zweiunddreissig Mal


Die Menschen mit Unternehmungsgeist und Neugierde auf das, was wohl hinter dem naechsten Berg liegen mag, zieht es oft in die Fremde.
Manche muessen ihren geliebten Wohnort wegen ihrem Beruf verlassen.
Andere wohnen ihr Lebtag lang im Elternhaus oder ziehen ein paar Haeuser weiter zu einem Partner. Man ist “heimatverbunden.”

In manchen Laendern sieht es anders aus. So auch in Australien.
An erster Stelle von entwurzelten Weissen besiedelt, liegt vielen noch die Unbestaendigkeit im Blut.

Frueher mussten sie der Arbeit hinterherziehen. Von Farm zu Farm zogen die Arbeiter, als Einzelgaenger oder in der Gemeinschaft. Nicht wenige hatten Frau und Kinder dabei. Wenn es ihnen gut ging, hatten sie sogar ein Fuhrwerk mit etwas Habe. Aber keiner besass ein Haus – ein Zuhause.

Noch heute ziehen viele Australier der Arbeit hinterher. Im Rentneralter versuchen sie oft sesshaft zu werden und sich irgendwo ein Haus zu bauen oder zu kaufen.

Ich spaziere jeden Morgen den gleichen Weg durch’s Dorf und bekomme immer mit, wenn neu gebaut wird. Vor 4 Jahren startete jemand in einer ruhigen Seitenstrasse mit dem Bau eines schoenen queenslaender Hauses.

Mit einer vom Bauamt statisch geprueften Bauzeichnung und einer angegebenen Aufsichtsperson kann jeder sein Haus selbst bauen. Er muss vorher an einem Kursus teilnehmen. Hat er die Pruefung bestanden, bekommt er sein Zertifikat. Wenn er dann selbst baut, steht ein Schild auf seinem Grundstueck mit seiner Zertifikatsnummer, seinem Namen und die Buchstaben o b, ( own builder) . Das fertiggestellte Haus wird vor dem Bezug von der Baubehoerde abgenommen.

Ich spaziere jeden Morgen durch’s Dorf und bekomme immer mit, wenn neu gebaut wird. Vor vier Jahren begann jemand in einer ruhigen Seitenstrasse mit dem Bau eines schoenen queenslaender Hauses. Ich konnte lesen , dass er sein eigener Bauherr war.

Nach der Fertigstellung des Hauses wurde ein schoener Garten angelegt. Ein kleines Gartenhaus, auch nach queenslaender Art, eine Sitzecke wo die Baeume, die gepflanzt wurden, spaeter Schatten spenden wuerden und ein kleiner Teich vervollstaendigten das Gesamtbild.

Man sah, dass eine gaertnerische Hand taetig war, denn alles wuchs und gedieh sehr gut. Irgendwann jedoch wirkte der Garten trocken und nicht mehr so gepflegt. Ich nahm an, dass der Partner gestorben sei. Nur ab und zu sah ich sie und wir begruessten uns nur mit “Hallo, how are you” und ein Winken.
Eines Morgens jedoch war sie wieder voll im Garten am Arbeiten, ein junger Hund begruesste mich mit viel Gebell am Zaun und durch ihn kamen wir ins Gespraech.

Sie waren 28 Jahre verheiratet, hatten eine Tochter und sind in ihrer Ehe 32 Mal umgezogen. Ihr Mann verdiente sich sein Geld durch Hausrenovierung. Er kaufte ein Grundstueck, auf das er ein “moved Queenslaender” setzen liess. Manche kennen das von Amerika. Es kommen Spezialfahrzeuge, die ein gebrauchtes Haus von einem Ort zum anderen transportieren. Er war ein guter Handwerker und brachte das Haus auf Vordermann, mit Unterstuetzung seiner Frau. Sie war fuer die Gartenanlage zustaendig. Waehrend der Zeit wohnten sie in einem Wohnwagen, zogen anschliessend in das renovierte Haus und suchten einen Kaeufer. In der Zwischenzeit schauten sie sich wieder nach einem neuen Bauplatz um und das Spiel begann wieder von vorne. Manchmal wurde das Haus auch schon direkt nach der Fertigstellung verkauft und sie zogen weiter. Die Tochter hatte nur einmal in ihrer Schulzeit eine Freundin. Das war gleich im ersten Schuljahr. Danach nie wieder. Wenn in ihre jeweilige Klasse eine Neue kam, hat sie sich ihrer fuer einen Tag angenommen und alles gezeigt. Aber am naechsten Tag hat sie sich zurueckgezogen.

