Jammern und Klagen


Jammern und Klagen
Das ist ein Thema, über das ich mir gerade Gedanken mache. Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen Klagen und Jammern oder ist das ein- und dasselbe?

Immer wieder lese ich, jammern nützt nichts. Jammern scheint irgendwie verpönt zu sein. Soll man nicht jammern oder klagen, wenn einem das Leben übel mitspielt? Vielleicht kann das ja auch kurzfristig entlasten. Warum sonst gibt es in Jerusalem sogar eine Klagemauer. Ich denke da auch an Hiob, das berühmte Beispiel aus der Bibel.

Oder wird einfach doch erwartet, dass man alles immer mit Fassung tragen soll was das Leben an Schwerem zumutet, weil man sonst für einen Schwächling gehalten wird? Mir fällt gerade auf, dass es für den Schwächling gar keine weibliche Form gibt
😉. Kann man sagen, dass Frauen mehr jammern oder klagen als Männer oder hält sich das bei genauer Betrachtung die Waage? Allerdings wurden Jungen so erzogen, dass sie nicht weinen sollten, geschweige den jammern, denn ein Indianer kennt keinen Schmerz.

Wenn ein Mensch seelischen oder auch körperlichen Schmerz erleidet, warum sollte er nicht mal jammern und klagen dürfen? Man sollte nur nicht in diesem Zustand hängenbleiben, sondern auch wieder einen Weg suchen, wie man aus diesem tiefen Tal herauskommt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand immer stark und unerschütterlich sein kann, wenn er/sie bei sich selbst an Grenzen stößt, welcher Art auch immer. Es gibt vielleicht nur den Unterschied, dass es die einen im stillen Kämmerlein tun und andere es wagen, sich so auch nach außen zuzumuten, auch auf die „Gefahr“ hin für schwächlich gehalten zu werden.

Theodor W. Adorno hat gesagt:

Geliebt wirst du einzig, wo du schwach dich zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren.

 
 

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Kommentare (16)

Xalli

Unterschiedlicher können die Menschen nicht sein, die die jammern
und die die klagen, so zumindest meine Erfahrungen, die sich immer
wieder bestätigem.

Jammern ist eine nicht enden wollende Verschiebung der eigenen Gedanken
Überlegungen, des Suchens nach Möglichkeiten, des eigenen angebrachten Handelns auf das Gegenüber, mit der festen Überzeugung damit sich nicht mehr
befassen zu müssen....außer ich suche mir eine nächste  Person bei der ich jammern kann.

Egal wieviel Hilfe du solchen Menschen bietest, er wird alles verwerfen  und sein
"Jammern" pflegen.

Menschen die klagen grenzen meist präzies den Anlass ein, haben es sich selbst
oft schwer gemacht klagen zu können, unendlich viele Gedanken, Lösungsansätze
allein durchdacht und erhoffen mit klagen einen Menschen zufinden der einen
Anstoß für einen nicht erkannten Weg aufzeigen kann, mit viel Glück vielleicht
sogar auf diesem neuen Weg dich ein kleines Stück begleitet.

Dieser Mensch wird dir dankbar sein, dich auch an seinem Gelingen teilhaben
lassen.

Ich wünsche dir Roxanna, immer einen Menschen bei dem du klagen kannst und
still mit ihm schweigen kannst weil er da ist!

Liebe Grüße
Xalli



 

Roxanna

@Xalli  

Das gefällt mir, liebe Xalli was du hier geschrieben hast. Beides habe ich auch schon so erlebt, Menschen, die sich einfach selbst leid tun und deshalb jammern, einfach nur um Zuwendung zu bekommen und das am besten „endlos“. Sie wollen gar keine Vorschläge oder Meinungen, wie sie etwas verändern könnten.

Und ja, es gibt manchmal Ereignisse im Leben, die sich nicht ändern lassen oder man findet einfach den Ausweg nicht. Da tut es wirklich gut, jemanden zu finden, der zuhören kann und im besten Fall hilft, die Blickrichtung zu ändern, damit sich neue Wege auftun können.Und der es aber auch aushalten kann, wenn es für den Moment eben keine Lösung gibt und einfach da ist.
Ganz besonders kostbar ist, wie du auch schreibst, wenn ein solcher Mensch einen ein Stück des Weges begleitet, bis man wieder die Kraft hat alleine weiterzugehen.

 
Herzlich danke ich dir für deine guten Gedanken und Wünsche und schicke ebenso herzliche Grüße zu dir

Brigitte
 

Roxanna

Danke, liebe Aurora borealis für das geschenkte 💗chen.

Lieben Gruß

Roxanna

Sommerzauber

@Roxanna

Das ist eine gute Frage......

Für mich ist  j a m m e r n  eher negativ, etwa gleichzusetzen mit nörgeln, unzufrieden sein mit irgendetwas oder einer Situation und das dann ständig kundtun, w i e  unzufrieden man ist. 

