Gedanken über die Einsamkeit
Niemand möchte sich einsam fühlen und wenn immer möglich, wird versucht mit Aktivitäten zu kompensieren, um diesen Zustand möglichst schnell zu beenden. Oder es wird auf keinen Fall ausgesprochen, sondern überspielt.
Interessant ist auch, dass Einsamkeit oft so empfunden wird, als wäre sie ein Makel, ein Unvermögen mit anderen Menschen in sozialen Kontakt zu treten. Oder vielleicht sogar so etwas wie eine Krankheit, an der man sich anstecken könnte. Jeder Mensch braucht das Gefühl irgendwo dazuzugehören, aber was, wenn das nicht gelingt? Ist man dann selbst schuld?
Ich halte Einsamkeit für einen Zustand, der eine tiefe innere Wurzel hat, vielleicht ist es auch ein Schmerz, der gar nicht immer so genau definiert werden kann. Möglicherweise hilft aber auch gerade die Einsamkeit, in der man so völlig auf sich selbst zurückgeworfen wird, neue Wege zu finden.
Menschliche Beziehung läuft in der Regel so ab, dass es mal Nähe und mal Distanz gibt. Selbst mit dem vertrautesten, am nächsten stehenden Menschen kann man Phasen haben, in denen sich so etwas wie ein Fremdheitsgefühl einschleichen kann.
Es gibt Prozesse, Situationen im Leben eines Menschen, mit denen er wirklich allein zurechtkommen muss, weil sie sehr speziell sind. Hoffen kann er allenfalls auf Mitgefühl anderer, auch wenn manchmal von außen nicht wirklich nachvollziehbar ist, was er gerade durchmacht.
Möglicherweise kommen Menschen, die sich mit einer spirituellen Kraft verbunden fühlen, besser mit Einsamkeit zurecht.
Kommentare (18)
Für die geschenkten 💗chen sage ich lieben Dank an
Juttchen
IN KA
Muscari
Prakash
Komet
Monalie
Herzliche Grüße kommen von
Brigitte
Hallo Roxanna
Vielen Dank für den schönen Text.
Ich bin da ganz bei Kafka und den Autoren der Jahrhundertwende, die dieses Gefühl sehr gründlich erforscht haben. Bei Rilke spielt die Einsamkeit eine grosse Rolle, bei Hofmannsthal auch, bei Stefan George sowieso. Dann gibt es noch Nietzsche, dein einsamen, unverstandenen Denker schlechthin. Die Liste liesse sich lange fortsetzen.
Interessant ist, dass diese Autoren im Zuge der Industrialisierung schrieben. Die Technik vermag die Einsamkeit des Menschen zu vergrössern. Manche Charlie-Chaplin-Filme, zur selben Zeit entstanden, zeigen sehr schön, was geschieht, wenn Menschen nur noch mit Maschinen "interagieren".
Ich denke, dass Einsamkeitsgefühle tatsächlich jedem Menschen innewohnen. Es ist aber die Frage, wie man sie interpretiert. Man kann sie als unangenehm abtun und versuchen, davor zu fliehen. Das geht meistens nicht gut.
Oder aber man kann Einsamkeit als Tatsache akzeptieren und sogar dankbar dafür sein. Dankbar sein, dass man man selber und nicht jemand anders ist. Das ist, weiss Gott, nicht einfach. Meistens läuft es ja umgekehrt: Man möchte lieber jemand anders sein statt man selbst. Aber wir haben ja gut 80 Jahre Zeit (wenn's gut geht), um das zu erlernen. :)
Viele Grüsse
Sandra
@Sandra1975
Es ist wohl so, liebe Sandra, dass Einsamkeit auch große Kreativität in Gang bringen kann. Vielleicht sind es überhaupt tiefgründige und sensible Menschen, die Einsamkeit ganz besonders spüren. Ich stimme dir zu, man kann sie als unangenehm abtun oder aber sich ihr sozusagen stellen und versuchen zu ergründen, was passiert gerade mit mir. Ein Mensch, der gewöhnt ist, sich auch immer wieder selber zu reflektieren, findet möglicherweise auch so wieder den Ausgang.
Du sprichst die Technik an, dass sie vermag die Einsamkeit der Menschen zu vergrößern. Da denke ich sofort daran, wie Menschen heutzutage miteinander kommunizieren, eben über Technik. Man hat das Gefühl ständig in Verbindung mit anderen zu sein, aber das körperliche, sinnliche fehlt komplett. Man schaut sich nicht in die Augen, man kann sich nicht berühren, man sieht nicht die Reaktionen auf Geschriebenes usw. Ich denke, wenn es nicht ausgewogen ist zwischen persönlichem Kontakt und den über Technik trägt das auch zur Einsamkeit bei.
Jemand anderer sein zu wollen, liebe Sandra, macht keinen Sinn, weil man als andere einfach nur andere Probleme hätte. Das, was wir uns vorstellen, wie wir als jemand anderer wären, ist eben nur Fantasie. Und wer weiß, was man in einer einsamen Stunde oder auch längeren Phase, alles noch an sich selbst entdecken kann, was wirklich liebenswert ist 😉.
