»Gleichschaltung« oder »Wie bekomme ich alle unter einen Hut?«
»Gleichschaltung« oder »Wie bekomme ich alle unter einen Hut?«
Mutter hatte die Idee, mit unseren jüngeren Kindern, die noch nicht in der Lehre waren und mit gleichaltrigen Nachbarskindern eine Wanderung die Sieg aufwärts und das Bröltal wieder zurück nach Bonn zu unternehmen. Das war 1950. Ich hatte Urlaub nehmen können und war mit dem Fahrrad der Troßknecht.
Mit der Bahn ging es bis nach Blankenberg an der Sieg, wo ich noch ohne Ballast hinradelte. Dort übernahm ich alles abhängbare als Gepäck, so daß das junge Volk eben nur die Beine bewegen mußte. So ging es munter nach Eitorf an der Sieg.
Das Mittagessen war schon eine kleine Pimpfen-Probe: der eine mochte sein mitgebrachtes Essen nicht, der andere hatte es schon zwischendurch verputzt. Genauso das Trinken: ein Einteilen muß erst gelernt werden. Dann noch das Geschäftelmachen. Es waren zwar Nachbarn, die fröhlich miteinander spielten sich scheinbar gut kannten, aber hier wurden Sensibilitäten sichtbar. Und bald waren auch die Ersten der „Völkerwanderung“ dabei. Es kostete sehr viel Feingefühl, da die richtige Ordnung zu behalten.
Von Eitorf ging es hinauf in den Wald oberhalb der Sieg. Ein Gewitter kam auf. Und das mitten im Wald. Ich lud die mitgebrachten Zeltbahnen aus. Alle Kinder umringten in der Hocke die, unsere Mutter, die nach einem früher erfahrenen Blitzschlag sehr unter den Ladungen in der Luft litt, bis sich alles mit Blitz und Donner entlud. Ich glaube, daß Mutters Problem in dem Moment von der ihr auferlegten Fürsorge überdeckt wurde – ich erlebte Mutter da unter der Zeltbahn so ruhig. Weiter ging’s, es machte den Kindern Spaß in dem Wasser in den Wegfurchen zu stapfen, egal, ob das nasse Füße gab.
Am Abend wollten wir in Leuscheid in der Jugendherberge landen. Wir nahm eine Abkürzung. Und da hieß es für die Kinder, mir beim Fahrradschieben zu helfen: es ging erst hinunter in einen Graben und dann wieder raus. Runter bremsten die Kinder tapfer mit der angelegten Wäscheleine – kein Problem, so als hatten sie das schon öfter gemacht. Und rauf spielten sie wieder den Vorspann, damit ich mit Rad und Gepäck auch weiter kam.
Nun gab es in der Jugendherberge, einer Baracke, ein großes Gemeinschaftswaschbecken, und auch bei dem Örtchen war doch alles anders als zu Hause. »Zeig‘ mal Dein Hönde und Deine Füße!« - »Haben die Ohren auch Wasser abgekriegt?«. Wir Müller’s kannte ja die Sprüche, die Nachbarskinder brauchten etwas Zeit zum echten Vollzugmelden.
Die, wo die Mama unserer Mutter mit auf den Weg gegeben hatte, daß dies und jenes nicht gegessen würde usw. usw., die Kinder waren plötzlich die ersten die jetzt fragten: »Frau Müller, wann gibt’s was zu essen?« Und nach und nach fand die Gleichschaltung statt, so ganz sachte schaffte unsere Mutter Ordnung in den fröhlichen, zusammengewürfelten Haufen. Untereinander kümmerten sich die Rangen um die anderen, sprangen der Mutter bei, wenn sie Hilfe brauchte. Das Wehklagen verschiedener verstummte. Wir holten unsere Lieder hervor und zwitscherten sie gemeinsam hinaus in die so schöne Natur.
Von Leuscheid oberhalb der Sieg ging es weiter nach Waldbröl. Da fanden wir Lager in einer Schule. Und weiter ging es nun das schöne Bröltal hinunter, wir begegneten der damals noch fahrenden Schmalspurbahn, die Bonn heraufkam. Ich weiß nicht, wo man mich mit dem Rad entließ, war’s Ruppichterott? Jedenfalls kamen alle wettergebräunt wieder in Bonn an.
