Japanreise Teil VII (Dritter Tag in Kyoto und unsere Reise zurück nach Tokio)


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29. Mai 2009

Ausflug zum Kaiserpalast

Für uns hieß es nun schon wieder den Koffer packen, zu dem sich jetzt noch eine zusätzliche Tasche mit unseren Einkäufen gesellte. Als wir am Empfang um Aufbewahrung unseres Gepäcks baten, standen unsere Schuhe frisch geputzt schon für uns bereit.

Bei schönstem Wetter machten wir uns auf zum Kaiserpalast. Unterwegs versorgten wir uns an einem der zahlreichen Getränkeautomaten mit Eistee und kaltem Wasser, bevor wir die weitläufigen Parkanlagen betraten. Ein breiter geschotterter Weg, der von großen Rasenflächen mit uralten Bäumen umgeben war, führte zur alten Palastanlage. Im Schatten der Bäume entdeckten wir eine kleine Versammlung von Menschen, die sich mit ihren Hunden zum Spaziergang und Spielen getroffen hatten. Magisch angezogen, als Hundebesitzer litten wir ja längst unter Entzugserscheinung, traten wir näher. Tatsächlich funktionierte es wie bei uns: Indem wir die Hunde bewunderten, kamen wir ins „Gespräch“ mit den Frauchen und Herrchen. Ein Foto von Ludwig weckte dann vollends das Interesse, besonders weil Berner Sennenhunde in Japan sehr ungewohnt sind.

Als wir dann endlich die Palastanlage fast ganz umrundet hatten, fanden wir den Wegweiser zum Büro, in dem wir unter Vorlage unseres Reisepasses und Ausfüllen einiger Papierbögen um die Besichtigungserlaubnis bitten konnten. Als wir damit fast fertig waren, sahen wir, dass ohne Führung keine Besichtigung möglich war und unsere Führung erst nachmittags begonnen hätte. Um nicht erst spät in der Nacht in Tokio einzutreffen, schauten wir uns statt im Palast im Park um und entdeckten ein reizendes kleines Sommerhaus, das an einem See lag und zur Besichtigung einlud. Als erfahrene Touristen ließen wir gleich unsere Schuhe an der ersten Stufe stehen und konnten uns nach Entrichten des Eintrittspreises in den Räumen umsehen und von den Terrassen aus den Blick auf den See genießen. Die Zimmer waren – wie auch in unserem Ryokan - alle mit Tatamis ausgelegt, die Fenster mit dem traditionellen Reispapier bespannt, das in den Räumen für ein sehr angenehmes Licht sorgt.

Nach unserer Rückkehr erhielt ich von meinem Japanisch-Lehrer, Herrn Takemasa eine E-Mail, in der er mir Tatami, Shoji und Fusuma, die elementaren Inneneinrichtungen japanischer Häuser, beschreibt (er gab die Erlaubnis, diese E-Mail hier zu posten):

„In Japan denkt man die Größe des Zimmers mit der Zahl von Tatami, z.B. 4,5 Tatami ( auf Japanisch: yojo-han ), 6 Tatami ( roku-jo ), 8 Tatami ( hachi-jo ), 10 Tatami ( ju-jo ), 12 Tatami ( juuni-jo ) usw. Japanische Schriftsteller schreiben die Größe des Zimmers sehr oft mit der Zahl von Tatami, wie yojo-han, roku-jo, hachi-jo, ju-jo, juuni-jo usw. Die Größe von einem Tatami ist normalerweise ca. 85 cm x 170 cm. Tatami ist für Europäer bekannt als die Matten bei Judo. Tatami ist eine Matte aus Reisstroh. Beim Schlafen legt man in Japan Futon auf Tatami. Die Farbe von neuem Tatami ist grün. Wenn sie aber älter werden, werden die Farben gelb oder braun.

Eine Art vom japanischen Zimmer mit Tatami heißt Zashiki. In Japan gibt es den Zug mit japanischen Zimmer-Waggon, d.h. Ozashiki-ressha.