K l a g e n  hat für mich eine andere Bedeutung, eine tiefere. Man beklagt einen Verlust, Schmerz.......Soweit ich weiß, soll es helfen, etwas oder jemanden zu "beklagen", den Schmerz darüber rauslassen....Ist aber in unserer Kultur nicht so üblich.

Lieber Gruß
Katharina.

Roxanna

@Sommerzauber  

Das ist auch mein Eindruck, liebe Katharina, dass klagen in unserer Kultur nicht so üblich ist, eben weil es oft als Schwäche ausgelegt wird. Wobei ich nun nach dem, wie es in dem Link von Hubert erklärt wird, das Jammern schon für eine Schwäche halten würde.

In anderen Ländern gibt es sogar eine Klagekultur, ich denke da an die Klagefrauen, die sich versammeln, wenn jemand verstorben ist. Das ist etwas Gewachsenes, das ganz sicher einen Sinn hat. Ich glaube auch, dass klagen entlasten kann.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar, liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünscht

Brigitte

 

Rosi65

Liebe Roxanna,

es gibt allerdings auch „Lebenskünstler“, die sich, immer durch die Gutmütigkeit von Helfern, mit ihrer Jammerei ganz gut durchs Leben schlagen.

Eine frühere Bekannte von mir, schon im reiferen Alter, schulte damals zur Altenpflegerin um.
Für die Mobilität benötigte sie einen Führerschein und musste auch für den neuen Beruf viel lernen. Ich half ihr natürlich gerne. Fuhr mit ihr zum Verkehrsübungsplatz, sprach ihr Mut zu, hörte sie in den theoretischen Fächern ab, übte richtige Patientenlagerung auf dem Wohnzimmerteppich, schrieb ihr Bewerbungen vor, erstellte eine Liste mit Adressen von Sozialen Diensten und noch vieles mehr. Da ich mir schon selber soviel über diesen Beruf angelesen hatte, hätte ich mir als Quereinsteigerin für die (theoretische) Prüfung vielleicht sogar selber einige Chancen eingeräumt.😄 

Als ich ihr aber auch noch das schriftliche Kolloquium für die berufliche Prüfung anfertigen sollte, musste ich das strikt ablehnen, denn das empfand ich dann doch als ziemlich unverschämt.
Durch Zufall erfuhr ich dann von einer gemeinsamen Bekannten, dass „unsere Freundin“ sie auch ständig um Hilfe bat, sogar telefonisch zur nächtlichen Stunde. Es ging so lange, bis der genervte Ehemann sich weitere Anrufe energisch verbat.

Umgekehrt, benötigte ich mal Hilfe zum Sperrmülltransport. Zwei weitere Freunde waren pünktlich um 18.00 Uhr da. Nur "Madame" stand erst um 22.00 Uhr vor meiner Tür, als alles schon lange erledigt war. In dem Moment habe ich die Freundschaft konsequent für immer gekündigt.

Liebe Roxanna, man lernt doch nie aus, und wehleidige Jammerer wurden danach von mir einfach ignoriert.👎

Viele Grüße
   Rosi65
 

Roxanna

@Rosi65  

Das ist eine ganz üble Erfahrung, liebe Rosi, wenn man so ausgenützt wird. Das ist dir sicher kein zweites Mal passiert. Ja, solche Menschen gibt es, die sich so hilfsbedürftig geben und man glaubt, gar nicht anders zu können, als sie zu unterstützen. Das ist vielleicht das „Merkmal“ der Menschen, die jammern, dass sie versuchen, die Probleme, die sie selbst lösen müssten auf andere zu übertragen. Hat man diese Erfahrung einmal gemacht, liebe Rosi, entwickelt man eine Antenne dafür, wenn es mal wieder so weit ist 😊 und wird sich davon nicht mehr antriggern lassen.

Herzlichen Dank für dein gutes Beispiel. Mit lieben Grüßen wünsche ich dir ein gutes Wochenende

Brigitte
 

U. Petri

Die Aussage, daß "Jammern sich im Kreise dreht"  finde ich ausgesprochen passend.
Es geht ja manchmal endlos weiter. . .

Klage ist da viel konkreter: anklagen, Klage erheben, klaglos. . .
Es ist sicher auch eine Typ-Frage, wie Schweres und Negatives verarbeitet wird.

Zu beklagen gibt es allerdings Einiges. . .

Liebe Grüße
Ursula

Roxanna

@U. Petri  

Wenn man sich in der Welt umschaut, liebe Ursula und sich von dem vielen Elend berühren lässt, kann man nicht anders als zu klagen. Aber auch im persönlichen Bereich bringt es das Leben mit sich, dass immer wieder an etwas schwer getragen wird, was sich nicht so ohne weiteres ändern lässt oder manchmal auch gar nicht.

