Gewinne, Gewinne! Ein Touristik- und Reisebüro aus einer fernen Stadt teilt mir mit, daß im Januar für treue Stammgäste ein Lottoschein ausgefüllt wurde. Mit fünf richtigen Zahlen habe ich 483,10 DM gewonnen.
Leider haben sie mich am 8. Februar 1999 nicht angetroffen. Wir waren tatsächlich zu dieser Zeit zu Hause. Deshalb, so betonen sie in ihrem Schreiben, laden sie mich zu einer Tagesfahrt ein.
555,00 DM stehen bei einem anderen Reiseparadies in Berlin für die Kundennummer 1113333 bereit. Das soll doch tatsächlich meine soo begehrte Persönlichkeit sein! Toll.
Vom CT wird vermeldet, daß am 13. April eine große Gewinnausschüttung stattfindet.
Auch ich gehöre zu den Gewinnern. Ein Betrag wird wohl aus Höflichkeitsgründen nicht genannt, damit der Auserwählte nicht verschreckt wird und das liebe Finanzamt womöglich noch Wind bekomme.
Ein komplettes 170,00 DM Haushaltspaket verspricht die Firms LM .
Tut mir leid.
Alles, Geld und Versprechungen, alles landet im Papierkorb.

4. April
Habe mir höchst wahrscheinlich einen Muskelriss am rechten Oberarm bei meiner Beschäftigung im Bienenwagen zugezogen.
Der plötzlich auftretend stechender Schmerz im Armmuskel erinnerte nachdrücklich an schon Erlebtes.
Oder, war es die Belastung meines Armes vom 1. April, als ich meine bessere Hälfte in den berühmten Monat schicken wollte?
Bin leider kein Herkules, war es auch nicht Zeit meines bisherigen Lebens, obwohl auch ich von kräftigen Muskeln und höchster Wendigkeit geträumt habe.
Es hat halt immer nur für kleine Bäumchens gereicht.
Heute nur noch für ganz kleine, solche, wie im Blumentopf.
Ein Behälter dieser Art steht noch im Garten, darin wachsen wirklich und ohne Flaxereien vier aus Zapfensamen gezogene Thüringer Blaufichten.

Heute ist Großeinsatz auf Gartenparzelle drei.
Jede Menge Pflanzen und Rosen transportieren zwei Autos aus Mahlow kommend hierher.
Elke, Bernd, Dieter und Monika laufen, karren, diskutieren, schaufeln, verteilen und zeigen mit Eifer, daß sie voll bei der Gartengestaltung sind.
Aufmerksame Nachbaraugen begucken das energiegeladene, lebendige Kleingartenbesitzerbündel.
An der Tankstelle erlebe ich eine Überraschung! Die Benzin-Lobby erhöht den Preis von 1,399 gleich auf 1,610 DM!
Der Wein unter dem Terrassendach blutet an vier Stellen. Wer war das?
Sicher Amselfrau Frieda beim Nestmaterial suchen, denn die langen Bastfasern an den Rebstöcken eignen sich vorzüglich.
Stolz präsentiert uns zum ersten Mal Enkelinchen Sica ihre neueste Eroberung.
Klein, zierlich im Bau, sicherlich mit flinken Füßchen, welche modern in arg strapazierten Beinkleidern stecken, begrüßt er brav uns beide Alten.
Sica zeigt souverän Besitzerstolz!
Der liebe Bubi - bitte nimm mir das nicht übel - erinnert mich an meine armselige, voller Unerfahrenheit geprägte Jugendzeit. Der Kleine hat's gut.

Bei uns auf Parzelle eins gibt es heut Wildschweinkeule, scharf gebraten.
Bernd und Elke sind dabei und helfen uns beim Verspeisen. Alles wird ratzekahl verputzt.
Nachmittag kommt der Rest (natürlich von der Familie) zum Kaffee.
Als Revanche wird zum Abend auf Parzelle 3 der große Grill angeworfen. Unsere Sippe erscheint mit vollem Anhang. Wir spendieren Thüringer Rostbratwürschte aus dem Gefrierschrank.

Bei den Bienenvölkern herrscht Hochbetrieb. Wasserholer nutzen das taufeuchte Gras um die junge Brut zu versorgen. Ältere, sammelerfahrene, kommen bereits mit dicken pastellfarbigen Pollenhöschen an, haben es sehr eilig in den Bau zu kommen. Hastig drängeln diese Buntgezeichneten an jungen Wächterbienen vorbei und verschwinden im Flugloch, um ihre wertvolle Eiweißlast persönlich in die Zellen über den heran wachsenden Nachwuchs mit dem Kopf voran einzustampfen. Mit kurzen, tänzelnden Bewegungen informieren sie ihre Mitschwestern wo und wie die mitgebrachten Leckereien zu finden sind.
Immer stärker wird der Flugverkehr.
"Mach' Platz", so summt es um mich herum, "mach Platz".
Im Garten bin ich mit dem rechten Fuß am Bodenbelag in der Veranda hängen geblieben und voll auf die Fresse geflogen!
Hat saumäßig weh getan.

7. April
Gutes Wetter im Garten spornt an zu schöpferischer Tätigkeit.
Ein Teil der grauen Gehirnzellen in meinem Hinterkopf erleben nicht vorgesehene Konjunktur und purzeln fast durcheinander. Stolz bin ich dann auf das Ergebnis: Radies, Zwiebel und Petersilie kommen in die Erde.
Der Garten sieht nun schon ganz gut aus. Frau Ilse ist echt stolz!
Ich versteck' mich in ihrem Schatten.
Zum Mittagessen gibt es als Belohnung für erfolgreiche Werkelei Rindergulasch aus dem Gefrierschrank, dazu Salzkartoffeln und Bautzener Apfelrotkohl.
War das ein Fresserchen!!

(Tagebuch-Notizen(2) aus dem Jahre 1999)

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Kommentare (1)

minu Du schreibst so vortrefflich, dass ich mir das alles sehr gut vorstellen konnte.
Mein Gartennachbar ist bei mir mal in die Stangenbohnen gefallen. Die Stangen,
mit samt den Bohnen und dem Nachbarn, neigten sich ganz langsam zu Boden und sein Hut flog durch die Luft. Ich muss heute noch lachen.
Ich möchte sehen wie Du geflogen bist.
Schadenfreude ist ja bekanntlich , die schönste Freude.
Vortsetzung erwünscht.
Danke, liebe Grüsse
Emy

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