Unser 25. Stammtisch

Autor: ehemaliges Mitglied






Alles begann mit einer Ideensammlung während unserer Kanalfahrt mit dem Alsterdampfer im Mai dieses Jahres. Ganz schön kreativ, die Mitglieder vom Treff Hamburg und Umgebung und auch ganz schön aktiv, wie ich - nach etwas längerer Auszeit vom ST - feststellen konnte. Und gewachsen ist die Gruppe auch, die an den Treffen, dem Stammtisch (mit Kaffee und Kuchen) und den Ausflügen teilnimmt. Diesmal war der Treffpunkt der S-Bahnhof Veddel, denn es war ein Rundgang durch das Auswanderermuseum BallinStadt vorgesehen. Nicht gewusst hatten wir, als wir den Termin ins Auge fassten, wie aktuell das Thema sein würde für uns angesichts der gegenwärtigen Flüchtlings- und Asyldebatte; konnten wir doch durch dieses Museum einen kleinen Einblick gewinnen, was Menschen so auf sich nehmen wollen oder müssen, wenn sie in der Heimat nicht mehr leben können.


Auswanderermuseum BallinStadt

Aber beginnen wir am Anfang:

Um 12 Uhr trafen sie sich - sie das waren: Anje 43, Zeitlose, Troll, HanneloreHH, Mullemaus, Krabbe, Bombeiro, Senic - auf der Elbinsel Veddel, am S-Bahnhof.

Ich war inzwischen auch mit dem Rad beim Ausstellungsgelände angekommen und freute mich sehr, nach langer "Abstinenz" bei den Stammtisch-Treffen bekannte und neue Gesichtern (Treffmitglieder sind natürlich gemeint) zu sehen.


Auf dem Gelände der "BallinStadt" sind drei rekonstruierte Original-Auswandererhallen in denen die Ausstellung untergebracht ist.




Nach dem wir die Frage des Gruppenrabattes geklärt hatten, es fehlte uns das erwartete 10. Mitglied,




konnte unsere Reise in die Welt der Auswanderer beginnen.


Übrigens, es sind dort über 1500 Exponate aus der Zeit zwischen 1850 und 1934 zu sehen, "die das Leben der Auswanderer begleitet haben", wie es im Flyer der Ballinstadt heißt.


Zuerst ging es ins Gebäude 2, in welchem wir darüber informiert wurden, aus welchen Ländern die Auswanderer kamen, welchen Weg sie auf sich genommen hatten und vor allem auch warum.

Beeindruckend gleich am Eingang die Plakate, die Werbung der Schiffslinien, für eine Fahrt nach "Übersee"




und die Gepäckstücke, mit denen damals die Menschen reisten und in denen bei vielen von ihnen die Habseligkeiten verstaut waren, die sie noch übrig hatten und die mitgenommen werden sollten, nachdem sie zuvor zu Hause alles verkauft hatten was sie besaßen, sofern sie überhaupt etwas zum verkaufen hatten, um die Überfahrt zu bezahlen.





Interessant war es auch für manchen unter uns, die damalige Mode zu sehen, die uns teilweise sehr bekannt vorkam - Mode wiederholt sich, sagt man ja, oder…








Beeindruckt war ich davon, dass es eine Grenze gab die überschritten werden musste, wenn man in die Auswandererstadt gehen wollte.




Deutlich wurde darauf hingewiesen, dass die Auswanderer natürlich einen Reisepass haben mussten, ein Ticket für die Schiffspassage und selbstverständlich Bargeld, und dass sie, neben der Tatsache, dass sie sich duschen müssen, auch ärztlich untersucht würden und das Gepäck desinfiziert. Und ich fragte mich, was die Flüchtlinge auf sich nehmen müssen, die heute über das Meer gehen, um in kleinen Booten an der Grenze Europas anzukommen.


Was ich nicht so schön fand, was aber menschlich ist, und auch heute noch immer wieder erlebt werden wird, wie ich vermute - auch unter Auswanderern gibt es Neid und Missgunst, selbst dann, wenn sie denen, die sie einlanden nachzukommen, dass symbolische Versprechen gegeben haben, ihnen die Hand zu reichen.




Auf der kleinen (hier deutlich vergrößerten) Karte sind die beiden Kontinente zu sehen und die auf der amerikanischen Seite stehenden (meist deutschstämmige) Juden, die ihren Glaubensbrüdern aus Russland die Hand zum Sprung über den Atlantik reichen, wie es auf der Tafel "Das Versprechen" heißt. Dass sie jedoch nicht immer mit offenen Armen empfangen wurden wird aus einer im Wortlaut zitierten Passage eines Artikels der Zeitschrift "The World’s World" deutlich, in dem es heißt: "Aus Angst, dass die Einwanderung ihr Sozialprestige verletzen würde, versuchten die deutschen Juden bei den uniformierten Amerikanern den Eindruck zu erwecken, dass der russische Jude auf einer niedrigeren Stufe stehe."
Ich hätte niemals vermutet, dass innerhalb von ca. 40 Jahren (von 1880 bis 1920) über zwei Millionen allein nur jüdische Flüchtlinge den New Yorker Hafen erreichten.