Wie du auch schreibst, ist es sicher eine Typ-Frage, wie Schweres verarbeitet wird. Ein sensibler Mensch wird mehr Mühe haben, als einer, der eher nüchtern veranlagt ist. Und es gibt auch Menschen, die grundsätzlich alles mit sich allein ausmachen wollen, vielleicht weil sie klagen für eine Schwäche halten.


Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar und wünsche dir mit lieben Grüßen ein gutes Wochenende

Brigitte
 

Songeur

Zwischen Jammern und Klagen, liebe Brigitte, sieht die "Kirche im SWR" schon einen Unterschied. Der Artikel hier im Link beginnt gar mit folgendem Satz :

"Zwischen Jammern und Klagen ist ein himmelweiter Unterschied. Wer jammert, der dreht sich im Kreis und ändert gar nichts. Klagen aber hilft und bringt weiter."

Ich habe mit Kirche grundsätzlich nichts zu tun, aber diesem Satz kann ich doch, ohne mich allzu sehr zu verbiegen, zustimmen.

Mit herzlichen Grüssen zum Donnerstag auch von Maite

Hubert

Roxanna

@Songeur  

Wunderbar erklärt, lieber Hubert, der Unterschied zwischen Jammern und Klagen. Dem kann ich auch zustimmen. Auch in der Kirche gibt es manchmal kluge Leute 😉. Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar und diese interessanten Link.

Mit herzlichen Grüßen wünsche ich dir und Maite ein gutes Wochenende

Brigitte
 

Christine62laechel


Liebe Brigitte, vielleicht wäre der Unterschied zwischen Klagen und Jammern so, dass man über Konkretes klagt, und jammert nur wegen des Weltschmerzes - also, wer den nicht kennt, "ohne Grund"?
Ich staunte immer, als ich mal hörte: wenn es ein Baby trocken hat, und satt ist, soll es nicht getragen werden, wenn es weint; dazu hat es ja keinen Grund...
Natürlich kann der Weltschmerz dumm vorkommen, wenn man bedenkt, welche Probleme viele Menschen haben, wie bedroht sie sich fühlen müssen. Doch daran soll man eine Person nicht erinnern, die gerade unter Weltschmerz leidet; das macht sie total verzweifelt, und die muss sich auch schämen, so ein schwacher Mensch zu sein...
Ja, da hat Theodor W. Adorno Recht: es liegt an der Balancé zwischen Schwäche und Stärke. Glücklich, wer die beherrscht.

Mit herzlichen Grüßen
Christine

Roxanna

@Christine62laechel  

Früher, liebe Christine, um das aufzugreifen, hatte man merkwürdige „Erziehungsmethoden“ bei Säuglingen, man ließ sie schreien, weil das angeblich die Lungen stärken würde oder weil man sie nicht verwöhnen wollte. So einiges kommt einem heute ziemlich herzlos vor und hat sich, Gott sei Dank, geändert.

Man müsste mal definieren, was Weltschmerz eigentlich ist. Ich glaube ja, dass bei genauerem Hinspüren hinter dem Weltschmerz doch ein persönlicher steckt, den man nicht erkennt oder vielleicht auch nicht erkennen will. Oder möglicherweise gibt es das doch auch, dass Menschen so sehr von dem vielen Leid auf der Welt berührt werden.

Ich stimme dir zu, dass einem Menschen, der über einen großen Kummer klagt, nicht sozusagen als Trost vor Augen gehalten werden soll „aber schau doch mal, demjenigen oder derjenigen geht es doch viel schlechter als dir“. Man kann einen Menschen nicht damit trösten, dass andere viel größeres Leid hätten, als er/sie selbst. Dahinter steckt irgendwie die Botschaft: Stell dich nicht so an! Irgendein kluger Mensch, mir fällt gerade nicht ein wer das war, hat gesagt, „nur wer schwach sein kann, kann auch stark sein.

Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar und wünsche dir mit lieben Grüßen ein gutes Wochenende

Brigitte

 

Christine62laechel

@Roxanna  

Stimmt, liebe Brigitte, früher waren die Erziehungsmethoden oft zu streng, heutzutage gibt es leider so gut wie keine mehr, auch falsch. Beides kann früher oder später zum Weltschmerz-Gefühl führen. In meiner Muttersprache heißt der wörtlich "Existenzschmerz". Scherzhaft: das Leben tut weh... Na ja, man muss auch damit leben können. 😏😊

Roxanna

@Christine62laechel  

Da kann ich dir nur zustimmen, liebe Christine, so streng wie man früher mit Kindern umgegangen ist, so fast grenzenlos wird das heute gehandhabt. Für ihre Orientierung und Entwicklung brauchen Kinder aber Grenzen, es kommt ja immer nur darauf an, wie das umgesetzt wird.

Und ja, das Leben tut auch immer mal wieder weh, ich denke da bleibt niemand verschont.

Lieben Gruß
Brigitte


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