Nichts für Feiglinge
Nichts für Feiglinge
Soeben haben wir den Film „Nichts für Feiglinge“ zum zweiten Mal gesehen. Das erste Mal ist schon etwas länger her.
Er beschreibt und zeigt eine Professorin, die mit 72 Jahren aufgrund von Durchblutungsstörungen allmählich dement wird. Ein außerordentlich berührender Film.
Warum erwähne ich dies? Es erinnert mich an die Zeit mit meiner Mutter, die allerdings 16 Jahre älter war als die Professorin im Film. Sie war 14 Monate bei mir. Es war eine umfassende Aufgabe mit einer 24stündigen Bereitschaft. Ich möchte diese Zeit nicht missen, auch wenn sie nicht einfach war.
Dennoch gab es wertvolle Momente, Unterhaltungen und Situationen, die ich heute immer noch in positiver Erinnerung habe und wohl auch niemals vergessen werde.
Heute hat man selber das Alter, wo man sich fragt, wie lange mag das Schicksal uns noch hold sein? Müssen unser Heim nicht aufgeben und sind bei klarem Verstand.
Es ist vielmehr ein triftiger Anlass, für jeden einzelnen Tag dankbar zu sein, der uns in dieser heutigen Situation geschenkt wird.
Also habe ich beschlossen, nicht so weit im Voraus zu denken. Nehme jeden Tag wie er kommt und versuche das Beste aus ihm zu machen - irgendwie. . .
Wir danken jeden Morgen, dass wir zusammen am Tisch unser Frühstück genießen dürfen. Ich denke, das ist psychologisch gesehen eine gute Einstellung - oder?
© indeed
Kommentare (13)
Liebe Ingrid,
Das IST eine gute Einstellung, denn was bringts oder nützts, wenn man sich diesbezüglich zu viele Fragen stellt mit "wenn" und "aber", denn es kommt sowieso anders als man denkt. Deshalb ist es so wichtig, den Tag so zu gestaltet, dass man am Abend zufrieden und glücklich zu Bett geht.
In meinem Profil steht über mein Rentner-Dasein: ich darf fast alles und muss nichts!
Auch ich kümmerte mich einige Jahre um meine leicht demente Mutter, war aber noch berufstätig, sodass ich sie nur an den Wochenenden zu mir nehmen konnte. An Werktagen wurde sie von der Spitex (Spital externe Betreuung) betreut und bekocht. Für die letzten 4 Monate konnte ich ihr allerdings das Pflegeheim nicht ersparen, weil sie absolut nicht mehr alleine bleiben konnte. Sie war leicht dement und durch die Körperschwäche verlor sie zum Schluss doch noch die Sprache.
Während knapp 3 Jahren kümmerte ich mich (gleichzeitig) auch noch ihre Schwester, meine Taufpatin, die ebenfalls dement und 12 Jahre älter war, als meine Mutter.
Wie Du sagst, man wurde sehr gefordert, aber ich bin froh, für meine Mutter da gewesen zu sein.
Ich grüsse Dich herzlich
Jutta
@Jutta
Liebe Jutta,
lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Es ist schön, dass du für deine Mutter als auch für deine Patin da warst und sie nach Kräften unterstützt hast in ihrer schweren Zeit. Die war es ganz sicher auch für dich.
Es ist für einen selber auch schön sich eingestehen zu können,. dass man Wertschätzung gegenüber den Menschen zeigen kann, die im Umkehrverhältnis so manchen Verzicht in Kauf nahmen und uns als verantwortungsbewusster junger Mensch ins Erwachsenenleben verhalfen.
Es sind Schicksale, die noch vor 20 Jahren eher am Rande der Gesellschaft zur Sprache kamen, zumindest in den meisten Kreisen. Ich hatte mich derzeit an den Med.Dienst gewandt mit der Bitte mir Informationen zukommen zu lassen, wie ich am besten mit Demenzkranken im Umgang verkehren sollte. Man bot mir lediglich einen Pflegekurs an.
Damit war ich nicht gedient, denn Pflege kannte ich nur zu gut.
Später wurde die Thematik dann essentiell ausgeweitet und man lernte dazu, wenn man den Patienten dort abholt, wo er sich gerade befindet.
Ich habe mir das selber alles erarbeiten müssen.
Sei lieb gegrüßt und genieße das Wochenende so gut es geht.
Ingrid
@indeed
Ja, liebe Ingrid, es war vor allen Dingen eine sehr lange, turbulente und nicht einfache Zeit. Als meine Patin Hilfe brauchte, war meine Mama noch recht mobil (Rollator) und motzte, weil ich jeden Tag kurz nach meiner Patin schaute. Nach meinem Hinweis, dass ihre Schwester KEINE Tochter habe, riss sie sich zusammen. Zu Beginn dieser turbulenten Zeit erkrankte meine 3 Jahre ältere Cousine, die in Richterswil am Zürichsee lebte, und zwar an Lungenkrebs in fortgeschrittenem Stadium, denn der Arzt hat ihr das Rauchen nicht verboten!
Meine kleine Familie ging nicht so herzlich und unterstützend mit mir um, um so mehr bin ich sehr zufrieden, dass ich Gleiches nicht mit Gleichem vergolten habe.
Herzlichst
Jutta
/... Und wohin der Wind uns treibt, was von unseren Träumen bleibt -
weiss allein der große Zampano - denn der bestimmt das sowieso .../
Dieser Text eines alten Schlagers aus den 60gern bringt all das unter einen Hut, was gesagt werden kann! Was ist sonst noch zu sagen?
