Der letzte Tag in meinem Leben
Ihr müsst mir versprechen, dass ihr nicht traurig seid, wenn ich euch über den letzten Tag meines Hundelebens erzähle.
Aber er gehört genauso zu meinem Leben, wie der Tag, an dem ich vor gut dreizehn Jahren auf die Welt kam.
In der Nacht auf Montag, den 12. Januar 2015, spürte ich, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte.
Ich bekam Angst.
Und immer wenn ich Angst habe, verkrieche ich mich in eine Ecke neben dem Kühlschrank. Dort war ich auch Silvester, als die Böller knallten.
Aber diesmal war es etwas ganz Schlimmes.
Etwas, das sich anfühlt wie das Ende des Lebens.
Ich hatte Todesangst.
Und meine Leute schliefen, denn es war morgens zwischen 4 und 5 Uhr.
Ich wollte nun so gerne in ihrer Nähe sein, aber es war so eng neben dem Kühlschrank und ich kam nicht mehr hoch. Also gab ich Laute von mir, Hilferufe.
Nein, ich wollte nicht alleine in der Ecke neben dem Kühlschrank sterben. I
ch wollte in mein Körbchen im Wohnzimmer, direkt neben dem Schlafzimmer meiner Leute.
Wegen mir ließen sie ja auch immer alle Türen innerhalb der Wohnung nachts geöffnet, damit ich überall dort hin konnte, wo ich mich wohl fühlte.
Aber so sehr ich mir Mühe gab, ich war wie gefangen in dieser Ecke am Kühlschrank.
Es kostete mich sehr viel Kraft, mit Fiepen und Jaulen auf mich aufmerksam zu machen.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als meine Leute kurz nach fünf Uhr morgens aufgeschreckt in die Küche kamen, um mir zu helfen.
Mein Herrchen schaffte es schließlich, dass ich aus der engen Ecke herauskam und ich erreichte mit letzter Kraft das Wohnzimmer und legte mich erschöpft auf mein Körbchen.
Ich sah den ein Meter entfernten Wassernapf und hatte solch einen Durst, doch ich kam nicht ran. So versuchte ich, mich Stück für Stück heran zu robben.
Als meine Leute das bemerkten, schoben sie mir den Wassernapf zu und ich trank im Liegen.
Oh je, war das ein erniedrigendes Gefühl für mich, im Liegen trinken zu müssen, aber ich kam einfach nicht mehr hoch.
Nun spürte ich auch, dass es meinen Leuten wegen mir nicht gut ging. Sie gaben sich zwar Mühe, sich ihren Schock nicht anmerken zu lassen, allerdings „riecht“ man als Hund, wenn Menschen einen höheren Adrenalinspiegel bekommen, aufgeregt sind. Da hilft auch kein Verstellen. Wir Hunde sind in der Beziehung sehr sensibel.
Es war mittlerweile etwa halb sechs Uhr morgens. Normalerweise schlafen wir alle drei um diese Zeit.
Ich hatte mich unterdess von meinem Körbchen in Richtung meines Lieblingsteppichs aus reiner Wolle vor gerobbt. Der ist so schön kuschelig und ich habe ihn auch immer als "Serviette" benutzt, einfach mein Maul nach dem Essen an diesem Teppich gerieben.
Dort lag ich nun und schaute meine Leute fragend an: Was ist nur mit mir passiert?
Ich schaffte es kaum, meinen Kopf hochzuhalten. Dafür bewegte ich immer meine Augenbrauen nach oben als Zeichen, dass ich mich irgendwie fürchte. Aber meine Leute waren ja jetzt zu dieser frühen Morgenstunde bei mir.
Mensch, war ich froh darüber.
Gegen halb acht merkte ich, dass mein Frauchen telefonierte.
Sie rief die Arztpraxis an, von der sie seit einem Jahr die Metacam-Tabletten für mich holten, damit ich wegen meiner Arthrose einigermaßen schmerzfrei bin.
Und ich hörte die Enttäuschung in der Stimme meines Frauchens, als sie aus Kapazitätsgründen eine Absage erhielt.
Immer wieder rannten meine Leute auf die Toilette, so nervös und aufgeregt waren sie. Nein, das konnten sie auch beim besten Willen nicht vor mir verbergen.
Dazu bin ich ein viel zu sensibler Hund.
Dann hörte ich das Wort „Odin“. Das ist ein Hunde-Kumpel von mir, den ich öfter auf der Hundewiese getroffen habe. Wir haben uns toll verstanden und sein Herrchen hat meinen Leuten mal erzählt, dass er eine tolle Tierärztin gefunden hat. Ich entsinne mich an ihren Vornamen: Nicola.
Hört sich genauso italienisch an, wie mein Name Gianni.
Jetzt muss ich sogar ein wenig lächeln.
Also versuchte mein Frauchen nun, dass sie zu uns nach Hause kommt, um mir zu helfen.
