Der grosse Stromausfall


Der grosse Stromausfall

Weihnachten wird in Australien auch feierlich gestaltet, nur halt ganz anders wie in Deutschland.
Deutschland hat zu der Jahreszeit Kaelte und Schnee, Australien, auf der anderen Seite des Aequators gelegen, befindet sich im Dezember mitten im Sommer.Viele verbringen Weihnachten grillend, schwimmend und angelnd am Strand. Aber unsere Familie ist deutschstaemmig und Oma und Mama wissen noch wie Weihnachten in Deutschland gefeiert wird. Deshalb liegen bei uns die Geschenke unter einem richtigen gruenen Weihnachtsbaum, der mit roten oder weissen Wachskerzen geschmueckt ist.Hier ist es ueblich, dass alle Jahre wieder der Plastikbaum aus der Versenkung geholt wird. Einmal gut aufgeschuettelt wird er mit elektrischen Kerzen aufgestellt.
Mama und Oma moegen das nicht. Mit richtigem Kerzenschein ist ein Weihnachtsbaum wirklich viel schoener. Tagsueber haben wir sowieso wegen der Hitze die Klima-Anlage an, deshalb verbiegen sich die Kerzen nicht und der Baum bleibt auch laenger frisch. Die Klima-Anlage braucht man an Weihnachten ganz besonders. Es kommt noch zusaetzliche Waerme dazu, weil Mama viele Stunden am Herd steht und leckere Sachen kocht. Vor allen Dingen braucht der Truthahn wegen seiner Groesse ewig, bis er gebraten ist.

Aber letzten Weihnachten kam alles anders. Um die Mittagszeit gab es ein Gewitter, garnicht heftig, aber trotzdem hatten wir Stromausfall. Daran ist man hier gewoehnt. Es dauert manchmal nur 15 Minuten, auch schon mal ein bischen laenger, dann laeuft der Kuehlschrank wieder und man weiss, der Strom ist wieder da. Aber an dem Tag kam er nicht zurueck. Mama wurde ganz nervoes. Was sollte sie zum Festessen servieren. Der Truthahn haette schon laengst in der Backroehre schmoren muessen. Da hatte Papa d i e Idee.“ Wir machen ein Lagerfeuer und stellen den Essensplan um“.
Papa, meine kleine Schwester und ich sind in den Wald, der direkt hinter unserem Haus liegt, und haben trockenes Holz gesammelt. In null komma nix hatten wir ein tolles Lagerfeuer. Vorsichtshalber stand ein grosser Eimer Wasser in greifbarer Naehe, denn mit Feuer muss man in unserer Gegend sehr vorsichtig umgehen, wegen der grossen Brandgefahr. Mama hatte zwischenzeitlich in der Kuehltruhe gestoebert und Oma war frischen Salat aus dem Garten am anrichten. Nun gab es keinen Truthahn. Er hat mir sowieso nie so richtig geschmeckt, sondern Haehnchenschenkel und Brust, auf gruene Zweige gespiesst und immer schoen gedreht, damit sie nicht verbrannten. Wem das zu lange dauerte, konnte Wuerstchen grillen. Oma verschwand zwischendurch in die Kueche und hatte Teig fuer Stockbrot gemacht. Sie kam ganz stolz damit nach draussen, hat uns gezeigt, wie man das Ganze handhaben musste und erzaehlte uns, dass sie das noch von Deutschland aus kennen wuerde.

Auch wenn die Limonade warm war und Papa lieber Tee trinken wollte, wie warmes Bier, war es fuer mich ein Weihnachtsessen, an das ich noch lange und gerne zurueckdenken werde. Nur Oma war etwas genervt. Sie sagte zum Schluss:“Bis naechsten Weihnachten habe ich soviel zusammengespart, dass wir alle zum Weihnachtsfest nach Deutschland fliegen werden“. Hoffentlich liegt dann auch Schnee, denn meine Schwester und ich haben noch nie Schnee gesehen
Abends um neun Uhr kam der Strom zurueck. Die Klima-Anlage wurde auf Hochtouren angestellt und Mama steckte neue Kerzen an den Baum. Die anderen hatte sie naemlich nachmittags abgenommen, da sie sich wegen der grossen Hitze im Wohnzimmer verbogen hatten.

