Schon wieder ein Nachruf
Der Winter ist gestorben. Hast du keine Nachricht bekommen? Oh, das wundert mich aber; du hattest immer solch ein gutes Verhältnis zu ihm, und dann sagte Dir niemand Bescheid?
Ja, er ist in der letzten Woche von uns gegangen, aber glaube mir, es war ein stiller Abschied! Regen, dazu Temperaturen in einem Celsiusbereich, der ungewöhnlich ist - aber leider kein Frost. Es war wirklich eine leise Angelegenheit.
Vorausgesehen? Natürlich konnte man es voraussehen, was denkst du denn, aber irgendwie kommt es immer so plötzlich, nicht wahr? Aber man muss doch weitermachen, »the show must go on«!
Ob mir das etwas ausmacht? Nun ja, ich lebe ständig mit der Tatsache, dass es einmal vorbei ist. Es ist schließlich der stetige Ablauf eines jeden Jahres, nicht wahr? Das Ableben gehört genau so dazu wie das Neuwerden! Geburt und Tod sind unumkehrbare Tatsachen, die wir niemals ändern können.
Er verstarb also in der letzten Woche, er ist ganz einfach ertrunken in den kalten Güssen, die Mutter Klimata ihm gegeben hat. Ja gut, ich weine ihm auch ein paar Tränen nach, es wäre gelogen, wenn ich das verneinen wollte. Es waren doch wirklich eine Reihe von schönen Tagen dabei - aber hilft mir das weiter?
Ich kann nun bestimmt nicht allem Schönen hinterher laufen, nur um dem Negativen aus dem Weg zu gehen.
Nein, nein, ich weiß nicht, wann die Abschiedsfeier sein soll, keine Ahnung. Wer richtet die wohl aus? Würdest du denn auch kommen?
Ich? Natürlich bin ich dabei, ich habe schon ein hübsches Blumenarrangement bestellt: Wunderschön drapierte kleine Gänseblümchen mit Winterlingen.
Die Rede? Keine Ahnung, wer die hält. Warum ich? Nein, das schmink dir ruhig ab, ich kann da nicht reden. Ich hatte dem Sommer damals schon eine Erinnerungsansprache mitgegeben, erinnerst du dich?
Ja, genau, das waren die Worte damals: »Kurz ist die Zeit usw.«
Nein, meine Liebe, dieses Mal soll das schon ein Anderer machen.
Ja, nun ist er dahingegangen, der Winter, vor einigen Tagen noch machte man Witze über ihn, nicht wahr?
»Der Schneefall fand an einem Dienstagnachmittag statt, zwischen 14 und 17 Uhr!« las ich da noch kürzlich.
Nein, du hast vollkommen Recht, das hat er nicht verdient, er tat alles, was in seiner Macht stand, er wollte uns gefallen; gegen höhere Mächte jedoch konnte er nichts ausrichten. Nun, wir werden ihn in Würde verabschieden, nicht wahr? Ich jedenfalls behalte ihn im Gedenken an schöne Tage. Das war er mir wert!
Vorhin traf ich seine kleine Schwester »Frühling«.
Ein ganz liebliches Mädchen, mit ihr kann man auch ganz gut auskommen, glaube ich.
Ich hoffe, sie übersteht diese ganze "coronaren" Aktionen glimpflich.
Lass uns das Beste dazu tun, ihr dabei zu helfen, einverstanden?
©by H.C.G.Lux
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