Herzlichen Dank für deinen Kommentar und liebe Grüße von
Brigitte
@Roxanna Vielen Dank für deine Antwort. Ja, ich finde es auch sinnlos, jemand anders sein zu wollen. Und doch tun wir das alle zuweilen. Sich der Einsamkeit zu stellen braucht Mut. Früher oder später müssen wir uns mit ihr befassen.
Viele Grüße
Dein letzter Satz sagt alles…
Zitat:
Möglicherweise kommen Menschen, die sich mit einer spirituellen Kraft verbunden fühlen, besser mit Einsamkeit zurecht.
Ja, liebe Brigitte, genau so ist es...
Einen rundum erfüllten Abend wünscht Dir mit herzlichen Grüßen
Syrdal
@Syrdal
Das, lieber Syrdal habe ich in meinem Umfeld schon immer wieder mal erlebt, dass Menschen, die einen starken Glauben haben, getragen und beschützt zu sein, mit den Beschwernissen und Schicksalsschlägen des Lebens, welcher Art auch immer, besser zurecht kommen. Was aber ist mit den Menschen, die den Zugang nicht finden können, das gibt es ja auch. Manchmal frage ich mich, wie kommt es, dass es dem einen Menschen leicht fällt, sich spirituell verbunden zu fühlen und andere können es einfach nicht. Ich spreche nicht von denen, die sich bewusst dagegen entscheiden. Vielleicht ist es auch Gnade, den Zugang zu finden, die nicht jedem zuteil wird.
Herzlichen Dank für deinen Kommentar und liebe Grüße
Brigitte
@Roxanna
Ach wer könnte das wissen…? Und nicht selten öffnet sich diese innere, lebenslang „vernagelte“ Tür, wenn derjenige am Himmelstor rüttelt. Doch auch da gilt: Es ist nie zu spät…
...meint Syrdal, verbunden mit frohen Grüßen zu Abend
@Manfred36
Das, lieber Manfred kommt vielleicht ganz darauf an, wie sehr ich mir selber vertrauen kann und welche Erfahrungen ich mit Einsamkeit gemacht habe. Sie könnte dazu dienen, mal in sein Inneres zu horchen, was ist eigentlich los. Niemand anderer kann den Weg aus „meiner“ Einsamkeit finden, das muss man schon selber schaffen.
Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar und grüße dich ebenso herzlich
Brigitte
Einsamkeit kann drückend und quälend sein, zum zu ertragen.
Aber sie muss sein, wenigstens hin und wieder.
Ständige, ununterbrochene Zweisamkeit und Vielsamkeit wäre unerträglich, ein Zwangslager auch für Schwächen und Grausamkeit. Einsamkeit ist ein Versteck, ein Ventil, ein Ruhelager
Silesio
@silesio
Vielleicht, silesio ist Einsamkeit dann drückend und quälend, wenn man viel Widerstand entwickelt und sich in eine negative Gedankenspirale hineindenkt. Kann man sie annehmen, geht man möglicherweise gestärkt daraus hervor und kann sich auch wieder offen anderen Menschen zuwenden. Ja, sie wie ein Ruhelager zu sehen, das ist ein guter Gedanke, der mir gefällt.
Danke für deinen Kommentar und lieben Gruß von
Brigitte
liebe Brigitte,
da machst du ein weites Feld auf
sich so richtig mutterseelenallein zu fühlen tut weh,
meistens hält das nicht ewig an - Gott sei Dank!
aber sich mit speziellen Sitaution einsam zu fühlen, gehört vlt. mehr zum Leben, als man vordergründig annimmt
denn meistens wird der Grund für das einsame Gefühl nicht (mehr) ins Gespräch gebracht, weil die/der Einsame auch gar nicht damit rechnet, dass ihn irgendwer verstehen könnte - geschweige denn, das Hilfe zu erwarten wäre. Es gibt Situationen, die sich nicht ändern lassen
wie wir damit umgehen, ist sehr unterschiedlich,
auch wie groß die Belastung daraus ist, variiert von Mensch zu Mensch stark, finde ich
🌻
lieben Gruß
WurzelFluegel
@WurzelFluegel
Dem, was du geschrieben hast, liebe WurzelFluegel kann ich nur zustimmen. Das Thema ist wirklich ein weites Feld. Mein Eindruck ist, dass Einsamkeit überwiegend negativ gesehen wird, als unangenehmes Gefühl, das man schnell wieder los sein möchte. Sie gibt aber auch eine Chance, einmal gründlich über sich selbst nachzudenken.
Über seine ganz persönliche Einsamkeit zu sprechen oder besser, sich da anzuvertrauen birgt ein gewisses Risiko, auch bei Menschen, die man meint gut zu kennen. Wer einsam ist, ist unter Umständen auch sehr verletzlich und da Einsamkeit ein schwieriges Thema ist, braucht es ein sehr einfühlsames Gegenüber. Nicht jeder möchte das Thema wirklich vertiefen.
Und ja, die Belastbarkeit der Menschen ist sehr verschieden. Sie kann einerseits vom Naturell abhängen und andererseits auch davon, wie viel ein Mensch schon mitgemacht und Kraft gelassen hat in seinem Leben.
Herzlichen Dank für deinen Kommentar und liebe Grüße zu dir von
Brigitte
Lieber Dank geht an Cordelia für das geschenkte 💗chen.
Ein gutes Wochenende wünscht mit lieben Grüßen
Brigitte