Und ich bekam mit, dass sie gegen zwölf Uhr mittags kommen wollte, obwohl sie so etwas generell nicht macht, wenn sie den Hund nicht persönlich kennt.
Doch nun wusste ich, dass in vier Stunden jemand kommen wird, der mir hilft.
Beruhigt robbte ich mich weiter vor Richtung Wurzelholzschrank und schaffte es irgendwie, dass ich so vor dem Schrank lag, dass ich von hinten Deckung hatte und nach vorne Alles beobachten konnte.
Ich wusste: Noch einmal schaffe ich es nicht, aufzustehen.
Immer wieder schoben meine Leute mir den Wassernapf zu und ich war dankbar dafür.
Ich spürte im Laufe der nächsten Stunden, dass mein Körper und Kreislauf immer schwächer wurde.
Ich spürte die Nähe meiner Menschen, ihre Hände, die mich streichelten, ihren Atem, wenn sie sich neben mich legten, ihren mir so bekannten Geruch.
Ich glaube, ich war schon auf der Regenbogenbrücke, als es klingelte und ich ganz verschwommen das hübsche Gesicht einer jungen Frau sah.
Sie kniete vor mir, tastete mich behutsam ab und streichelte mich auch.
Sie strahlte eine große Ruhe aus, die auch auf mich überging.
Ich wusste nun: Es ist Zeit zu gehen.
Ganz behutsam rasierte sie meinen linken Vorderlauf.
Ganz behutsam setzte sie eine Kanüle an, obwohl meine Vene kaum noch spürbar war.
Mein Herrchen saß rechts neben mir, nahm meinen Kopf in seinen Arm.
Mein Frauchen saß auf meiner linken Seite neben mir und streichelte über meinen Körper und die Tierärztin Nicola kniete vor mir und begleitete mich mit auf meinen letzten Weg.
Nun verschwamm Alles vor meinen Augen, aber ich spürte bis zum Ende alle drei Menschen, die ganz nah bei mir waren.
Ich wäre ja noch so gerne geblieben, aber es ging nicht mehr.
Als ich das Ende der Regenbogenbrücke erreichte, sah ich plötzlich all meine Hundefreunde, die auch schon rüber gegangen sind: Daika, Leo, Fiete, Jasko, Ben .... und ich spürte auf einmal keine Schmerzen mehr und rannte auf sie zu.
Seid also nicht traurig. Ich schreibe ja weiter über mein Leben und bin glücklich, wenn es Menschen gibt, die mir weiterhin zuhören.
Gianni's Andi
Aber er gehört genauso zu meinem Leben, wie der Tag, an dem ich vor gut dreizehn Jahren auf die Welt kam.
In der Nacht auf Montag, den 12. Januar 2015, spürte ich, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte.
Ich bekam Angst.
Und immer wenn ich Angst habe, verkrieche ich mich in eine Ecke neben dem Kühlschrank. Dort war ich auch Silvester, als die Böller knallten.
Aber diesmal war es etwas ganz Schlimmes.
Etwas, das sich anfühlt wie das Ende des Lebens.
Ich hatte Todesangst.
Und meine Leute schliefen, denn es war morgens zwischen 4 und 5 Uhr.
Ich wollte nun so gerne in ihrer Nähe sein, aber es war so eng neben dem Kühlschrank und ich kam nicht mehr hoch. Also gab ich Laute von mir, Hilferufe.
Nein, ich wollte nicht alleine in der Ecke neben dem Kühlschrank sterben. I
ch wollte in mein Körbchen im Wohnzimmer, direkt neben dem Schlafzimmer meiner Leute.
Wegen mir ließen sie ja auch immer alle Türen innerhalb der Wohnung nachts geöffnet, damit ich überall dort hin konnte, wo ich mich wohl fühlte.
Aber so sehr ich mir Mühe gab, ich war wie gefangen in dieser Ecke am Kühlschrank.
Es kostete mich sehr viel Kraft, mit Fiepen und Jaulen auf mich aufmerksam zu machen.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als meine Leute kurz nach fünf Uhr morgens aufgeschreckt in die Küche kamen, um mir zu helfen.
Mein Herrchen schaffte es schließlich, dass ich aus der engen Ecke herauskam und ich erreichte mit letzter Kraft das Wohnzimmer und legte mich erschöpft auf mein Körbchen.
Ich sah den ein Meter entfernten Wassernapf und hatte solch einen Durst, doch ich kam nicht ran. So versuchte ich, mich Stück für Stück heran zu robben.
Als meine Leute das bemerkten, schoben sie mir den Wassernapf zu und ich trank im Liegen.
Oh je, war das ein erniedrigendes Gefühl für mich, im Liegen trinken zu müssen, aber ich kam einfach nicht mehr hoch.
Nun spürte ich auch, dass es meinen Leuten wegen mir nicht gut ging. Sie gaben sich zwar Mühe, sich ihren Schock nicht anmerken zu lassen, allerdings „riecht“ man als Hund, wenn Menschen einen höheren Adrenalinspiegel bekommen, aufgeregt sind. Da hilft auch kein Verstellen. Wir Hunde sind in der Beziehung sehr sensibel.