Shoji sind Schiebewände in japanischen Häusern. Shoji besteht aus normalerweise aus Holzrahmen mit bespanntem dünneren Japanpapier ( Washi ). Durch Shoji kommt die Sonne nicht direkt ins Zimmer, ist aber hell genug im Zimmer. Und mit Shoji geht die Wärme im Zimmer nicht nach außen. Durch Shoji ist das Zimmer mit Korridor im Haus getrennt, oder durch Shoji ist das Zimmer mit außen vom Haus getrennt.

Fusuma sind auch Schiebewände in japanischen Häusern. Fusuma haben aber andere Funktion als Shoji. Fusuma funktioniert als provisorische Trennung vom sehr großem Zimmer. Fusuma besteht normalerweise aus Holzrahmen mit zwei Seite bespanntem dickeren Japanpapier. Durch Shoji hört man die Stimme oder der Laut von außen klar, weil das Papier auf Shoji ganz dünn ist. Aber mit Fusuma hört man die Stimme von anderen Zimmer oder außen vom Zimmer ganz wenig, weil die beide Seite von Fusuma mit dickeren Papieren tapeziert sind. Auf Fusuma malten manchmal sehr berühmte japanische Maler. Diese Bilder heißt Fusuma-e.“

Die Anlagen um das Gartenhaus entsprachen den japanischen Gärten, die wir bisher gesehen hatten. Wir machten Pause in einem kleinen Gartenpavillon und beobachteten die Wasserschildkröten, die sich am Seeufer sonnten. Es handelt sich dabei um Einwanderer aus Amerika, die ausgesetzt überall in Seen und Teichen heimisch geworden sind. Der See war gestalterisch mit in den Garten einbezogen und mich faszinierte eine Laube, in die man nur mit einem Boot gelangen konnte. Die dichte Belaubung schützte die Ruderer vor neugierigen Blicken. Als wir über eine Brücke den Teich überquerten, wurden wir von einer Schildkrötenkolonie, die auf einem Felsen die Sonne genoss, argwöhnisch beäugt. Die großen Karpfen begleiteten uns zu Wasser und streckten immer wieder neugierig oder in der Hoffnung auf Futter ihre dicken Köpfe heraus.

Wir verließen den Park und schlenderten zurück zu unserem Ryokan. Auf den Straßen sahen wir so vieles, was unser Interesse weckte, dass sich unser Bedauern über den verpassten Kaiserpalast in Grenzen hielt. Die Auslagen einer Bäckerei zogen uns magisch an und wir versorgten uns dort mit unserem Mittagessen. Wieder staunten wir über das große Angebot der verschiedensten Backwaren und deren appetitliche Präsentation. Nun gab es nur noch das Problem, dass in Japan niemand, der etwas auf sich hält, auf der Straße isst. Wir waren inzwischen aber hungrig. Mit den erstandenen Köstlichkeiten im Rucksack wanderten wir weiter durch Kyoto auf der Suche nach einem stillen Plätzchen, an dem wir unauffällig unser Mittagsmahl einnehmen konnten. Gesättigt und ohne negativ aufgefallen zu sein verließen wir den Parkplatz, an dessen Ende sich eine kleine Anlage mit einer Bank und einem Teich mit Koikarpfen befand. Danach konnten wir die Riesenkrabbe, die mit ihren acht Armen winkend in ein Krebsrestaurant einlud, links liegen lassen, in einem Eiscafe gönnten wir uns zum Dessert einen Eisbecher und betrachteten die Menschen, die außen vorbei gingen.

Ich wollte in den großen Einkaufspassagen etwas typisch Japanisches als Mitbringsel für unseren Enkel kaufen, nämlich einen Stoffsack in Form eines Fisches, den man im Garten aufstellen kann und der sich im Wind aufbläht. Nirgends konnte ich einen solchen Fisch ausgestellt sehen, so dass ich beschloss, in einem Geschäft mit Souvenirs danach zu fragen. Ich machte eine kleine Skizze und hatte tatsächlich Erfolg – ich erfuhr den Namen der Windfahnen: „koinobori“. Die Erklärung, die ich dazu erhielt, konnte ich leider nicht verstehen. Nur eines wurde mir klar, dass es nämlich keine zu kaufen gab.

