Erinnerungsstücke
Die Gäste sind gegangen und abgereist. Zurück blieb die Bettwäsche – gewaschen kann man sie als Bretter vom Ständer heben, so kalt ist es. Zurück aber blieb auch ein Gabentisch – das Sideboard ist von all den Geschenken und Aufmerksamkeiten vollgepflastert. Und da stehe ich vor dieser großen Menge – Gott sei Dank doch weniger Blumensträuße, die doch ebenso wie Krawatten fleißig geschenkt werden, die Sträuße mag ich nicht, weil sie sonst dem Ganzen das Gefühl von letzten Kränzen geben.
Mein Blick fällt auf ganz besondere Dinge, die ich noch kannte, weil sie mir einmal vor „Ur“zeit gehört hatten. Da ist aus meiner Abendschulzeit die „Deutsche Literaturgeschichte“, was, als ich aus der Familie auszog, meine älteste Tochter an sich genommen hatte. Da fiel mir der Pauker dazu ein, der uns auch Deutsch und Geschichte verpasste.
Und da kommt mein zweites Töchting mit ihrer Tochter an, dick bepackt mit Rolly, Seesack, Rucksack und Taschen – da musste ich doch für den Rest der Strecke mit der S-Bahn tragen helfen, ich nahm den Rucksack ab. Ein Rucksack, wie ich ihn früher einmal hatte, längst nicht so modern, wie die heutigen Rucksäcke sind. Es war mein alter Kamerad, den ich damals auch zurück gelassen hatte – meine damalige Ehefrau, die Mutter meiner drei Kinder hatte ihn aufgehoben, und Töchting sah diesen als das richtige Geschenk für mich zum Geburtstag an.
Und nun kommt das Paket aus Dachau von meiner Schwester an. Was finde ich darin?
Eine runde Tischdecke, passend auf meinen sechseckigen Tisch, von meiner Mutter mit Blumen bestickt – so, wie das doch früher Gang und Gäbe war zu sticken. Und neben dem Kuchen in dem Paket kommt am Boden noch eine Sensation zum Vorschein:
Unser Spiel „Pferderennen“, das die Familie mit Vater bis Kriegsbeginn stets zu Weihnachten spielte, das mit den bemalten Zinnpferdchen, die so schön wippten, wenn man ihnen am Schweif antippte, das mit dem Karten zum Totalisator. Pferdchen und Karten haben die Reise nicht mitgemacht.
Wer beim Spiel dann gewann, durfte sich vom Weihnachtsbaum etwas Leckeres abnehmen.
Was war alles in den achtzig Jahren in mein Leben hinein geplumpst?! Wie geht man mit diesen Erinnerungen um, wie fühlt sich das an, wenn da Dinge ankommen, die längst urzeitliche Vergangenheit sind?!
Ich möchte die längst wieder Fortgereisten immer wieder umarmen. Das Wort „Danke“ reicht mir nicht – und Tränen der Rührung sind nicht gut auf der Brille.
ortwin
Kommentare (2)
finchen
sind solche Erinnerungsstücke, die auch ein Stück längst vergangener Zeiten schließt. Vertrautes wieder finden, sind die schöneren Dinge, als solche, die man geschenkt bekommt, möglichst noch mit Umtauschmöglichkeit dran.
So lebe dann hoch und genieße die Freude, die Dir gegeben worden ist.
Herzliche Grüße
Moni-Finchen
So lebe dann hoch und genieße die Freude, die Dir gegeben worden ist.
Herzliche Grüße
Moni-Finchen
Traute(Traute)
Dazu natürlich Gesundheit vom Besten und weiterhin so lebendige Ausschnitte aus der Chronologie Deines Lebens.
Mit freundlichen grüßen,
Traute