Geschichte,altbekannt?
Und siehe, der Mann sprach zu seiner schwangeren Frau: Lass uns gehen in ein anderes Land, auf dass unser Kind in Frieden geboren werden kann! Und sie machten sich auf und zogen gen Norden, da sie gehört hatten, dort käme man in die Gebiete und Länder, da man in Frieden leben könne. Und mit ihnen machte sich auch auf eine große Menge an Menschen, die alle den gleichen Wunsch und das gleiche Ziel hatten: In Frieden zu leben.
Und siehe, es begab sich, dass eine Meldung die Runde machte, dass ein Junge geboren sei. Irgendwo dort hinten im Lager zwischen alten Matratzen und Zeltbahnen, die nie benutzt werden konnten, weil keine Zeltstangen dafür vorhanden waren. Diese waren schon längst in den kalten Nächten verfeuert, als die Temperatur unter 10° Minus sank.
Und zwischen Stacheldrahtzaun und Blechkanistern und unter einem notdürftig aufgespannten Zeltdach wurde das Kind geboren, denn sie hatten sonst keinen Platz im Lager. Und die Eltern wickelten den Jungen in schmutzige Decken, die noch vor einigen Tagen bei der Überwindung des Stacheldrahts gute Dienste leisteten; diese halfen mit, dem Kinde das Überleben zu sichern. Und man nannte ihn Jehoschua, d.h. Gott ist Hilfe.
Und siehe: Keines der Tiere war da, von denen man immer gehört hatte. Der Ochse und die Schafe, die das Neugeborene hätten wärmen können, waren schon vor Wochen geschlachtet und verzehrt worden. Und der magere Esel wurde gebraucht, um die Wasserkanister vom weit entfernten Bach ins Lager zu transportieren, da sonst kein Wasseranschluss vorhanden war.
Und es waren noch andere Flüchtlinge auf dem Felde im Lager, die hüteten des Nachts ihre letzten Habseligkeiten, die sie aus den Trümmern ihrer Häuser hatten retten können, da sie ihnen sonst gestohlen würden.
Und da war kein Engel, der sie tröstete und auch keine himmlischen Heerscharen. Die nämlich waren alle geflüchtet vor den grausamen Soldaten und Terroristen. Und statt einer Stimme aus den Wolken hatten sie alle noch den Donner der Raketen im Ohr, die in ihre Städte einschlugen.
Und so waren alle Menschen allein dort im Lager, in erbarmungsloser Kälte und ohne Stall und ohne Obdach. Aber alle träumten sie von dem wundersamen Leben in der Ferne, von denen ihnen erzählt worden war.
Und alle, vor die es kam, glaubten daran und wollten sich aufmachen, den Frieden in der Fremde zu suchen, sobald das Wetter es wieder zuließ.
Und wenn sie nicht angekommen sind, haben sie ihr Leben dort verloren, wohin sie ihr Schicksal führte ...
~©by H.C.G.Lux~
Kommentare (9)
Ach, lieber Pan, dies alles, was du hier jetzt schreibst, war und ist mir schon mit aller Deutlichkeit klar und auch ich erinnere mich an den abweisenden Empfang in der „Heimat“. Freilich habe ich mit meiner Betrachtung abgehoben auf das Elend in Afrika...
Was nun aber die Jesiden betrifft, trage ich einen tiefen Groll in mir über das schäbige Verhalten unserer überreichen Kirchen, sowohl der katholischen als auch der evangelischen. Ich habe hier in meiner Gemeinde die offensichtliche Nichtachtung der Problem der Jesiden (ebenso der Kopten), der schrecklichen Verfolgung, der Massaker, der Vertreibungen, der Vergewaltigungen, der Ermordungen, dieses geflissentliche Wegsehen der Kirchen und deren feiges Vogel-Strauß-Verhalten diskutiert… zwecklos!