Die Mütter der „Mitläufer“ staunten nicht schlecht, wie unsere Mutter die Rasselbande gefügig gekriegt hat. Und noch etwas: eineinhalb Jahre später kam in unserer Familie noch ein Schwesterchen an – ein Fröhlichkind wie unsere Mutter.
ortwin
Mutter hatte die Idee, mit unseren jüngeren Kindern, die noch nicht in der Lehre waren und mit gleichaltrigen Nachbarskindern eine Wanderung die Sieg aufwärts und das Bröltal wieder zurück nach Bonn zu unternehmen. Das war 1950. Ich hatte Urlaub nehmen können und war mit dem Fahrrad der Troßknecht.
Mit der Bahn ging es bis nach Blankenberg an der Sieg, wo ich noch ohne Ballast hinradelte. Dort übernahm ich alles abhängbare als Gepäck, so daß das junge Volk eben nur die Beine bewegen mußte. So ging es munter nach Eitorf an der Sieg.
Das Mittagessen war schon eine kleine Pimpfen-Probe: der eine mochte sein mitgebrachtes Essen nicht, der andere hatte es schon zwischendurch verputzt. Genauso das Trinken: ein Einteilen muß erst gelernt werden. Dann noch das Geschäftelmachen. Es waren zwar Nachbarn, die fröhlich miteinander spielten sich scheinbar gut kannten, aber hier wurden Sensibilitäten sichtbar. Und bald waren auch die Ersten der „Völkerwanderung“ dabei. Es kostete sehr viel Feingefühl, da die richtige Ordnung zu behalten.
Von Eitorf ging es hinauf in den Wald oberhalb der Sieg. Ein Gewitter kam auf. Und das mitten im Wald. Ich lud die mitgebrachten Zeltbahnen aus. Alle Kinder umringten in der Hocke die, unsere Mutter, die nach einem früher erfahrenen Blitzschlag sehr unter den Ladungen in der Luft litt, bis sich alles mit Blitz und Donner entlud. Ich glaube, daß Mutters Problem in dem Moment von der ihr auferlegten Fürsorge überdeckt wurde – ich erlebte Mutter da unter der Zeltbahn so ruhig. Weiter ging’s, es machte den Kindern Spaß in dem Wasser in den Wegfurchen zu stapfen, egal, ob das nasse Füße gab.
Am Abend wollten wir in Leuscheid in der Jugendherberge landen. Wir nahm eine Abkürzung. Und da hieß es für die Kinder, mir beim Fahrradschieben zu helfen: es ging erst hinunter in einen Graben und dann wieder raus. Runter bremsten die Kinder tapfer mit der angelegten Wäscheleine – kein Problem, so als hatten sie das schon öfter gemacht. Und rauf spielten sie wieder den Vorspann, damit ich mit Rad und Gepäck auch weiter kam.
Nun gab es in der Jugendherberge, einer Baracke, ein großes Gemeinschaftswaschbecken, und auch bei dem Örtchen war doch alles anders als zu Hause. »Zeig‘ mal Dein Hönde und Deine Füße!« - »Haben die Ohren auch Wasser abgekriegt?«. Wir Müller’s kannte ja die Sprüche, die Nachbarskinder brauchten etwas Zeit zum echten Vollzugmelden.
Die, wo die Mama unserer Mutter mit auf den Weg gegeben hatte, daß dies und jenes nicht gegessen würde usw. usw., die Kinder waren plötzlich die ersten die jetzt fragten: »Frau Müller, wann gibt’s was zu essen?« Und nach und nach fand die Gleichschaltung statt, so ganz sachte schaffte unsere Mutter Ordnung in den fröhlichen, zusammengewürfelten Haufen. Untereinander kümmerten sich die Rangen um die anderen, sprangen der Mutter bei, wenn sie Hilfe brauchte. Das Wehklagen verschiedener verstummte. Wir holten unsere Lieder hervor und zwitscherten sie gemeinsam hinaus in die so schöne Natur.
Von Leuscheid oberhalb der Sieg ging es weiter nach Waldbröl. Da fanden wir Lager in einer Schule. Und weiter ging es nun das schöne Bröltal hinunter, wir begegneten der damals noch fahrenden Schmalspurbahn, die Bonn heraufkam. Ich weiß nicht, wo man mich mit dem Rad entließ, war’s Ruppichterott? Jedenfalls kamen alle wettergebräunt wieder in Bonn an.
Die Mütter der „Mitläufer“ staunten nicht schlecht, wie unsere Mutter die Rasselbande gefügig gekriegt hat. Und noch etwas: eineinhalb Jahre später kam in unserer Familie noch ein Schwesterchen an – ein Fröhlichkind wie unsere Mutter.
ortwin
...weil sie im Herzen die Liebe und Frieden fuer euch hatte...danke...Henryk