Exotische Erscheinung
Exotische Erscheinung
Gleichsam wie eine Majestät
ist sie mit blaugrünem Blätterkleid
Symbol der Kreativität
und weiser Naturverbundenheit
mit einzigartig schönen Blüten,
die sie in Sommertagen zieren,
später dann mit roten Früchten
staunende Liebhaber betören.
Diese kleine Wunderpflanze
ist auch ein pflanzliches Valium,
medizinische Effekte
sind ein ausgewiesenes Faktum
bei verschiedenen Gebrechen
wie Malaria und Wurmbefall,
ihre Wirkstoffe* versprechen
rasche Hilfe bei gar mancher Qual.
Wem aber ist heute bekannt
der Name dieser edlen Pflanze,
eng mit dem Drachenbaum* verwandt,
wurd‘ sie bedacht mit hehrem Glanze
eines großen Meisters Name,
was wohl kaum jemand vermuten kann.
So besteht nun hier die Frage,
wer ist der namespendende Mann?
Angetan war er vom Wesen
dieser exotischen Erscheinung,
denn ein wundersam Geschehen
war ihm ein wahres Faszinosum,
konnte er doch miterleben,
wie plötzlich aus der Blätter Ränder
kleine Sprösslein sich erheben
und abspringen als Pflanzenkinder.
Erforschend hat er sich befasst
mit solchen Eigentümlichkeiten,
dass sich vom Blatt die Brut ablöst,
um zum Boden hinabzugleiten
und bald Wurzeln dort zu schlagen.
All dies geschieht ganz ohne Nöte –
so erkannt‘ vor vielen Jahren
staunend in Weimar J.W. Goethe.
In der Schriften Original
ist Bryophyllum calycium*
dieser Pflanze botanisch Mal,
aber in manchem Herbarium
ist sie oft als Brutblatt bekannt,
doch dass man es überall versteh,
wird sie heute zumeist benannt
als Goetheblume Kalonchoë*.
© Syrdal 2024
Erklärungen:
* Drachenbaum (bot. Dracaena) = es gibt mehr als 50 aus den Tropen stammende Arten aus der Familie der Spargelgewächse (Asparagales); einige zählen bei uns heute zu den populären Zimmerpflanzen
* Bryophyllum calycinum = Die erste 1814 unter dem Namen Bryophyllum calycinum nach Deutschland eingeführte Pflanze stammte aus dem Botanischen Garten Kew (UK) und wurde im Botanischen Garten Hannover vermehrt. 1817 erhielt der Botanische Garten Belvedere in Weimar eines dieser Exemplare. Wenig später beobachtete dort Johann Wolfgang von Goethe, wie kleine Pflänzchen (Sprösslinge) an den Blatträndern der Mutterpflanze wuchsen. Davon fasziniert, begann Goethe mit der Aufzucht und der genauen Beobachtung der Pflanze. Diese hatte bald auch Einfluss auf seine Dichtkunst. So schrieb er über sie das Gedicht „Mit einem Blatt Bryophyllum calycinum“. Das Gedicht war Teil eines Briefes vom 19. April 1830 an Marianne von Willemer, dem Goethe auch ein Exemplar der Pflanze Brutblatt beigelegt hat.
* Kalonchoë (auch Brutblatt) = die Goethepflanze gehört zur Gattung Kalonchoë und stammt vermutlich aus Madagaskar. Goethe hat sie erstmals 1817 im Botanischen Garten in Weimar beobachtet, als die Pflanze an den Blättern kleine Jungpflanzen (Sprösslinge) bildete.
Kommentare (10)
@Marlen13
Die medizinischen Aspekte dieser Pflanzenart waren mir bislang auch nicht bekannt, habe das aber bei den Recherchen erfahren. Allerdings werden die Wirkstoffe heute wohl in praxi kaum noch angewendet angewendet. Interessant ist es aber allemal.
Danke für Deinen Hinweis und
heitere Abendgrüße
Syrdal
Lieber Syrdal,
hier bildet sich gerade ein "Kalonchoe- fan-club"...der dieses "pflegeleichte" bescheidene Pflänzchen, mit ganz anderen, bzw. neuen Augen sehen und vor allen Dingen jetzt noch mehr "schätzen".
Dank Deiner so umfangreichen Beschreibung bzw. Aufklärung...
eines ist auch sicher, beim nächsten Kauf, denken wir stets an Dich und den Artikel
Deiner "exotische Erscheinung"...
mit Freude gelernt,
einen sonnigen Sonntags-gruß (zZt.)aus dem Rheinland
Renate
@ladybird
Na gut, liebe Renate, dann hat mein kleines Gedicht ja sogar etwas Gutes bewirkt. Gerne wünsche ich allen Fan-Club-Mitgliedern höchlichste Freude an der schönen bescheidenen Pflanze… und auch Goethe lässt grüßen…
...meint da ganz leise zu hören
Syrdal
Die Natur bietet uns immerzu neue Wunder, Kreationen ihrer unendlichen Artenfülle, über welche wir nur bewundernd staunen können, von einer atemberaubenden Schönheit und Perfektion, lieber Syrdal.
Danke für die vielen interessanten Details über die Kalonchoë, die auch mein Fensterbrett ziert.
Herzliche Grüße und einen friedvollen Sonntag
Irmina
@Claudine
Da hast du wohl recht, liebe Irmina, die Natur bietet immer wieder kaum ahnbare Überraschungen. Kein Wunder, dass Goethe, der sich ja auch als Naturforscher betätigte, von dieser kleinen Pflanze fasziniert war, die damals mehr aus Zufall aus Madagaskar stammend über England und weitere Stationen in den kleinen Botanischen Garten Weimar gelangte. Und noch heute können wir die Schönheit und Faszination dieser Blumenpflanzen bewundern und genießen.
Möge auch dein Sonntag und überhaupt alle Zeit friedlich sein, sagt mit Grüßen
Syrdal
Lieber S
mir geht es genauso wie Ursula. Dieses "flammende Käthchen" ist bei uns schon fast zur Wegwerfpflanze mutiert. Ich knipse immer die Blüten ab und lasse sie dann stehen und gieße sie wenig. Dann - irgendwann treibt sie neue Blüten. Sie ist so anspruchslos und dabei so hübsch und wird zum Schleuderpreis verkauft- beim Discounter nehme ich hin und wieder eine mit weil sie mir leid tun. Sie stehen nur armselig rum. Sie werden schon öfters für enen Euro verkauft.Sie danken es mir mit üppiger Blüte.
Das mit den "Sprosslein" habe ich aber noch nicht erlebt. Wahrscheinlich ist das eine Exqusite Art.
Vielen Dank für Deine Mühe mit den interessaten Details über ein oft verkanntes "Mauerblümchen"
Einen wunderschönen Sonntag wünscht Dir
mit lieben Grüßen
Angelika
@Tulpenbluete13
Es ist ja nicht selten, dass Wertvolles „verramscht“ wird, wenn es nur in größerer Stückzahl vorhanden ist. Und den kleinen schönen Pflanzen – Du hast sie „Flammendes Käthchen genannt – geht es oft leider so, dass sie kaum beachtet und billigst verkauft werden, obgleich sie mit ihrer Bescheidenheit und Genügsamkeit rechte Freude und auch reiche Blüte bringen. Ob du aber die Art mit den „Brutblättern“ hast, vermag ich nicht zu sagen. Du würdest es bei guter Pflege erfahren.
Weiterhin viel Freude am „Flammenden Käthchen“ wünscht Dir mit Sonntagssonnengruß
Syrdal
Das ist wirklich eine Überraschung für mich, lieber Syrdal,
daß die Kalonchoe auf meinem Tisch eine fast berühmte Pflanze ist.
Ich habe schon viele Exemplare hier stehen gehabt -
in vielen Variationen von rot - rosa und weiß. Gefüllte und ungefüllte Blüten.
Es ist ein langes üppiges Blühen, so daß die Pflanze für viele Wochen Freude bringt.
Da ich die Pflanze nach der Blüte entsorge konnte ich noch nie feststellen, daß an den Blättern Jungpflanzen erschienen.
Wenn ich nachher neben ihr sitze werde ich sie mit neuen Augen und besonderer Hochachtung betrachten 😉.
Vielen Dank für die ausführliche Aufklärung und
liebe Grüße zur Nacht
Ursula
@U. Petri
Liebe Ursula, es gibt so viele Dinge, die oft kaum bekannt sind oder nach einiger Zeit auch wieder in Vergessenheit gelangen. Bei der Kalonchoe ist es nun aber so, dass es über 150 sehr verschiedene Arten in dieser Pflanzenfamilie gibt, aber nur die eine – Bryophyllum calcinum – die von Goethe „entdeckte“ Art ist, die den wissbegierig forschenden Dichter so fasziniert hat, dass er sie intensiv beobachtet, erforscht und vermehrt hat. Auch hat er Ableger gerne verschenkt und es ist zudem ein Gedicht entstanden, in dem er diese Pflanze würdigt. - Ob die Kalonchoe, die du gerade besitzt, genau zu dieser Goethe-Spezies gehört? Ich hoffe und wünsche es dir, doch wird es sich zeigen, ob zu gegebener (Brut-)Zeit kleine Sprösslinge an den Blättern erscheinen. Wenn dies geschieht, hast du wahrscheinlich wirklich ein „echtes“ Goetheexemplar. Gespannt darauf ist mit dir
mit Abendgrüßen
Syrdal
Lieber Syrdal, danke für deinen aufschlussreichen Bericht, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Ich kenne diese Pflanze, aber wusste nicht das sie auch im medizinischen Bereich eine Rolle spielt. Man lernt eben nie aus ! Liebe Tagesgrüße von Marlen.