und realisieren astronomische Gewinne.

Was lässt die Preise steigen?

Die weltweiten Spekulationen mit Grundnahrungsmittel lässt die Preise steigen. In den Slums dieser Welt, wo Mütter kaum Geld haben, um die tägliche Nahrung zu kaufen, bedeutet die spekulationsbedingte Explosion der Grundnahrungsmittel der sichere Tod.

Um noch weitere Erklärung für dieses Weltdesaster dieser umkehrbaren mörderischen Mechanismen geben fehlen noch die drei schlimmsten.

"Die Agrarstoffe, der Landraub und das Agrardumping der westlichen Industrieländer", so Ziegler. - Aber auch das dürfte den meisten wohlhabenden Menschen westlicher Welt längst bekannt sein. Nur wollen sie es nicht wahrnehmen, geschweige dem hören. Denn auch bei uns hat sich daraus in Jahren, dank verfehlter und bewusst zugelassener deutscher Politik ein Lohndumping für prekäre Verhältnisse gesorgt. So nimmt er Arme dem noch Ärmeren dieser Welt.

Der heutige globale Agrarhandel ist heute weltweit in allen Ländern vertreten. - So können auf jedem afrikanischen Markt italienisches Gemüse oder deutsches Geflügel zur Hälfte des Preises von afrikanischen Inlandsprodukten gekauft werden. - Nur ein paar Kilometer rackert sich der afrikanische Bauer unter brennender Sohne zwölf bis 16 Stunden am Tag ab und hat dabei nicht die geringste Chance je auf sein Existenzminimum zu kommen.

Warum sind europäische Lebensmittel so billig?

Weil sie subventioniert werden, sowohl der Ausbau als auch der Export. - beim Geflügel ist es vor allem die industrielle Geflügelmast, die konkurrenzlos billig ist.

Ist da eine Änderung zu erwarten die den Hunger dieser Welt verbessert?

Ziegler: "Solange Agrarkonzerne in Brüssel eine unglaubliche Lobbyarbeit leisten. Solange dort ihre eigene Präsens massivster Form ungehindert weiter ausführen können. Mit Millionen, die für die Einflussnahme auf die Politik eingesetzt werden können ist Ziegler sich sicher, dass da so schnell nichts ändern wird."

Für Ziegler begeht jede Agrarministerin, jeder Agrarminister die oder der für den Fortbestand der Agrarpolitik stimmt Beihilfe zum Völkermord. - Für Ziegler geht es auch nicht um eine "moralische Bewertung" ob als Beispiel der Chef von Cargill oder ein Agrarministerium, Ein Minister deshalb "gute" oder "schlechte" Menschen sind. Es geht ihm um die strukturelle Gewalt welche sie ausüben.

Ziegler überkommt dabei der Zorn wie er es am Beispiel vom afrikanischen Land Niger schildert.- Dort herrschte vor 6 Jahren auf Grund einer Dürre und Heuschreckenplage eine fürchterliche Hungersnot. Ziegler versuchte den damaligen Präsidenten Tanja zu überzeugen, das Welternährungsprogramm der UNO um Hilfe zu bitten. Tanja lehnte lächelnd ab:

"Herr Professor, es gibt doch keine Hungersnot bei uns." - Dieses korrupte Staatsoberhaupt steckte mit den örtlichen Getreidespekulanten unter einer Decke, die Vorräte auch dann noch horteten als große Teile der dortigen Bevölkerung starben.

Nur durch Druck von der UNO, Medien und durch die Weltöffentlichkeit musste Tanja letztlich nachgeben. - "Wenn man die Opfer sieht", so Ziegler, "die halbverhungerten Kinder mit großen Augen, denkt man an die eigenen Kinder und Engelkinder. Dennoch muss man eine innerliche Distanz zu sich aufbauen, um nicht selbst daran kaputt zu gehen."

Für Ziegler sind einerseits Zorn, Wut mit realer Vernunft gepaart. Sie sind der Motor seiner Arbeit. Für ihn geht es um "Wirksamkeit." - "Wir sind die stille Komplizen dieses täglichen Massakers. Aber wir können es auch beenden. Bei jeder Wahl hat es der Bürger in Hand zu erzwingen, dass Parteien die diesen unheilsamen Fortbestand der Börsenspekulation mit Nahrungsmitteln mitmachen Einhalt zu bieten. - Das Grundgesetz gibt uns allen diese "Abwehrwaffen" in die Hand. Der "Hunger dieser Welt muss ein Thema beim nächsten Bundestagswahlkampf werden. - Vermutlich wieder einmal mit den Ergebnis von gerademal 5 Prozent. - Dennoch regt sich langsam auch etwas bei uns:

Attac, die Bio-Bauernbewegung, Greenpeace, Welthungerhilfe, Brot für die Welt oder wie sie alle heißen und auch uns "Netzwerkfreunden" war dies ein Artikel wert. Auch als Verbraucher kann ich mich zeitweise einmal vegetarisch ernähren und dadurch meinen Teil des Getreides freigeben. - Etwa 500 Millionen Getreide für die Schweinemast. - Der Bürger hat die Waffen dazu in der Hand:

"Gott hat keine anderen Hände als die unsrigen." (Georges Bernanos)

In unserer Demokratie gibt es keine Ohnmacht. - denn sie als Wähler haben es in der Hand das sich etwas ändert. Und nur sie haben es zu verantworten, dass das endlich aufhört.

Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige