Meine Schottische Familie und meine Erfahrung
In den Anekdoten 1-4 lernten wir meine schottische Familie kennen, bei welcher ich mich für ein Jahr als Aupair verpflichtet hatte. Es gäbe noch einige Geschichten zu erzählen, die ich mit dieser Familie erlebt habe, aber ich denke, ich kann mir das sparen.
Es bestand eine vertragliche Vereinbarung, dass ich ein Jahr bei dieser Familie verbringe und im Gegenzug tragen sie die Kosten für meinen Rückflug in die Schweiz. Trotz dieser beschriebenen Widrigkeiten, war ich eigentlich bereit, diese Vereinbarung unbedingt einzuhalten, denn mit 2 Pfund Entgelt pro Woche wäre es schwierig gewesen, das Heimflugticket aus eigener Tasche zu kaufen.
Aber meine ach so grosszügige schottische Familie hatte andere Pläne mit mir, nämlich mich davon überzeugen zu wollen, dass ich an Weihnachten doch schon nach Hause reise könnte - vermutlich dachten sie sich, mir würde viel daran liegen. Allerdings war mir überhaupt nicht danach und negierte den Vorschlag!
So verbrachte ich Weihnachten in Edinburgh. Aber nicht so, dass ich heute behaupten könnte, ich wisse wie in Schottland Weihnachten gefeiert wird, keine Ahnung. An Heiligabend feierte ich auswärts Partie und an Weihnachten selbst genoss ich mittags ein Stück Truthahn und zur Nachspeise Christmas-Pudding. Nach dem Essen zog sich dann die Familie zurück und ich in mein Zimmer – no comment!
Im Januar dann erklärte mir die Landlady, dass der Sohn bald 15 Jahre alt werde und somit die Familie keinen Anspruch auf ein Aupair mehr habe, was für mich bedeute, dass ich abreisen müsse. Mein Hinweis auf den vereinbarten Vertrag ignorierte sie komplett. Aber ich bin kämpfen gewohnt!
Nun spielten mir ganz tolle Zufälle in die Karten!
Wie bereits bekannt, war der Landlord Jurist und Vorsitzender der Labour-Partei von Edinburgh. Der eine Zufall wollte es, dass ich den Vorsitzenden der Konservativen Partei kennenlernen durfte. Bei einer Cup of Tea hatte ich die Gelegenheit, meine Geschichte über die Absicht meiner Familie zu erzählen und dass sie sich die Kosten meiner Rückreise wohl sparen wollten. Der konservative Parteiführer war entsetzt über meine Geschichte und versprach mir, er werde sich darum kümmern und ich müsse mir keine Sorgen machen.
Zwei Tage später übergab mir die Landlady einen Umschlag, worin sich das Geld für das Flugticket in die Schweiz drin befand und zusätzlich das Geld für eine Zugfahrkarte nach Glasgow, weil der Flughafen Edinburgh gerade im Streik war.
Der zweite Zufall wollte es, dass eine Spanierin, die nur drei Häuser weiter von mir als Aupair tätig war und die gleiche Schule besuchte wie ich, so schnell wie möglich nach Spanien zurückkehren musste wegen eines Todesfalls in ihrer Familie. Da ihre schottische Familie mich kannte und sie von meinem bevorstehenden Rausschmiss bereits wusste, haben sie mir angeboten, bei ihnen weiter als Aupair tätig zu sein!
So packte ich meinen Koffer und nahm meine sieben Sachen, verabschiedete mich bei den King-Murrays und erklärte ihnen, dass ich noch nicht nach Hause fliege, sondern drei Häuser weiterziehe und bei Fam. Scotts noch eine Zeit aushelfen werde.
Ich verbrachte eine wunderbare, problemlose, sehr amüsante Zeit mit meiner neuen Familie in Edinburgh und alle waren sehr glücklich und zufrieden mit diesem Entscheid, ausser vermutlich die Familie King-Murray, die fast täglich sehr neugierig über die Abgrenzungsmauer kuckte, um zu prüfen, ob ich noch da bin………….
Jutta
Kommentare (7)
Liebe Jutta: "Ende gut-alles gut?"
doch offen bleibt für mich die Frage: wollte die Land-lady den Umschlag mit dem Geld nicht zurück haben, weil Du doch nicht geflogen bist?
Was mich total freut, dass sich die Redewendung:
"Vom Regen in die Traufe" kommen, NICHT bestätigt...hat..
Deine zweiten "Aupair-Eltern" haben somit auch für Dich , Schottland wieder ins rechte Licht gerückt...
Nochmals lieben Dank für dieses Stückchen Deiner Vergangenheit .....welches wir mit erleben durften, wie es für Dich eine Hilfe, zu Deiner "Reifung+Entwicklung" .war...
so long and God bless you
Renate.
@ladybird
Liebe Renate,
Warum hätte ich das Geld zurückgeben sollen? Sie waren ja diejenigen, die sich nicht an das vereinbarte Jahr gehalten haben. Und wenn sie mich schon früher weg haben wollten, standen sie trotzdem in der Pflicht! Was ich ihnen eventuell hätte zurückgeben können wäre das Geld für die Bahnkarte nach Glasgow gewesen. Ich fühlte mich aber nicht so sehr verwöhnt von ihnen, als dass ich das hätte tun wollen!
Weisst du Renate, mir war schon klar, dass diese Familie nicht "Schottland" war, denn ich traf viele sehr freundliche Menschen. Und man darf nicht vergessen, dass ich meine "Freiheit" hatte und auch nutzte. Sie hatten 3/4 Jahr Zeit, um auf mich zuzugehen, aber das taten sie nicht und so sprachen wir halt nur über Dinge, die unmittelbar gefragt waren.
Mein Wesen war damals noch recht zurückhaltend, erstens konnte ich anfangs die Sprache nicht und war zweitens auch nicht der Typ, die einfach so sagen konnte, "Hallo ich bin da".
Herzliche Grüsse
Jutta
Das ist ja ein schönes Happy End, liebe Jutta!😊
Eigentlich könnte man einen abendfüllenden Film über Deine guten, aber manchmal auch kuriosen Erlebnisse in Schottland drehen. Danke für Deine Erzählung.👍
Herzliche Grüße
Rosi65
@Rosi65
Liebe Rosi,
Das freut mich doch sehr, dass dir meine Geschichten so gefallen haben, dass du sie sogar verfilmen möchtest - eigentlich eine gute Idee!!!
Für all deine Kommentare danke ich dir - ich bin noch nicht sicher, ob ich eventuell meine Erinnerungen bei der zweiten Familie aufzeichnen will - we will see!
Liebe Grüsse
Jutta
da es um Schottland geht, sogar um "Geschichten" in Edinburgh, könnte ich ruhig noch ein paar Episoden vertragen, auch weil meine Tochter damals als Aupair ebenfalls mit ihrem zweiten Platz großes Glück hatte.
😃
@JuergenS
Freut mich, Juergen, dass dir die Geschichten gefallen haben. Eventuell werde ich noch eine Erinnerung meiner Erlebnisse bei der zweiten Familie schreiben, die sich von den nun 5 geschriebenen Ereignisse sehr stark unterscheiden werden.
Jutta
Na, liebe Jutta - das verlangt nach einer Fortsetzung!
Wusstest du, dass bei uns die Schwaben als sparsam bis knauserig gelten?
Den Schotten sagt man das ja schon nach, solange ich denken kann!
Wunderbar erzählt, deine kleinen Geschichten! 👍
Viele Grüße
Leevke