Dieses Mal fanden wir unseren Rückweg zum Ryokan ohne größere Probleme. Wir baten darum, uns ein Taxi zum Bahnhof zu rufen. Während der Wartezeit wurden wir wieder mit Tee bewirtet. Als das Taxi ankam, bedankten wir uns für die gastfreundliche Aufnahme und Bewirtung. Die ganze Mannschaft des Hotels begleitete uns zum Auto und wir verabschiedeten uns mit vielen Verbeugungen und arigatou gozaimasu (Vielen Dank) sowie sayonara (Auf Wiedersehen). Beim Zurückschauen sah ich, dass alle auf der Straße stehen geblieben waren, bis wir um die nächste Ecke verschwunden waren.

Eine Zugfahrt nach Tokio mit Überraschungen

Am Bahnhof lösten wir unsere Platzkarten für den nächsten Shinkansen und beeilten uns zum Bahnsteig zu kommen. Der Zug stand bereits da und wir suchten unseren Wagen und unsere reservierten Plätze auf. Kaum saßen wir, fuhr der Zug auch schon ab. Wir genossen die Aussicht bis der Schaffner kam und uns freundlich darauf hinwies, dass wir im falschen Zug saßen. Unser Zug fuhr nämlich erst 8 Minuten später in Kyoto ab. Obwohl unser Waggon fast leer war, mussten wir am nächsten Halt wieder aussteigen und auf den nächsten Zug warten.

Ich nutzte die Wartezeit, um Fotos von den Hochhäusern, die dicht an den Gleisen standen, zu machen, und war dann begeistert vom futuristischen Design des bald einfahrenden Zuges. Viel Zeit zum Fotografieren blieb mir nicht, denn die Anzeigetafel zeigte „Tokio“ an. Im Zug waren wir überrascht, dass unsere Plätze besetzt waren, wollten aber die bereits dort sitzenden Reisenden nicht stören und setzen uns einfach auf die nächsten freien Plätze.

Ein Fahrkartenkontrolleur kam, betrachtete unsere Fahrausweise, tippte etwas in seinen Computer und zeigte uns am Display eine fünfstellige Zahl. Irgendwann verstanden wir, dass wir die Summe nachzahlen sollten, umgerechnet etwas über 100 Euro. Wir verstanden absolut nicht, was wir jetzt wieder falsch gemacht hätten. Wir waren ja auf Japanisch total sprachlos und dem Kontrolleur ging es auf Englisch nicht viel besser. Mit unseren Fahrkarten und Gesten und Englisch versuchten wir klar zu machen, dass wir doch bezahlt hätten. Wir verstanden dann langsam, dass wir schon wieder im falschen Zug saßen und erklärten uns bereit an der nächsten Haltestelle wieder auszusteigen. Der Kontrolleur erkannte wohl intuitiv, dass wir keine Schwarzfahrer, sondern nur unwissende Ausländer waren, und gab seine Bemühungen auf, bei uns zu kassieren. Wir saßen also da und warteten auf den nächsten Halt, um wieder auszusteigen. Obwohl wir die Fahrt jetzt bei Tag machten, konnte ich die vorbei fliegende Berglandschaft mit gelegentlichen Ausblicken auf das Meer nur bedingt genießen, zum einen, weil es draußen regnete und die Berge oft von den Wolken versteckt waren, wo ich doch gehofft hatte, einen Blick auf den Fuji werfen zu können, zum anderen, weil ich immer damit rechnete, der Schaffner würde mit Verstärkung kommen und uns Schwierigkeiten machen. Und aussteigen wie versprochen konnten wir auch nicht, weil der Zug über Stunden nicht mehr hielt. Endlich tat er das doch, wir stiegen wie versprochen aus und befanden uns bereits in Tokio, allerdings noch nicht an unserem Zielbahnhof. Während wir auf unseren richtigen Zug warteten, der in 20 Minuten eintreffen sollte, kam eine Mitreisende auf uns zu und teilte uns auf Englisch mit, sie bedauere sehr, dass wir auf unserer Fahrt Unannehmlichkeiten gehabt hätten. Beim Nachdenken wurde uns dann aber später klar, dass wir selbst eine Menge falsch gemacht hatten: Zuerst gingen wir von unserer deutschen Erfahrung aus, dass Züge in größeren Abständen fahren, und so dachten wir, dass unser Zug bereits am Bahnsteig wartete. In Japan fahren dagegen die Züge im Minutentakt und immer absolut pünktlich. Beim ersten Umsteigen lasen wir nur Tokio und bemerkten wieder nicht, dass es für den nachfolgenden Zug, den wir nehmen sollten, noch zu früh war. Außerdem hätte jeder Japaner schon am Aussehen des Zuges erkannt, dass es sich nicht um den schnellen Shinkansen, sondern um den allerschnellsten Zug, den „Nozomi“ (Hoffnung oder Wunsch) handelte, der 300 km in der Stunde zurücklegt und zwischen Kyoto und Tokio nur zweimal hält. Für diesen Zug hatte unser Japan Rail Pass keine Gültigkeit. Als ausländische Touristen in Deutschland hätten wir wahrscheinlich für unsere Unwissenheit mehr Schwierigkeiten bekommen.