Über diese und andere Hintergründe wurden wir während der gesamten Ausstellung sehr beeindruckend informiert,



wurden bekannt gemacht mit dem Gründer der Ballinstadt, Albert Ballin, seinem Leben und Wirken,








bekamen einen Eindruck von der Größe und der Aufteilung der Auswanderer-Schiffe,




konnten ein Blick auf Passagierlisten werfen




und erhielten Informationen über die Situation der Reisenden in den unterschiedlichen Klassen unter Deck.









Interessant waren auch die Statistiken und Informationen über die Zahl der Auswanderer, die Länder und die Gründe, die die Auswanderer aufnahmen, ja sogar manchmal auch um sie warben. Die "neue Welt" brauchte ja Fachleute, wie wir heute sagen, und das ganze ohne entsprechende Green-card - nur krank durfte keiner ein Schiff betreten - eine sich ausbreitende Krankenwelle konnte damals ja gar nicht aufgehalten werden.









Es gab Informationen über die Länder, in die die Menschen auswanderten




und auch eine kleine Sammlung von Medien, die die "Heimat" in den Herzen der Menschen am Leben erhalten wollten.




Nach diesem sehr ausgiebigen und informativen Rundgang ging es weiter ins Gebäude 3 in dem wir gleich zu Beginn noch einmal auf die Situation der Kinder aufmerksam gemacht wurden. Die Frage nach: "Was würdest du mit nehmen?" löst heute bestimmt größeres Nachdenken aus als zu damaliger Zeit.





Auf vielen Informationstafeln die im rekonstruierten "Schlafsaal" der Ausstellung aufgestellt waren,




wurden wir darüber informiert, wie es den Menschen erging, die hierher gekommen waren, um von hier aus ein Schiff zu besteigen, um in die Fremde zu gehen. Sie wussten, dass sie vielleicht nie mehr ein Möglichkeit zu haben würden ihre Familie, die zurückgeblieben war, wieder zu sehen. Aber die Hoffnung, dass es ihnen dort, wohin sie unterwegs waren, einmal besser ergehen wird als an dem Ort, woher sie kamen, ließ sie viel Unbill ertragen.


Hier nur ein Beispiel für viele der aufgestellten Tafeln.





Nachdem wir uns alle informiert hatten über das Leben in der Auswandererstadt waren wir froh im Restaurant "Nach Amerika" einen Platz zum Sitzen zu haben und eine Speisekarte; denn auch Museumsbesuche machen hungrig. Ich fand es lecker, das Labskaus, das dort vom Koch selbst zubereitet wird, wie uns die freundliche Kellnerin versicherte - also keine aufgewärmte Dosenware.




Auch von den Rösti mit Lachs




und der Currywurst




habe ich keine Reste auf den Tellern gesehen, als wir zum Treffen mit den anderen ins Cafe Wirth aufbrachen.


Die Anderen, das waren Nordstern und Nordlichtt, und mit ihnen gemeinsam saßen wir dann in großer Runde und ließen es uns, wie immer dort, gut gehen.




Nach vielem Erzählen, Plätze tauschen, damit mal jeder mit jedem reden konnte, planen was als nächstes ansteht und was wir wann machen könnten, nach viel Kaffee und Kuchen, gingen wir dann am sehr späten Nachmittag auseinander - nicht ohne uns zu versichern, dass es wieder ein gelungener Tag war und wir uns auf das nächste Mal freuen.

Und das tue ich und hoffe, dass wir wieder so eine große Runde sein werden - ich hatte sie alle vermisst während der Zeit, in der ich nicht dabei sein konnte.

Nicht vergessen möchte ich hier meinen herzlichen Dank an das Management des Auswanderermuseums BallinStadt, dass wir die Bilder veröffentlich dürfen.

Und auch darauf hinweisen, für Interessierte, dass es in der BallinStadt kostenfrei möglich ist, nach Familienangehörigen zu forschen, die ausgewandert sind.



tranquilla





Sehenswert finde ich auch


Ein Spezial über die BallinStadt - aus dem Jahre 2008

BallinStadt Hamburg - aus dem Jahre 2010

Hamburg BallinStadt - aus dem Jahre 2013

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