Horst
Liebe Ingrid,
zwar habe ich den Film nicht gesehen, aber um uns herum ist dieses Thema sehr aktuell und auch ich mache mich nicht ganz frei von "Zukunfts-gedanken....muss mich dann immer schnellsten aus diesem belastenden
Gedanken-karussel" heraus nehmen und denke dann an den Spruch:
O Herr, gib mir die Kraft, Dinge, die ich nicht ändern kann, mit Gelassenheit hinzunehmen. Gib mir den Mut, zu ändern, was geändert werden kann und muß.
Auch wenn ich alleine bei meinem Frühstück sitze: spüre ich eine große
DANKBARKEIT für die wunderschöne gemeinsame Zeit, die ich zu Zweit hatte.
einen passenden Titel hast Du ausgewählt für Dein Thema....und ich war
KEIN Feigling, darüber zu lesen...
mit Dank und lieben Gruß....wünsche ich Euch gleichzeitig ein angenehmes Wochenende aus dem "hitzigen" Köln
Renate
@ladybird
Liebe Renate,
wer kann dieses Thema schon komplett verneinen? Es ist aber gut, wenn man im Heute lebt, denn daraus ergibt sich oft unser Befinden für den morgigen Tag.
Wir müssen uns alle den Anforderungen stellen, die da auftauchen und natürlich selektieren, was ist gut und was nicht.
Haben wir doch schon Übung drin, nicht wahr?
Den Titel habe ich mir nicht selber ausgedacht, Renate, es ist der Titel des Films und ich finde ihn sehr passend.
Dankeschön, dass du auch hier warst und wünsche dir ein schönes Wochenende und schicke dir ganz liebe Grüße.
Ingrid
Ja, liebe Ingrid, wenn das Schicksal mal "zuschlägt"..., weiß man erst, wie hart das Leben wirklich sein kann.
Ich habe etwas ähnliches mit meinem Vater erlebt, als er zusehends und unwiderruflich dement wurde. Er lebte fast bis zum Schluss noch in seiner Lichtenberger Wohnung in Berlin und wir, meine Schwester und ich haben zumindest versucht, ihm zur Seite zu stehen.
Waren Beide in Arbeit und da ist es nicht mal so einfach, alles hinzuschmeißen und sich der Pflege zu widmen. Das ging damals nicht, zumal ich in Trennung lebte.
Mein Vater ist dann Ende der 90iger verstorben und bis heute bleiben Fragen..., aber was sollte man tun. Wir haben unser Möglichstes getan, damals gab es kaum Möglichkeiten, Dementkranke lebenswert unterzubringen. Das kam erst alles später.
Eines jedoch wird für immer bleiben...er hatte alles vergessen, durcheinander gebracht aber wenn wir bei ihm waren, hatte er wohl doch noch das Gefühl, seine Töchter an seiner Seite zu fühlen...er drückte oft unsere Hände ganz intensiv, sagte nichts.
Kristine wünscht dir alles Gute und viel Kraft
@werderanerin
Liebe Kristine,
ich finde es toll, dass dein Vater bis zuletzt in seinem persönlichen Umfeld verbleiben konnte und es ist nicht schwer sich vorzustellen, was du und deine Schwester für ihn getan habt.
Wenn man bedenkt, was die Eltern nach ihren eigenen Möglichkeiten für uns getan haben und manchmal auch darüber hinaus, dann kann man gar nicht anders empfinden, dass es auch umgekehrt gehen müsste/sollte.
Wie du aber auch geschrieben hast, man kann nur bis zum Möglichsten selber geben. Wenn die Demenz aber soweit fortgeschritten ist, dass 24 Stunden Bereitschaft notwendig werden, muss man auf Hilfe zurückgreifen.
Ich danke dir herzlich für deine Zeilen und schicke dir herzliche Grüße aus dem Nordwesten.
Ingrid
Liebe Ingrid, jede Stunde, jeden Tag - wie auch immer sich alles gestaltet - in dankbarem Gottvertrauen als Geschenk des Himmels zu empfangen und anzunehmen, ist beredter Ausdruck des in Demut erfüllten Lebens.
In Gemeinsamkeit mit Pan sei Dir nur das Beste gewünscht,
sagt mit herzlichen Grüßen
Syrdal
@Syrdal
Lieber Syrdal,
allem stimme ich dir zu, aber füge trotzdem noch die Dankbarkeit hinzu.
Wir genießen jeden Tag so gut wie wir können und das gleiche wünsche ich dir auch.
Lieben Dank für deine guten Wünsche und sei ganz lieb gegrüßt aus dem Ostfriesland
Ingrid
Liebe Ingrid,
ich kann Die versichern: Es ist die richtige Einstellung...Da sind wir jetzt schon zu Drittt....lach.
Bei Euch kommt noch hinzu daß Ihr das Zweisein genießen knnt und das ist doppelt schön.
In diesem Sinne
herzlichen Gruß
Angeika
PS Den Film habe ich auch schon ein paarmal gesehen. Aber er hat mich immer sehr bedrückt.
@Tulpenbluete13
Wenn man ein positives Leben führen möchte (tun/wollen wahrscheinlich alle) dann bleibt auch nicht viel anderes übrig.
Deinen Gedanken kann ich bedingungslos nur zustimmen.
Danke, dass du hier warst und sei lieb gegrüßt von
Ingrid
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die mich mit ihrem Like bedacht haben. Ihr habt mich in der Tat überrascht. Mit so vielen Herzchen kann der Tag weiter gehen.
💙💚💗💛💜