Internationaler Frauentag
Mit einem Bekannten unterhielt ich mich in lockerer Art im Netz. Er wusste aus vorhergehenden Unterhaltungen genau, dass ich gerne die Himmelsscheibe von Nebra und andere diverse Dinge gesehen hätte. Ich liebe nicht nur Bücher, auch Museumsbesuche - Messen - mich interessiert vieles. Und ich stehe auf dem Standpunkt, dass man die Interessen und das Wissen über alles mögliche auch ausdehnen kann oder vielleicht auch sollte?
Leider war ich in den vergangenen Tagen wegen gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht ganz auf der Höhe - aber seine Frage am Dienstag Abend ob ich denn nun wieder fit wäre, beantwortete ich mit "ja". Also überlegten wir gemeinsam, was man sich denn nun anschauen könnte - wohin man zusammen fahren könnte. Und dann kam von ihm u.a. der Vorschlag: Halle das Landesmuseum für Vorgeschichte. Ich schaute mir die Möglichkeiten im Netz an und war begeistert. Das sollte es sein! Unbedingt - die Himmelsscheibe in Nebra - der Fundort - das konnte warten. Also fragte ich an welchem Tag wir denn dahin fahren sollten und er meinte ganz trocken: morgen. Ich überlegte kurz, schaute auf meinen Kalender - alles frei kein Arzttermin, keine Physio - Klasse! Ich sagte ganz spontan zu. Packte einige Klamotten in eine kleine Tasche - man weiss ja nie, schrieb einen Zettel für meine Nachbarin und klebte diesen nachts um 23 Uhr an ihre Tür. Sie wußte also auch Bescheid. Früh morgens trafen wir uns am Bahnhof und fuhren los. Das Landesmuseum - ein alter Bau - grosszügig der Eingang - der Eintritt moderat. Und wir fingen mit der Besichtigung an - am Besten gleich im obersten Stockwerk. Das war auch die richtige Entscheidung. Die Exponate in dieser Menge - so liebevoll ausgestellt - beschriftet. Erklärungen überall. Unter den Schaukästen jeweils noch Schubladen. In diesen Schubladen lagen weitere Exponate die sich auf das ausgestellte Stück bezogen mit ausführlichen Beschreibungen über Fundorte, Entwicklung usw. ich war begeistert und konnte mich manches mal von den bestimmt sehr mühsam ausgegrabenen Schätzen kaum trennen. Was müssen diese Experten für ein Augenmass haben und jede noch so kleinste Scherbe erkennen um sie bestimmen zu können. Allein das Zusammensetzen der einzelnen Scherben bei manchen Stücken erfordert so viel Geduld. Mit welcher Mühe und mit welcher Liebe zum Detail manche Dinge hergestellt wurden, kann man wirklich nur ermessen, wenn man selbst einmal eine Tonschale hergestellt und verziert hat oder aber (u.a. auch eines meiner Hobbys) etwas in hartes Material ritzte. Wir durchliefen Jahrtausende allein nur in diesem Stockwerk. Sahen Familiengräber, Fürstengräber - die unterschiedlichen Bestattungen. Das Mammut - was für ein grosses Tier und dann der kleine Mensch, der mit kaum mehr als einem Stock auf dieses Tier losging um es zu töten - damit sein Überleben und das seines Familienclans gesichert war. Dann kamen wir in einen ganz dunklen Raum - an der Decke viele kleine Lichtpunkte - ein Sternenhimmel - phantastisch die Wirkung. Ich war verzaubert - es sah alles so wunderschön aus.- Hier war auch die Himmelsscheibe von Nebra ausgestellt. Das hatte ich nicht vermutet, dass wir die Scheibe hier sehen werden - weil ich mich überhaupt nicht darum gekümmert hatte, welche besondere Ausstellung gerade hier gezeigt wird. Die Erklärungen der einzelnen Stufen der Himmelsscheibe waren im Vorraum mit Abbildungen bereits sehr ausführlich dargestellt. Und dann sahen wir sie - zuerst die Rückseite die dem Eingang zugewandt war. Wir umrundeten den Schaukasten und da war sie vor uns. Das Stück auf welches ich bereits in Büchern gestossen war. Romane, die mich neugierig darauf machten sie zu sehen. Ein wunderschön gearbeitetes Stück welches nicht nur Himmel, und Mondkonstellationen zeigt sondern auch den Beginn von Herbst und Frühling. Das stilisierte Schiff, welches auch in der ägyptischen Geschichte in Abbildungen immer wieder vorkommt.