Des weiteren, lieber Pan, die zuwandernden Menschen kommen bei weitem nicht nur aus den Maghreb-Staaten, sie kommen aus vielen Ländern und Regionen auch ohne Krieg und Verfolgung, so z.B. aus Äthiopien, Tunesien, Irak, Iran, Libanon, Albanien, Serbien, Rumänien und, und, und… Ja, ich verstehe sie selbstverständlich und würde sicher auch alles tun, aus dem Elend zu entkommen. Aber ich erinnere hier nochmal an das Wort des Altbundespräsidenten.
Dies alles wird uns alle dieses ganze Jahrhundert lang fordern… Und ich gebe zu, eine Lösung der Probleme habe ich auch nicht parat. Soviel aber: Wir können nur solange helfen, solange es uns möglich ist...
...mit weiterhin großer Nachdenklichkeit grüßt
Syrdal
Lieber Horst, alleine über die drei letzten Sätze deiner an die biblische Weihnachtsgeschichte angelehnte Darstellung derzeitiger Geschehnisse könnte, nein müsste man eingehend diskutieren, was sich hier aber aus Gründen der Kommentarkürze verbietet. Doch wenigstens soviel:
1. „Aber alle träumten sie von dem wundersamen Leben in der Ferne, von denen ihnen erzählt worden war.“
Doch viel von diesen, die den Erzählungen Glauben schenken, fallen auf die eigennützigen Lügen übelster Geschäftemacher und Schlepper rein. Es wird den Menschen ein Schlaraffenland vorgemacht, das es auf dieser Erde nicht gibt und nie gegeben hat, auch nie geben wird. Aber: Alle haben, wie arm sie auch immer sind, ein iPhon und auch Zugang zum Fernsehen und haben somit die Möglichkeit, sich über die tödlichen Gefahren einer Reise (Flucht ist es in vielen Fällen heute nicht mehr!) ins gelobte Land zu informieren, ebenso über die auf sie in der Fremde wartenden Zustände (ich muss das hier nicht weiter beschreiben). Sie sollten also sehr wohl wissen, was sie tun, wenn sie mit dem in der Sippe gesammelten Geld unredliche Schlepper teuer bezahlen, denen das Leben ihrer „Kunden“ aber völlig egal ist…
2. „Und alle, vor die es kam, glaubten daran und wollten sich aufmachen, den Frieden in der Fremde zu suchen, sobald das Wetter es wieder zuließ.“
Und dann, wenn das Wetter „gut“ ist, machen sie sich auf und folgen ihrer irrelevanten Vorstellung, gelangen aber nicht selten sehr bald in die schlimmstmöglichen Zustände, in Hunger, Krankheit und Elend (unvergleichlich schlimmer als in ihrer Heimat!), in Sklaverei, Folter, Vergewaltigung und in die sichtbare und teuer bezahlte Chance, durch Ertrinken das Leben zu verlieren (Meeresüberquerung in einer Gummi-Nussschale). Was bitte haben diese Menschen gewonnen?
3. „Und wenn sie nicht angekommen sind, haben sie ihr Leben dort verloren, wohin sie ihr Schicksal führte...“
Schicksal? Wenn man das hier anführt, dann soll es wohl so sein? Denn Schicksal unterliegt nicht der menschlichen Entscheidungsfreiheit. Schicksal ist dem Wortsinn nach ein göttlich bestimmter Prozess.
Das alles müsste man noch viel eingehender diskutieren, denn nicht das Verlassen der Heimat bringt Glück und Frieden, sondern einzig und allein der konzentrierte Aufbau heimatlicher Erwerbsstrukturen. Und deshalb bringt es nichts, wenn die Menschen nach Europa wandern. Umgekehrt aber wäre es sinnvoll, die ganzen Mittel, die jetzt für Zugewanderte in Europa nötig sind und eingesetzt werden, ganz gezielt zu nutzen, um die durchaus gegebenen Möglichkeiten zur selbstversorgenden Lebensgestaltung in den Heimatregionen derjenigen zu schaffen, die ihr Land aus Verblendung und Nichtwissen gen Europa verlassen. Diejenigen, die das Land verlassen werden zuhause gebraucht, denn es sind überwiegend die Jungen, die Starken, die sich aufmachen und gehen. Alte, Schwache, Schwangere, Versehrte verbleiben in ihrem Elend, das sich weiter verschlimmert, weil die Arme der Kräftigen fehlen...
