Den Text bitte schnell, laut und ohne Pausen lesen wie er entstanden ist![/size]



So ist es immer, wenn ich schreibe: [size=14]




Wenn Sand mit durch die Finger rieselt/und die Stundenuhr sich zu leeren beginnt/und mir keine Worte in den Sinn kommen/und die Zeit in Jahrhunderten vergeht/und mir mein Vater vor hundertfünfzig Jahren begegnet/und ich meinen Cousin an der Ostfront fallen sehe/und das Eisen in der Sonne schmilzt/und der Sommer immer noch gefroren ist/und kein Ende nimmt, ehe die Trauben verloren sind/und wenn es schon so ist/und ich an den Trauben vorüber ziehe/und sich niemand daran stört/und der Wind meine wenigen Worte auseinanderbricht/und die Wolken murrend leeren Inhalt regnen/und ich mich in mir nicht mehr erkenne/und am Morgen ich mich übersehe/und deswegen das Grün der Wiesen versäume/und Ziegen darauf Blumen und Klee abweiden/und es regnet, wenn darüber Drachen hinweg ziehen/und in der Ferne Donner kriegerischen Streit ankünden/und das Wasser des Rheins in meine Wohnung dringt/und ich nicht rechtzeitig, den Zug zu meiner Arbeitsstätte erreiche/und die vielen mit Langeweile gefüllten Waggons an mir vorüber rattern/und meine Gegenwart ignorieren/und die Zeit in Jahrhunderten vergeht, bis der nächste Zug kommt/und es immer noch so ist, als wäre ich ein Globetrotter, der übers Land zu Maria vom Veit auf Berg Massinov pilgert/und unter meinen Füßen die Krumen der Äcker mich festhalten wollen/und sie sagen, ich gehöre in diesen Kreis, den sie umschließen/und es soll bald alles in eine neue Ordnung kommen/und sie wollen mich nicht ziehen lassen/und ich finde mich selbst schließlich doch nicht mehr in mir/und wenn es denn so ist, gehe ich mich suchen/und Ausschau halten nach mir/und ich werde in mich gehen/und die Zeit werd´ ich überhören/und mich im Tod in mir gewahr nehmen/und genau in dieser Stunde die Flinte ins Korn werfen/und dann singe ich ein letztes Mal das Lieblings-Chanson „Friede mein“, von meinem Cousin gedichtet und komponiert/ und wenn er es vernimmt, dann sucht er mich/und außerhalb des Irdischen können wir uns treffen/
und es wird die Wiedersehensfreude riesig groß sein/und wir grüßen uns umarmend/und sagen, das Leben leben hat sich gelohnt/und so wird es immer sein, wenn sie jemand in die Grube sinken lassen/und der Tod soll alles bereinigen/und der Sommer will immer noch kein Ende nehmen/und das Eisen in der Sonne schmelzen/und mein Cousin des Kämpfens müde sein/und es wird die Waffen nicht mehr geben/und es wird die Zeit nicht mehr geben/und auch den Frieden nicht/und meine Sinne werden keine Worte mehr benötigen/und der Sand nicht mehr durch meine Finger rieseln/

Und dann – und dann wird das Schreiben ein Ende haben.


Autor : Horst Ditz





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Kommentare (3)

marlenchen ist leben in uns, aber schön zu wissen, dass ein treff außerhalb des irdischen sein wird,
und kein sand mehr durch die finger rieselt! doch schön, dass wir leben durften!
lieb horst , danke für deine so wunderbar außergewöhnlichen zeilen.
es grüßt dich lieb marlenchen
immergruen Atemlose Aufzählung von Erlebtem, Gesehenen, Gehörten, Gelebtem, Geliebtem, Gelittenem, Erfahrenem, Versäumtem, Unerfülltem Leben. Noch ist nichts zu Ende. Noch ist für alles Platz und Zeit.
Noch!!!
Liebe Grüße von immergruen
pelagia Aber noch leben wir, mit all den unzähligen, in Wünschen und Unwirklichkeiten verwobenen Gedanken und da ist es gut, manchmal an den Frieden zu denken, an die Ruhe die kommt und dann wieder offen sein für die Frühlinge und Sommer und die Worte und und und
und für die lieben Grüße von Deiner Freundin
Inge






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