Eine Gruppe wurde an uns vorbeigeschleust - der Führer dieser Gruppe sprach sehr kurz und erklärte nur das Allernötigste, mahnte die Gruppe zur Eile und alle waren nach nicht einmal gefühlten 5 Minuten wieder verschwunden. Mein Begleiter und ich schauten uns an und schüttelten den Kopf. Wie kann man solche Dinge mit so einer Eile behandeln? Dafür fehlte uns jedes Verständnis.
Im unteren Stockwerk wurde die römische Kaiserzeit behandelt - Spätbronze und Eisenzeit. Wir sahen einen Film in einem Schaukasten mit welcher Mühe Eisen in "Handarbeit"hergestellt wurde. Tongefässe nahmen einen Großteil der Artefakte ein.
Der einzige Wermutstropfen bei allem war das "Knöllchen" welches am Auto hing, als wir zum Mittagessen in der gegenüberliegenden Döner-Gastwirtschaft gingen. Da kaum Besucher im Museum anwesend waren erhielten wir die Erlaubnis das Gebäude für eine kurze Mittagspause zu verlassen. Parkplätze sind dort sehr knapp…...das sollte man ändern.
Nach der Mittagspause schauten wir noch zwei kurze Filme an - einen über den Verlauf über den Weg den die Himmelsscheibe nahm bis sie wieder in Sachsen-anhältischem Besitz war und einen über Alchimie….beides sehr interessant. Das Stockwerk, welches einige Opferfunde zeigte, unter anderem auch eine Germanenprinzessin und nachgebildete Köpfe von Menschen der damaligen Zeit. Arbeitswerkzeuge wie Sicheln in rauhen Mengen, sowie Kriegsgegenstände da diese in der Spätbronzezeit und Eisenzeit ja auch bereits hergestellt wurden. Die Stücke wurden immer feiner und besser. Schmuck und Grabbeigaben die gefunden wurden, alles war für mich die Vervollständigung zum obersten Stockwerk und passte perfekt zusammen. Bei manchen grossen Schaukästen war die Beschriftung im Glas nur schwer zu entziffern - hier wäre ein heller Untergrund vielleicht die bessere Wahl, damit man es leichter lesen kann. Stilisierte Frauengestalten aus Elfenbein - sehr fein gearbeitet. Der Schmuck der nicht für alle und jeden gedacht war. Und immer wieder Tonkrüge - Urnengefässe der einzelnen Völkergruppen. Ein Spaziergang durch die Zeit.
Im Erdgeschoss dagegen war ich enttäuscht - Fast Neuzeit Luther, Melanchton und seine Zeit - Glasfunde - das passte irgendwie nicht zu dem Zauber der vorangegangenen Jahrtausende und deren Fundstücke. Diesen Teil des Museums haben wir einvernehmlich ohne grössere oder längere Betrachtung und ohne Bedauern verlassen.
Alles in allem war es ein wundervoller Tag für mich. Erst als ich wieder zu Hause war erfuhr ich dass dies der internationale Frauentag war - ich wusste es bis dahin nicht. Fragte meinen Bekannten ob ihm das bekannt gewesen wäre, was er mit "ja" bestätigte. Ich bin sehr glücklich dass mir mein Bekannter diesen Tag schenkte - ein unvergessliches Erlebnis!
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