Meine Schwester kam abends zu mir ins Bett gekrabbelt und fragte mich, ob mir der Abend gefallen haette. Oh ja, wir waren uns einig, das war ein toller Heiliger Abend und selig schliefen wir ein. In der Nacht wurde ich wach und merkte erst da, dass meine Schwester ganz vergessen hatte in ihr eigenes Bett zu gehen.

Anmerkung: So hatten unsere Nachbarn ihren Heiligen Abend bei dem grossen Stromausfall gefeiert.




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Kommentare (8)

koala Ich bin bei dem deutschen Wetter nicht auf dem Laufenden. Manche Gegende haben viel Schnee, andere bekommen nur Regen ab. Du wohnst wohl in der Regengegend. Meine letzte Information mit schoenem Bild in unser deutschsprachigen Wochenzeitung war, dass der Kahle Asten im Sauerland Schnee hat und 180 km Loipen gespurt sind. Also auf in's Sauerland.
LG Anita
koala Ich finde es schoen, dass Du das Weihnachtsfest in gemuetlicher und stimmungsvoller Atmosphaere feiern kannst. Gar manche fluechten in warme Zonen, weil sie sich zuhause besonders in dieser Zeit vereinsamt fuehlen.
Geniesse die Feiertage.
LG Anita
koala Als ich Deinen Kommentar gelesen habe, erinnerte ich mich an ein Gespraech vor etlichen Jahren mit dem Leiter unseres Postamtes kurz vor Weihnachten. Fuer die Weihnachtspost sind hier die Briefgebuehren fuer Briefe und Karten billiger. Ich wollte Briefmarken kaufen und er fragte mich, ob ich Weihnachtsbriefmarken brauchte. Nein, sagte ich ihm, ich haette noch keine Weihnachtspost geschrieben. Ich wuerde noch garnicht weihnachtlich empfinden. Er hatte Verstaendnis dafuer und erzaehlte mir, dass es ihm in umgekehrter Form in England ergangen waere, als er dort fuer 4 Jahre wohnte. Ihm fehlte die Hitze und was hier alles noch dazugehoert.
LG Anita
koala Auf die Idee, Weihnachten nochmals in der kalten Jahreszeit zu feiern, sind sie hier auch schon gekommen. Sie versuchten es im Juli. Aber es schlug nicht so richtig ein. Vielleicht haben sie dort, wo es in dieser Zeit kaelter ist und es sogar Schnee gibt, mehr Erfolg damit.
LG Anita
marlenchen richtige weihnachten im sommer ungewöhnlich für mich,aber probieren würde ich es schon mal gerne.wir haben hier auch nicht die winterlichen temperaturen zum fest,sieht eher nach regen aus!War interessant zu lesen,liebe Grüße-und dann schöne weihnachten,marlenchen.
KarinIlona Ja, liebe koala, solcherart Berichte lese ich sehr gern! Aber für mich wäre das wirklich kein "Weihnachtsfest". Ich verreise deshalb auch nicht zur Weihnachtszeit in südliche Gefilde, weil ich unbedingt die gemütliche, weihnachtliche Atmosphäre zu Hause (und sei es bei Schmuddelwetter) genießen möchte. Ich würde es machen wie deine Oma und würde fleißig sparen, um nächstes Weihnachten im Schnee verbringen zu können.
LG Karin-Ilona
girasola Ich finde es wunderbar,dass trotz der großen Entfernung und den ganz
anderen Witterungsverhältnissen so an alten Traditionen festgehalten
wird.Putenbraten könnte ich auch im Sommer essen,aber ein Weihnachtsbaum
im Sommer ist für mich unvorstellbar,und Stromausfall gibt's ja "Gott sei Dank"
hier auch ganz selten.
Danke für die nette Geschichte.LG Rosemarie
immergruen ist Weihnachten für mich unvorstellbar. Tannenbaum trotz Hitze und Truthahn bei 40 Grad ?
Da würde ich auch lieber Stockbrot essen und schwimmen gehen und Weihnachten dann feiern, wenn es kalt ist. Es kommt ja nicht auf einen Tag an?!
Eine nette Geschichte aus einem anderen Teil der Erde, die ich amüsiert gelesen habe.
immergruen

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