Es war mittlerweile etwa halb sechs Uhr morgens. Normalerweise schlafen wir alle drei um diese Zeit.
Ich hatte mich unterdess von meinem Körbchen in Richtung meines Lieblingsteppichs aus reiner Wolle vor gerobbt. Der ist so schön kuschelig und ich habe ihn auch immer als "Serviette" benutzt, einfach mein Maul nach dem Essen an diesem Teppich gerieben.
Dort lag ich nun und schaute meine Leute fragend an: Was ist nur mit mir passiert?
Ich schaffte es kaum, meinen Kopf hochzuhalten. Dafür bewegte ich immer meine Augenbrauen nach oben als Zeichen, dass ich mich irgendwie fürchte. Aber meine Leute waren ja jetzt zu dieser frühen Morgenstunde bei mir.
Mensch, war ich froh darüber.
Gegen halb acht merkte ich, dass mein Frauchen telefonierte.
Sie rief die Arztpraxis an, von der sie seit einem Jahr die Metacam-Tabletten für mich holten, damit ich wegen meiner Arthrose einigermaßen schmerzfrei bin.
Und ich hörte die Enttäuschung in der Stimme meines Frauchens, als sie aus Kapazitätsgründen eine Absage erhielt.
Immer wieder rannten meine Leute auf die Toilette, so nervös und aufgeregt waren sie. Nein, das konnten sie auch beim besten Willen nicht vor mir verbergen.
Dazu bin ich ein viel zu sensibler Hund.
Dann hörte ich das Wort „Odin“. Das ist ein Hunde-Kumpel von mir, den ich öfter auf der Hundewiese getroffen habe. Wir haben uns toll verstanden und sein Herrchen hat meinen Leuten mal erzählt, dass er eine tolle Tierärztin gefunden hat. Ich entsinne mich an ihren Vornamen: Nicola.
Hört sich genauso italienisch an, wie mein Name Gianni.
Jetzt muss ich sogar ein wenig lächeln.
Also versuchte mein Frauchen nun, dass sie zu uns nach Hause kommt, um mir zu helfen.
Und ich bekam mit, dass sie gegen zwölf Uhr mittags kommen wollte, obwohl sie so etwas generell nicht macht, wenn sie den Hund nicht persönlich kennt.
Doch nun wusste ich, dass in vier Stunden jemand kommen wird, der mir hilft.
Beruhigt robbte ich mich weiter vor Richtung Wurzelholzschrank und schaffte es irgendwie, dass ich so vor dem Schrank lag, dass ich von hinten Deckung hatte und nach vorne Alles beobachten konnte.
Ich wusste: Noch einmal schaffe ich es nicht, aufzustehen.
Immer wieder schoben meine Leute mir den Wassernapf zu und ich war dankbar dafür.
Ich spürte im Laufe der nächsten Stunden, dass mein Körper und Kreislauf immer schwächer wurde.
Ich spürte die Nähe meiner Menschen, ihre Hände, die mich streichelten, ihren Atem, wenn sie sich neben mich legten, ihren mir so bekannten Geruch.
Ich glaube, ich war schon auf der Regenbogenbrücke, als es klingelte und ich ganz verschwommen das hübsche Gesicht einer jungen Frau sah.
Sie kniete vor mir, tastete mich behutsam ab und streichelte mich auch.
Sie strahlte eine große Ruhe aus, die auch auf mich überging.
Ich wusste nun: Es ist Zeit zu gehen.
Ganz behutsam rasierte sie meinen linken Vorderlauf.
Ganz behutsam setzte sie eine Kanüle an, obwohl meine Vene kaum noch spürbar war.
Mein Herrchen saß rechts neben mir, nahm meinen Kopf in seinen Arm.
Mein Frauchen saß auf meiner linken Seite neben mir und streichelte über meinen Körper und die Tierärztin Nicola kniete vor mir und begleitete mich mit auf meinen letzten Weg.
Nun verschwamm Alles vor meinen Augen, aber ich spürte bis zum Ende alle drei Menschen, die ganz nah bei mir waren.
Ich wäre ja noch so gerne geblieben, aber es ging nicht mehr.
Als ich das Ende der Regenbogenbrücke erreichte, sah ich plötzlich all meine Hundefreunde, die auch schon rüber gegangen sind: Daika, Leo, Fiete, Jasko, Ben .... und ich spürte auf einmal keine Schmerzen mehr und rannte auf sie zu.
Seid also nicht traurig. Ich schreibe ja weiter über mein Leben und bin glücklich, wenn es Menschen gibt, die mir weiterhin zuhören.
Gianni's Andi
Andi,
ich kenne das Gefühl ganz genau, meine beste Freundin Evita (eine Westi) ist seit 10.04.2018 tot. Mit ihr ist mein Lebenlust auch weg...
mfG
Ewa