Nun waren beide ueber 50 und sie hatten beschlossen, sesshaft zu werden. Dieses Haus war das erste “neue” Haus, das sie bauten und es sollte auch das letzte sein. Aber nach 2 Jahren wurde der Mann unruhig und wollte wieder weiterziehen. Sie stand vor der Entscheidung Haus oder Mann. Sie nahm das Haus und er zog weiter!!!

Daran musste ich heute denken, als ich an ihrem Haus vorbeispazierte.


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Kommentare (10)

omasigi ich habe hier aehnliche Beobachtungen gemacht wie Du bei den Nachkommen der Europaer.
Sie bauen irgend etwas auf, das kann ein Haus sein oder auch eine Existenz. Dann hoeren sie was von einer anderen Gegend und weg sind sie.
Sie verwurzeln sich nie. Wie oft, wenn ich so etwas in meinem Naeheren Umfeld miterlebte, dachte ich......die armen Kinder. Sie koennen niemals so richtig Kind sein.
Danke fuer diese Geschichte.
gruessle
Sigrid
ridi als ich heute deinen Artikel gelesen habe, war ich sehr erstaunt
wie oft die Leute umgezogen sind, ich glaubte schon, dass ich und mein Mann
viel zu oft woanders hingezogen sind, es waren aber nur 4mal und ich sage
heute noch , ich wäre gerne in meiner Heimat geblieben
sei herzlich gegrüsst von Maria
koala Es hoert sich simpel und einfach an, wenn man es liest. Aber so ganz ohne Buerokratie geht es auch hier nicht. Auch hier hat man anschliessend eine dicke Akte.
Ein lieber Gruss zum Niederrhein von
Anita aus Australien
elise52 möchte ich auch nicht leben, ich kann schon verstehen wenn sie nicht mehr will.
Irgendwann will jeder eine Bleibe ein Zuhause haben.
Bauen leicht gemacht, wenn ich hier an den Papierwust denke...

Liebe Grüße Gerda
koala Ich hatte gestern das Bild von dem Haus fotografiert und ich hatte mich mit der Frau unterhalten. Die Tochter ist tatsaechlich zur Zeit 'sesshaft'. Sie hat eine 7 Monate alte Tochter und ist sogar verheiratet. Heiraten ist hier sehr "unmodern". Man hat einen Partner, den man leicht wechseln kann.
Es gruesst Dich
Anita
koala Ich denke auch, dass jeder Mensch einen Ort braucht um zu wissen wo er hingehoert. Aber hier haben anscheinend viele nicht das Gefuehl. Dafuer gibt es genuegend Beispiele um uns herum.
Ich wuensche Dir ein schoenes Wochenende an der Lahn
Anita
koala
Danke fuer Deine Worte. Hier ist ein Nomadenleben bis ins hohe Alter einfacher. Man muss das Land kennen, dann kann man das verstehen.
Gruss
Anita
outofspain In Frankreich geboren, mit drei Jahren kurze Stippvisite in Deutschland, mit vier wieder nach Frankreich. Einschulung, einige Jahre in die Schule gegangen.Mit 11 zurück nach Deutschland. Dort alle drei Jahre umgezogen, ich hatte auch keine Freunde. Es war jeweils zu kurz, um Freundschaften zu schließen.
Verstehe diese Frau sehr gut,irgendwann muss Schluss sein.

Gruß Mo. die nun sesshaft ist und jede Menge Bekannte und auch einige gute Freunde gefunden hat.


tilli Wenn man älter wird,will man sesshaft werden.Aber dieser Mann,will weiter
ziehen.Wie lange noch?Ich denke ,sie nam das Haus,weil sie weiß,wenn er müde sein wird,kommt er Nachhause.Jeder Mensch braucht ein Ort,wo er bleiben wird.
Schöne Geschichte.
Viele Grüsse Tilli.
nasti ist Macht der Gewohnheit

liebe Koala

und ich habe dafür viel verständnis, wäre ich am liebsten eine Nomadin.

Grüßt

Nasti

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