seniorentrefflich erinnert...:-)


*Das sind die Starken, die unter Tränen lachen, eigene Sorgen verbergen und andere glücklich machen*;

"das hat schon der Grillparzers Franz gemeint"

hörte ich heute morgen den Willi antworten, auf die frage von Muhamed, während er käffchen für sich, Willi und mich vorbereitete, diesen wie jeden morgen, gemeinsam auf der bank vor dem zeitungskiosk zu trinken, den neuen tag zu begrüssen:

"was hat denn die Trude Herr, die heute "80" geworden wäre, so stark gemacht?"

"erzähle ich dir gerne, Muhamed...nur...magst mir meine stange Eve reichen, der kettenraucherin Trude Herr zu ehren und erstmal dich erinnern:

meinen kaffe bitte schwarz!"

und von der bank tönte Willi, seinen hut gegen den wolkenlosen blauen himmel schwingend, lachend mit diesem gewissen, fülosofischen unterton in seiner stimme:

"dick war sie...aber niemals doof!"

und dann zu mir gewandt:

"erinnerst du dich pilli, als sie sahnetorte geniessend, empört auf der bühne zu dem ratschlag, diät zu halten, konterte:

*Du weißt genau, dat sin bei mir de Drüsen!*

das bühnenbild vor augen, prustete ich los und doch sorgsam darauf achtend, den heissen kaffee bloss nicht zu verschütten; hatte doch Muhamed gestern morgen ratzfatz seinen preis für *coffee to go* erhöht.

"dabei war sie nicht nur tingeltangel-tante"

fuhr Willi fort, seine erinnerungen an Trude zu schildern,

"sondern eine type, wie sie echter, kölsches lachen und leiden
nicht präsentieren konnte. spürten doch die zuschauer gut, wie sich in den bühnentexten melancholie mischte mit selbstironischen bemerkungen, aber auch mit kritischen seitenhieben auf das, watt ihr so suspekt erschien:

datt janze gedönz mit dem offiziellen Kölner Karneval..."

"jou Willi",

bestätigte ich seine worte, nun mit käffchen und ziggi gut gestimmt und bot Muhamed an:

"wenn du wirklich wissen möchtest, watt die kölsche seele so bewegt, wenn die sich an dat vollblutweib Trude erinnert, dann lies mal bei gelegenheit, was der Gérard Schmidt in seinem Buch:

*Trude Herr – „Niemals geht man so ganz…“ –Ihr Leben.* geschrieben hat:

„Sie hat das Volktheater um ganz neue Themen bereichert. Ihre Komik war nicht seichte Unterhaltung, sondern Hohnlachen auf unsere Zivilisation. Mit bürgerlichen Maßstäben ist das "Naturereignis" Trude Herr nicht zu fassen“

und schon zwinkert Willi dem Muhamed zu, erhebt sich von der bank, breitet die arme aus und verkündet lauthals, als stünde er im Hyde Park auf einem seifenkarton:

*Arme Leute sind Kühe, die von euch gemolken werden*

"dat würde Trude heute genau so sagen, wenn sie erführe Muhamed, wie teuer du den kaffe an mich armen, vom leben gebeutelten senioren verkaufst!"

ob nun die kölsche komödiantin wilde und wüste drohungen dem Muhamed von wolke 7 ins hirn sandte, weiß ich nicht zu berichten aber immerhin, Muhamed flitzte wie von der tarantel gestochen, in seinen kiosk und erschien bald mit zwei pappbechern, randvoll mit dem heißen und schwarzen getränk und der ansage an Willi und mich:

"ich gebe ne kaffeerunde aus; auf Trude!"

und dabei hatte er jetzt seine funkelnden dunklen augen zum himmel erhoben, als wüßte er die stelle, von der Trude Herr die Kölschen und vielleicht auch uns drei beobachtet.

seine sorge ob der rache der himmlischen Trude und ihrer art auf erden, sich darzustellen, war nicht unbegründet, erzählt doch ihre ehemalige Regieassistentin Katja Schwiglewski auf den seiten des WDR am 15.03 2006:

"Sie verachtete alles Bürgerliche, war kompromisslos, von Fernweh getrieben, Wüsten- und Südseefan. Sie war Literaturfan und Kettenraucherin, mißtrauisch und verletzlich. Eines ihrer Anliegen als Schauspielerin: sie wollte genau die Momente einfangen, in denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Auch 15 Jahre nach ihrem Tod ist Trude Herr, die "Duse der Severinstraße" nicht vergessen."

"schaut mal"

winkte Muhamed dann mit einer tageszeitschrift, der "Kölnischen Rundschau":

"das schreibt der Stefan Volberg zu eurer Trude und ihrer schwester Agy; ich lese euch das vor:

"Schwierig war sie, sagt Agy, „weil sie immer sagte, was sie dachte. Da sagten viele: Wat es dat e Freese“, also ein Ekelpaket. Derb konnte Trude auch in der Sprache sein, aber gewisse Grenzen hat sie doch nie überschritten. „Außergewöhnlich und ernsthaft“ hat Agy ihre Schwester in Erinnerung. „Und sie wusste, wo der Humor herkommt.“

Wohl auch deshalb hatte sie gleich Erfolg, als sie sich als Büttenrednerin im Karneval profilierte. Bis sie eine Parodie als „Karnevalspräsidentengattin“ zum Besten geben wollte. Das wurde ihr verboten. Karneval sei, wenn man hinter die Kulissen schaut, humorlos, befand sie.

Trude, „die Herr, die keine Dame war“, wie die Rundschau einmal schrieb, spielte in Filmen etwa mit Heinz Erhardt, Conny Froboess, Peter Kraus. Künstlerisch, weiß Gigi, habe sie nichts davon gehalten; ihr war aber bewusst, dass sie den Zeitgeschmack des Publikums trafen und erfolgreich waren..."

unsere schrille, jecke Trude und ihre lieder u.a. auf der cd " Ich sage, wat ich meine" konserviert und bei amazon gelistet, sind nicht vergessen; sei es:

"Föhlenz"; "Manchmol"; "Älter sein"; "Die Stadt" und nicht zuletzt:

"Niemals geht man so ganz" mit der textstelle, die nicht nur für Kölsche zum geflügelten wort wurde:

"wenn man abschied nimmt, geht nach unbestimmt..."

leise summen Willi und ich jetzt das lied und wer mag, klickt den link zu youtube an und stimmt ein, in das von Trude Herr, Wolfgang Niedecken und Tommy Engels gesungene lied:

http://www.youtube.com/watch?v=zTC_KuuBrNY



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