November - ein Schicksalsmonat........


... ich hasse ihn. Auch nach so langer Zeit - ein halbes Leben oder mehr- verfluche ich diesen Monat, der mir alles nahm.
Tief ist es eingebrannt in mir - mir tut noch immer meiner Seele weh.
Es war 1953 und DDR - meine Mutter im Krankenhaus - ich mit Fahrrad unterwegs - es stürmte und war kalt - vor 7 Tagen hatte ich meinen 13-ten Geburtstag ohne Mutti. Ganz allein.
Doch, Omi und Omama kamen und stritten sich sofort.
Ich lief davon....suchte Schutz bei meiner Freundin und deren Eltern.
Doch an diesem Tag, es war der 3.11.53, saß ich bei Mutti im Krankenhaus und hielt ihre Hand.
Es schien, als freute sie sich, doch das Lächeln verstarb in einer Bewußtlosigkeit.
Sie lächelte nicht mehr..................drückte auch nicht mit ihren Fingern unsere Morsezeichen.
Sie hielt einfach nur fest - wie erstarrt und eingefroren.
Langsam stieg Panik in mir auf - sag doch was - nein, es kam kein Ton. Zusammengekettet lag ich auf ihrem Bett und Körper drauf und bemühte mich zu lösen, was mir nicht gelang.
Ich gab auf - blieb liegen, ganz nah bis zum letzten Atemzug.
Nichts bewegte sich mehr und mir wurde bewußt, sie ist gestorben und lebt nicht mehr.
Mein Schluchzen und nach Hilfe rufen, hatte man wohl doch gehört und eine Schwester kam zur Tür herein.
"Komm hier weg", waren ihre Worte........
Nein, ich wollte hier sitzenbleiben - mein Stiefvater kam genau zum richtigen Zeitpunkt und nahm mich in den Arm.
Gemeinsam saßen wir vor dem Bett und sprachen unsere Gedanken aus.
Mutti sollte alles hören, was wir uns versprachen.
Bei Omi trafen wir uns wieder, ich bin voraus gefahren und schweigend radelten wir dann nach Hause.
Vati weinte - ich auch, wir nahmen uns in die Arme und wie es weitergehen sollte, daß war ungewiß.
Unser Kummer war riesengroß - was geschieht mit mir?
Doch der Weg war vorgeplant, von Mutti, in meinem Kummer hatte ich alles vergessen.
Ein weiter Weg war für mich ausgesucht.....
Doch dankbar kann ich sein, ich kam raus aus der DDR und konnte "dennoch" ein freies Leben führen.
mit sentimentalen Grüßen
Euer Moni-Finchen





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Kommentare (7)

ehemaliges Mitglied vom Verlust der Mutter kann ich gut nachvollziehen! Ich habe meine krebskranke Mutter nur bis knapp zu meinem 7. Geburtstag erleben dürfen. Weil ich noch so jung war, hieß es zum wiederholten Male, als sie im Sterben lag: "Du nicht...!" und wurde auf's Land geschickt. Als ich wiederkam, war die Beerdigung vorüber.

Als mein krebskranker Mann mir im 46. Ehejahr mit mir nicht über seine Erkrankung sprechen wollte, obwohl es dringend nötig war, ließ auch er mich wissen "Du nicht ...!". Bei mir kam dieses schreckliche Kindheitsgefühl wieder hoch - ich fühlte mich noch viel mehr weggeschubst als als Kind. Auch meine Erklärung dazu half nicht, ihn umzustimmen. Ich konnte nicht weiter zusehen, wie er immer kränker wurde. Ich bin - aus Selbstschutz - gegangen.

Und beides schmerzt noch immer und immer wieder ...

nnamttor44
Traute Du hast mich zum Heulen gebracht.
Und doch hast Du einen Trost, den ich nicht habe, die Mutter lag im Bett und starb und ich wusste nicht was das bedeutet. Ich dachte sie holen sie in der Kiste ins Krankenhaus und bringen sie wieder. Wir haben so abends am Fenster gestanden und gewartet.
Ich kann Deinen Schmerz nachfühlen und auch Deinen Trost, dass Du es warst die die Hand halten durfte.
Man erträgt so viel im Leben, aber die Mutter oder die Kinder verlieren ist das Schlimmste.
Ich weiß das der Schmerz auf der Lauer liegt in einer finsteren Ecke in uns und unverhofft kommt er wieder und es spult sich alles noch einmal ab.Lass es raus,nicht verdrängen.
Was sich im Kind eingebrannt hat kann man nicht überspielen.
Wir hatten keine Seelsorger die unsere Traumata abbauten. Wir machen es so, lass es einfach raus und dann denke dran wie stark wir waren. Keine Halunken geworden trotz Alledem.
Mit ganz tröstenden Grüßen,
Traute
Traute2012(Traute)
anjeli und noch immer ist er dir im Gedächtnis.

Du hast wohl sehr gelitten, aber jetzt solltest du nicht mehr leiden, sondern auf die wenn auch wenigen Jahre mit deiner Mutter zurück blicken.

Vielleicht gibt das dir Kraft und Halt.
Meine Mutter ist am 21. November gestorben vor 10 Jahren und ich blicke freudig zurück.
Ich hatte sie sehr lange und trotzdem fühlte ich mich als Waisenkind, als sie starb.

anjeli
finchen ... bei Deiner Geschichte blieb mir auch ein Kloß im Halse hängen - das war ja noch schlimmer. Ich weiß nicht, ob mit 6 oder 13 Jahren das Empfinden ein anderes ist. Die Trauer kann nur die gleiche sein.
Bei mir waren wenigstens schon reale Gedanken im Spiel, die man in Deinem Alter gewiß noch nicht hatte.
Doch was halfen mir die ? Tot ist tot und nicht zu ändern.
mit lieben Grüßen
Dein Moni-Finchen
ehemaliges Mitglied Ich fand die Geschichte sehr traurig.
Es sind wohl Wunden aus den Kinderjahren, die uns immer wieder einholen.
Ich konnte leider nicht Abschied nehmen.
Ich, - damals 6 Jahre alt, - war zur Erholung in einem Heim als Mutter meinte dem unendlich brutalen Vater mit Gas entkommen zu müssen. Sie ließ drei kleine Kinder (6, 3+3)da. Und nurmehr einer davon kann heute noch darüber nachdenken ob es ihre richtige Entscheidung war. Sie musste wohl viel Mut aufgebracht haben aber auch sehr verzweifelt gewesen sein.
Irgendwie meine ich, - mir steckt jetzt was im Hals.
finchen ...liebes "Mauerblümchen" Gisela.
manchmal tut es gut, sich seine Seele frei zu schreiben.
Ich mußte schnell lernen mit meinen Gefühlen alleine fertig zu werden, doch manchmal gibt es Momente, das kommt der letzte Rest auch noch hoch: Novembergedanken.
Sei ganz lieb gegrüßt
das Moni-Finchen
Mauerbluemchen11 ich fand es gut, dass du dich von deiner Mutti verabschieden konntest.
Auch, dass du dich nicht hast verjagen lassen von der Krankenschwester.

Ja, manche Monate sind Schicksalsmonate und an bestimmten Tagen ist man eben mal sentimental.

Gisela, das Mauerbluemchen

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