Europas Aufnahmefürsorge sollte aber unbedingt allen Menschen gelten, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund von Krieg, Terror und politischer bzw. religiöser Verfolgung wirklich asylberechtigt sind, aber bitte nur und ausschließlich diesen und auch nur solange, bis der tatsächliche Fluchtgrund nicht mehr besteht.
Zitat Gauck: "Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich."
Wer das anders sieht, müsste es sachlich (nicht nur emotional) begründen, denn emotional würde ich gerne jedem Menschen helfen, sagt
Syrdal
@Syrdal
Lieber Syrdal, schon seit längerer Zeit verfolge ich deine Beiträge im Blog und bin tief beeindruckt von deinen Gedanken. Du bist mit einer Weisheit gesegnet, wie man sie nur ganz selten findet.
Was diesen Beitrag betrifft, so kann ich dir uneingeschränkt zustimmen,
denn besser kann man das Geschehen nicht beschreiben.
Ich wünsche dir von Herzen eine zauberhafte Adventszeit und sage DANKE für all deine wunderbaren Worte und die Zeit, die du dir nimmst, sie hier aufzuschreiben.
Mit einem lieben Gruß von
Winterrose
Nun, liebe Winterrose, Weisheit…? Das macht mich verlegen. Aber das was ich so von mir gebe, fußt einzig auf den vielfältigen Erfahrungen aus einem langen und sehr bewegten Leben. Was mir bei allem aber wichtig ist: Das, was ich hier schreibe, möge nicht oberflächlich sein, es sollte stets aus herzerfüllter Überlegung heraus erfolgen. Dies ist mein Bemühen.
Doch gebührt Dir ehrlicher Dank für deine Worte, ich will nicht verhehlen, dass sie mich sehr erfreut haben.
Sei freundlich bedacht mit allen guten Gedanken für eine gesegnete und lichtbringende Advents- und Weihnachtszeit.
Dies wünscht dir mit herzlichen Grüßen
Syrdal
Damit hast Du die Geschichte von Bethlehem in die heutige Zeit perfekt übertragen.
Traurig aber wahr.
Mit Dank und herzlichem Gruß
Andrea
Lieber Syrdal,
Ich habe Fantasie genug, um Realität und Fiktion auseinanderhalten zu können. Deine Worte: ... treffen dabei leider nicht ins Schwarze. Das mag für die » Maghreb-Staaten« gelten, zugegeben. Die aber sind hierbei außen vor.
200000 Jesiden sind z.B. froh, wenn sie ihr Leben retten können. Und die Million Einwohner aus Homs haben alles andere im Kopf, als in Gummibooten übers Meer zu flüchten oder für den nächsten Diktator Häuser aufzubauen, die in drei Monaten wieder völlig zerstört werden! (Wie schon gehabt)
Ich selbst habe einen winzigen Teil von solcher Anti-Mentalität am eigenen Leibe erfahren müssen. Sicher kein Vergleich mit heute - aber ein Fingerzeig darauf, wie Menschen sich verhalten! Bei unserer Ankunft im Westen fanden wir Vertriebenen an den Ortsrändern Schilder vor mit der Aufschrift:
WIR WOLLEN KEINE FLÜCHTLINGE!
(Und wir kamen nicht aus Nordafrika, sondern aus Deutschland und trugen das Leid des ganzen Volkes im Gepäck - so denn noch etwas da war!)
Ich habe auf einmal ganz dumme Gedanken im Kopf.
Wo habe ich denn solche Sätze schon kürzlich gehört?
Und - ich muss nachdenken, wie würde ich mich in der gleichen Lage wohl verhalten?
Ich würde alles - alles tun, um dem Elend zu entfliehen ...