Während der erneuten Wartezeit am Bahnhof in Tokio konnte ich am gegenüberliegenden Bahnsteig mehrere Schulklassen beobachten, die von einem Ausflug zurückkamen. Ein wenig beneidete ich die Lehrer, nicht nur wegen ihrer roten Schärpe, die sie über ihrem Anzug trugen, sondern wegen der Disziplin ihrer Schülerinnen und Schüler. Mädchen wie Jungen trugen ihre Schuluniform, standen oder saßen friedlich beisammen und es gab keinerlei Geschrei und Unruhe.

Nach zwanzig Minuten traf nun der Zug ein, für den wir unsere Reservierung hatten. Wir kamen zur richtigen Zeit auf den richtigen Sitzplätzen mit dem richtigen Zug am richtigen Ziel, der Shinagawa Station, an.

Wieder in Tokio

Zum zweiten Mal checkten wir in unserem Sekura Prince Tower Hotel in Tokio ein. Karl machte sich daran, seine kommenden Arbeitstage und den Vortrag in Niigata nochmals zu überdenken und ich wollte mich in der Umgebung unseres Hotels umsehen. Auch in der Bahnhofsnähe waren die Straßen sauber und sicher. Viele große Restaurants luden mit appetitlicher Auslage im Schaukasten und Blick in gepflegte Gasträume zum Verweilen ein. Männer mit dunklen Geschäftsanzügen saßen an vollbesetzten Tischen und verbrachten mit ihren Arbeitskollegen den Feierabend. Die Stimmung schien ausgelassen und fröhlich zu sein. Dazwischen gab es auch immer wieder kleinere Gasthäuser in alter Holzbauweise, allerdings fehlten hier häufig die Speiseauslagen und man konnte nicht in den Innenraum sehen. Nach meiner Rückkehr ins Hotel bestellten wir uns beim Zimmerservice Nudelsuppe, die unsere Erwartungen übertraf und hervorragend schmeckte.

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Kommentare (2)

ehemaliges Mitglied Sehr sehr schön zu lesen. Der Artikel zeigt, dass es sich durchaus lohnt auf Japanreisen zu gehen. Es ist wertvoll die Erfahrungen anderer zu hören, bevor man selber seinen Japan Urlaub plant. So kann man sich schon auf einiges gefasst machen!
tilli Ja,jetzt geht weiter mit der Reise .Sie hat mir wie schon bei allen Teilen viel Freude bereitet.Ich war mit dir in den Zug. Eure Diskussion mit den Kontroller .
Der Park, Schade,das ihr nicht alles sehen konntet .
Ja,solche Jugend, so diszipliniert ,die trift man leider nicht bei uns.Schade.
Danke für die Einblicke in die Kultur der Menschen ,ihre Gastfreundschaft.
Jetzt weiter warten auf Teil VIII.
Viele Grüsse Tilli

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