„Peak Alex“ oder „Ich brauche noch dreißig Jahre“
Unter den Linden, Brandenburger Tor, Straße des 17.Juni
Ein Freitag, zwei Tage vor dem Tag der Deutschen Einheit.
Die Sonne verspricht einen schönen Tag, zumindest hier in Berlin. Und „rbb“ ist auch der Meinung.
Also los! Wir schnappen unsere Kameras und nehmen einen der Busse der Linie M11, immer den, der kommt, oder, wo die Menge Mensch zeigt, dass ein Bus fällig ist, entweder nach Schöneweide oder nach Gropius-Stadt.
Schöneweide: da nehmen wir die S-Bahn, fahren bis Herrmannstraße, um da die U8 zu bekommen.
Gropius-Stadt: da kommt die U8 von Rudow.
Die U8 nach Wittenau rollt uns zum Alexanderplatz, also rein ins Berliner Leben.
Wir wollen heute das höchste Monument in Berlin besuchen: den Fernsehturm, ich nenne ihn „Peak Alex“. Zuerst kauft man die Besucherkarten – bitte bar oder (nur) Credit-Card (man ist international!).
Wir haben vierzig Minuten Zeit, bis uns einer der Aufzüge im schlanken Betonrohr nach oben zur Aussichtsgondel hievt – manches Mal kannste Stunden warten, so ein Andrang.
Wir sind um den Turm mit seinen so ulkig angeordneten Auslegern gegangen, da gibt es schon Motive. Da gibt es noch einen erhöhten Rundgang, auch den haben wir abgelaufen. Ein paar schneeweiße Wolken schwimmen im herrlichen Blau des Tages.
Die Wartezeit ist um. Eintreten. Das zeigt eine Tafel an, Besuchernummern gruppiert. Wir kommen in den engeren Kreis der „Auserwählten“. Das Ticket mit dem Piktogramm liest ein Automat, schaltet von rot auf grün, durchquetschen durch so eine Sperre, wir sind schlank genug. Trinkflaschen bleiben gefälligst draußen.
Und dann stehen wir vor dem Maul mit den zwei Türen zu den Aufzügen. Abzählung. Man muss zusammenrücken. In der Aufzugkabine andächtige Spannung, man starrt auf die Anzeige über der Kabinentür, die Zahl der Höhenmeter wächst und wächst. Wir schlucken, der Druckausgleich! Die Tür geht auf, Leute schauen uns entgegen, wollen wieder runter.
Hell ist es hier oben in der Aussichtsgondel (oder wie nennt man den kugelförmigen Kopf des Turmes). Riesige Fenster ringsum, nur Rippen teilen den Ausblick nach allen Seiten in Sektoren.
Man muss ein wenig Geduld haben, um an die rundum begrenzende Laufstange zu gelangen. Zwei Möglichkeiten, sich zu orientieren. Entweder die ausgelegten Beschreibungen zum Ausblick zu studieren und mit dem Wirklichen da draußen, da unten zu vergleichen, zu bestaunen. Oder man nimmt den Fotoapparat in die Hand und schießt und schießt und schießt, dann und wann einen Positionswechsel vornehmen. So gehen wir vor. Wir rufen uns leise das Entdeckte zu, wir zoomen, fragen uns, was wir zu Hause noch näher untersuchen wollen. Aber knipsen, knipse, knipsen – was wir haben, können wir mit nach Hause nehmen, was nicht … beim nächsten Besuch!!
Fünfzig, hundert und immer noch Bilder. Batteriewechsel. Über eine Stunde brauchen wir, um einmal rund herum geguckt und bestaunt zu haben. Man könnte das Ganze noch einmal abgehen – Füße, Beine und Magen fordern Rücksichtnahme. Und nach ganz kurzer Wartezeit vor den Aufzügen geht es wieder runter mit ganz schön hoher Geschwindigkeit. Die Erde hat uns wieder. Ist das für heute Alles? Machen wir doch einfach mal etwas ganz Exklusives: wir gehen hier in Berlin Bayerisch Essen!
Gesagt, getan. Ein ganz toller Tag. Doch nun? Welches Bild klebe ich an diese Beschreibung?
Mein Fazit: mindestens dreißig Jahre werde ich brauchen, um Berlin in jeder Ecke kennengelernt zu haben. Zu zweit bräuchte man nicht die Hälfte der Zeit, nein dann schwelgt man, braucht die doppelte Zeit.
ortwin
Ich wünsche dir von Herzen die noch gebrauchten 30 Jahre für dein Berlin zusammen mit deinem Spatz.
Mit lieben Gruß
Ingrid