Mein bester Freund

Hier geht’s um Charlie. Er ist es wert, dass man ihn kennenlernt. Er ist mein bester Freund und aufmerksamer Zuhörer. Außerdem ist er Schauspieler. Er macht jede Menge Theater, schließlich leben wir in Salzburg. Lässt die Aufmerksamkeit seiner Fans nach, bringt er seine Augen ins Spiel. Spätestens dann ist es um sie geschehen, denn diesem Blick kann man nicht widerstehen.

Ihr habt es erraten, Charlie ist ein Hund. Aber nicht irgendein Hund, sondern ein Rauhaardackel. Eine absolute Persönlichkeit mit ausgeprägtem Selbstwertgefühl. Dass Dackel stur sind, würde Charlie so nicht unterschreiben, vielmehr würde er darauf hinweisen, dass wir oft genug, wenn auch zufällig, einer Meinung sind. Kürzlich waren wir im Auto unterwegs. In der Altstadt. Charlie mag die Touristen nicht. Sie sind ihm zu chaotisch, zu laut, zu konfus und unberechenbar. Deshalb bleibt er lieber im Auto, während ich meine Termine erledige.

Es gibt Tage, an denen es im Auto zu warm wird. Vor allem für Charlie. Als aufmerksamer Hundefreund weiß ich natürlich, dass die Sonne wandert und dass da, wo vor Minuten noch Schatten war, plötzlich brennende Sonnenglut herrschen kann. Ich weiß Bescheid. Ich kenne den Sonnenstand in den meisten Straßen und Gassen unserer Stadt. Gibt es keinen freien Parkplatz, dann suche ich, immer zum Wohle von Charlie, eine Tiefgarage auf. Diesmal war alles paletti, also dauerhafter Schatten. Die Parkgebühr hatte ich entrichtet und mein Termin dauerte nicht länger als dreißig Minuten. Als ich zum Auto zurückkam, sah ich schon von weitem eine Menschentraube vor meinem Wagen stehen. Oh mein Gott, dachte ich, was ist passiert? Habe ich irgendetwas übersehen? Es schnürte mir die Kehle zu, meine Schritte wurden schneller. Aber je näher ich dem „Tatort“ kam, umso entspannter wurde ich. Die Menschentraube entpuppte sich als japanische Frauengruppe auf touristischer Europatour, die sich laut lachend und wild fotografierend um mein vollkommen im Schatten stehendes Auto drängten.

Was war geschehen?

Charlie schlief den Schlaf des Gerechten. Wie immer auf dem Fahrersitz. Die Seitenscheiben waren zum Luftaustausch etwas geöffnet. In vollkommen entspannter Lage, nämlich am Rücken liegend, die kurzen Pfoten angewinkelt, sein Gemächt stolz zur Schau stellend, schnarchte er in einer Lautstärke, die selbst den Trubel um ihn herum, um einige Oktaven übertönte. Erst als ich mit der Fernbedienung die Türen öffnete, erwachte Charlie und sprang sofort ans Seitenfenster, um die vermeintlichen Einbrecherinnen mit wildem Gebell zu verjagen. Die Frauen ergriffen zu Tode erschrocken die Flucht. Ihnen galt mein lautes Lachen. Für Charlie hatte ich ein leises Lächeln des Verstehens.

© story by ferdinand
© foto by ferdinand
 

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Kommentare (4)

Eisenwein

@keyly
@
Sommerzauber

Herzlichen Dank für eure ausführlichen Kommentare. Charlie und ich müssen jetzt dringend Gassi gehen. Der alte Herr kann's nicht mehr so lange halten. 😉

keyly

Schlief Charlie etwa in dieser Stellung?

DSCN1318.JPG, am Rücken liegend mit Ball, März 2012.JPG

 

keyly

Lieber Ferdinand!

Eine entzückende Geschichte. Rauhaardackel haben, so sagt man, eine besonders starke Persönlichkeit, aber das Talent zum Schauspielern dürfte einigen Rassen gegeben sein.

Meine Amica, eine Eurasierin, bescherte mir anfangs neben ihrem jugendlichen Temperament auch sonst viele Aufregungen. Sie ist mein erster Hund und ich war mit den Schlichen und Verstellkünsten dieses kleinen Fellmonsterls noch nicht vertraut.

Jedenfalls mochte sie von Anfang an nicht spazieren gehen. Schon als kleines Fellknäuel stemmte sie ihre pelzigen Beinchen so fest in den Asphalt, dass man sie nur mit leichter Gewalt oder durch Anheben dort wegbrachte. Auch mochte sie den Lärm und den Straßenverkehr nicht. Also trug ich sie anfangs, was ihr das Mitleid vieler Passanten einbrachte, weil alle dachten, sie wäre schrecklich krank. 
Als das nicht mehr so richtig bei mir wirkte, erfand sie den Schwanztrick. Glücklich aufgeringelt im Garten, aber kaum im Freien, sorgte und sorgt sie mit diesem für absolute Sauberkeit auf den Straßen.
Agility und Breitensport mochte sie allerdings sehr und eigentlich hat sie für diese Einstellung mein vollstes Verständnis.
Mittlerweile respektieren wir unsere beidseitigen Eigenheiten, sie mit ihren 13 1/2 Jahren packt ihre Trickkiste nur mehr im Hinblick auf Leckerlis aus, und ich, in Kürze 78, verstehe sie auch diesbezüglich durchaus.

Erwähnen möchte ich noch, dass ihre Mama eine bildhübsche Salzburgerin war und der Vater ein ebenfalls äußerst attraktiver, schwarzer, eingebürgerter Finne.

Herzliche Grüße von Niederösterreich nach Salzburg und natürlich ein paar Streichler für den haarigen Freund.
Lydia mit Amica

IMG_0016.jpg, 1. Woche, von Hans.jpg



 

Sommerzauber

Ich kann es so gut verstehen, dass du Charlie liebst. Diese eigensinnige Rasse hat schon was ... 😁 Ich habe auch einen Rauhaardackel, ich denke, die gleiche Größe, er wurde auch immer von meinen Kindern und meinen Enkeln geliebt, ist allerdings schon etwas älter....fast 40 😁, heißt Raudi, hat aber einen Knopf im Ohr (Steiff 😉). Sieht aber fast so aus wie Charlie.....

Viel Freude weiterhin mit dem niedlichen kleinen Kerl.
Liebe Grüße....Katharina


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