„Es gab nichts, was die Radeberger nicht gemacht oder probiert haben“


„Es gab nichts, was die Radeberger nicht gemacht oder probiert haben“
Anmerkungen zu den Vorträgen anlässlich der Eröffnung der Ausstellung zum Industriestandort Radeberg
Es konnte eigentlich nichts Besseres passieren, als das man zum Beginn der neuen Ausstellung „Industriestadt Radeberg“ die profundesten Kenner der Materie zu Einführungsvorträgen einlud. Sowohl für Bernd Rieprich als auch für Dietrich Mauerhoff die Gelegenheit aus ihrem nahezu unermesslichen Fundus an Wissen und gesammelten Materialen und Belegen zu schöpfen. Und es war durchaus auch ein gewisser Stolz bei beiden zu spüren, welchen nahezu riesigen Beitrag die eigentlich kleine Stadt Radeberg zwischen 1858 und der Gegenwart zu leisten im Stande waren. Dietrich Mauerhoff, der sich speziell dem Thema „Glas aus Radeberg“ widmete, fasste die innovative Leistung der Radeberger Glasindustrie in die Worte „Es gab nichts, was die Radeberger nicht gemacht oder probiert haben!“
Den sonnabendlichen Eingangsvortrag hielt Bernd Rieprich, ausgebildeter Diplomingenieur auf dem Gebiet der Elektronik/Elektrotechnik und langjährig bei Robotron tätig. Er ist zurzeit das Nonplusultra an Wissen zu Radebergs vorindustrieller und industrieller Geschichte. Es gibt praktisch Nichts, was Bernd Rieprich nicht durch entsprechende Recherchen auch tatsächlich belegen kann. Was die Schlossherrin Katja Altmann in ihrem Eingangsstatement dazu veranlasste Bernd Rieprich ausdrücklich nochmals für seine profunde Mitarbeit an der Ausgestaltung der Industrieausstellung zu danken. Und er meisterte nicht nur dies. Auch sein durchaus schwieriger Vortrag, eine Übersicht zur Entwicklung der Industriestadt Radeberg von seinen Anfängen im 19. Jahrhundert bis zum Ende des ersten Weltkriegs zu geben, kam an. Aus dem Spektrum der fast 60 Klein-, Mittel- und Großbetriebe, die sich seit 1858 in Radeberg etablierten, griff er die markantesten heraus. Dabei hatte er durchaus noch Gelegenheit auf das eine oder andere Detail pointiert einzugehen. Seine Präsentation wurde unterstützt von einem gut ausgewählten Bildmaterial. Trotz der Vielfalt gelang es ihm auch hier, die Zuhörer mitzunehmen, hatte doch fast jeder der Anwesenden irgendeinen Bezug zur Industriestadt Radeberg. Die in seinen Schlussbemerkungen genannten Felder der Entwicklung der Arbeiterschaft in Radeberg, die vielen erstmaligen Versuche in der Stadt soziale Fragen sinnvoll zu lösen und die Rahmenbedingungen für eine sich entwickelnde Stadt zeigten auf, welches immenses historische Forschungspotential in der Stadt noch zu nutzen wäre.
Im Nachmittagsvortrag konnte man den Diplomingenieur Dietrich Mauerhoff erleben. Seine nun schon unzählig zu nennenden Veröffentlichungen zur Glasindustrie qualifizieren ihn zu einem herausragenden Fachmann. Und so widmete er sich nicht dem Ablauf der Geschichte der Glashütten im Detail sondern präsentierte den Zuhörenden in einer leidenschaftlich vorgetragenen Art und Weise das Thema „Glas in Radeberg“. Das Besondere an dieser Art und Weise des Vortrags, praktisch jeder Anwesende hatte mit einem der früheren Radeberger Erzeugnisse persönlich schon Kontakt. Aus der Vielzahl der Produktenpalette hatte Mauerhoff mitgebracht: Lampenschirm und Beleuchtungsglaskörper, Schnapsgläser und Bierseidel, Aschebecher und Schmuckstücke wie eine Veilchenvase. Zu jedem vorgezeigten Stück eine lebendige Kurzgeschichte aus der Vielzahl der Glashütten. Und dabei nicht nur historische Details zum Werden und Vergehen von Industrieproduktion, sondern auch Probleme zur Fertigung und deren Folgen für Radeberg. Von 1858 bis 1992 gehörte die Glasproduktion im industriellen Sektor zur Radeberg. Dietrich Mauerhoff selbst musste von 1990 bis 1992 sozusagen die Liquidation einer nicht nur industriellen Blütezeit als verantwortlicher Werkleiter umsetzen, er hat auch immer die kulturelle und soziale Komponente in seinem Vortrag und in seinen Publikationen betont.
Beiden Vorträgen immanent, Radeberg konnte in seinen wichtigen Phasen der Industrieproduktion stets eine ungeheure Innovation auf der Habenseite verbuchen. Dies dürfte durchaus auch für die Zukunft ein tragfähiges Konzept sein. Wenn die neue Industrieausstellung dazu beiträgt, samt dem vorzüglichen Wissen um das „Darum“, ist ein neuer Abschnitt kultureller Aneignung historischer Details gegeben.

haweger

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