Da gibt es eine unter vielen A3 großen Pappen mit Bildern der Familien. Ich studiere die Bilder: die Eltern unseres Vaters. Und noch einige früheren Datums, wohl, als sie sich noch nicht kannten.
Früher ging man zum Fotografen (als der sich noch „ph“ schrieb) in dessen Atelier, ließ sich herum rangieren, bis der Operateur glaubte, die richtige Ansicht festhalten zu können, die in seinem Kasten auf der Mattscheibe ja koppheister erschien. Dann kam der nie gesehene Kuckuck, und Alle konnten wieder entspannt weiter atmen. Der Operateur verschwand mit der geschlossenen Kassette in einen dunklen Raum, aus dem es etwas nach Chemie roch.
Wenn die Glasplatte in der Dunkelkammer bei ganz schwachem Licht aus der Schiebekassette herausgeholt und in den Schalen entwickelt worden war, ging er an den Tisch mit dem Vergrößerungsapparat. Er schob die Glasplatte ein und ließ da Licht durchscheinen. Auf der Tischplatte sah man nun das Bild negativ, also schwarz zu weiß und weiß zu schwarz. Er suchte einen Rahmen heraus, der so verschoben wurde, bis das gewünschte Bild begrenzt war, er kurbelte den Vergößerer noch etwas rauf und runter, bis ja genau das Bild – negativ – passte, auch drehte er am Objektiv so lange, bis die Konturen scharf zu sehen waren. Er schaltete das Licht des Vergrößerers wieder aus und holte ein Blatt Fotopapier aus einer Schachtel, legte es in den Rahmen. Das Licht im Vergrößerer wieder an und
»Einundzwanzig – Zweiundzwanzig – Dreiundzwanzig - … « das war die Zeit in Sekunden, die er da zählte, die nötige Belichtungszeit und dann schwupp das Licht wieder aus.
Wie es der Glasplatte ergangen ist, so ging es dem Fotopapier auch: Entwickeln, Fixieren und Wässern, schließlich Trocknen.

Nun sehen wir uns mal das Bild von Opa und Oma an:
Da erscheinen sie als wenn sie aus dem Nebel auftauchten. Ganz toll gemacht. Und wie? Wenn das Papier belichtet wird, wedelt der Laborant über die Teile des Bildes, wo er kein Bromsilber mehr behalten wollte, also so rundherum, womit da eben kein Licht oder nur, nur wenig eindrang.

Das Bildchen wurde dann auf einen pappernen Träger geklebt, natürlich mit der Adresse des Photographen aufgedruckt.

Und da es sich hier um eine noch existierende Adresse in Berlin-Karlshorst handelt, wollen wir mal dahin fahren, um zu sehen, wie es so nach reichlichen einhundertzwanzig Jahren und nach der Wiederfreigabe der Gegend von den Russen aussieht.

Und neue, neue Fragen tauchen auf: wo lebten die Großeltern nun wirklich in Berlin. Bedenke: um diese Zeit gab es noch nicht den Öffentlichen Verkehr.

Was so ein Bild alles für Fragen aufgibt!

ortwin

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Kommentare (4)

christl1953 Was war das dazumal für ein Aufwand Fotos zu machen !
Wenn man das heutige Digitalfotografieren betrachtet ?
Naja Fotos waren etwas besonderes und wurden nur zu bestimmten wichtigen Anlässen hergestellt.Bei dem Aufwand den so ein Fotograf hatte,kein Wunder!Trotzdem waren die
Leute früher ganz schön gescheit,oder ?
alte fotos in schwarzweiß finde ich ausdrucksvoller als die farbigen von heute.
Mehr davon hast du sicher noch,oder ? Ich freu mich drauf!
christl1953
Maritt wie man früher so Fotos herstellte....Ja, auch ich habe so viele alte Fotos, leider manchmal ohneAngabe des Jahres.

Ich habe in der 70er Jahren auch mal in einem Fotoclub Schwarz-Weiß-Fotos hergestellt. Musste lachen, denn das Wedeln mit einem Stück Papier kannte ich auch noch, wenn man bestimmte Stellen nicht so stark belichten wollte.

Danke Ortwin, für Deine interessanten historischen "Geschichtchen".
Ich werde bestimmt immer mal vorbei schauen.

Maritt grüßt
ortwin Tilli-Mädchen, Du könntest staunen: das ist längst nicht das älteste Bild. Oh nein, da gibt es ein Photo aus Orenburg am Ural - weit vor der Jahrhundertwende, als man teilweise (so mein Großvater mütterlicherseits) noch auf Silberplatten knipste - die Verwandschaft und die Honoratioren. Meine Großmutter war da als Waise beim Onkel, der mit seinen Leckereien den Hof der Zarenfamilie belieferte. Ehe ich "zuschlagen" konnte, sind so viele alte Aufnahmen in alle Himmelsrichtungen verstreut worden. An manches Bild kann ich mich (als Knabe) noch erinnern. Jetzt konnte ich in der Kiste, die mir meine Schwester (die Retterin) mitgegeben hat, finden, daß der Bruder unseres Großvaters, der Onkel Erich, Photograph war - sein Schicksal hatte ihn nach Sibirien geschleppt, aber in den Wirren der Revolution konnte er in dem großen Mütterchen Russland seine Familie wiederfinden und mit ihnen nach Deutschland zurückkehren (Dr.Schiwago??? eben ganz anders).
ortwin
tilli Wie schön sie sind.Ich liebe die alten Photos.Du hast uns schon viele gezeigt.Aber,das ist das älteste und so sehr wertvoll.Gut das man sie noch bewahrt hat.
Diese Technik damals und der Aufwand , bis man solches Photo in der Hand hielt,
dass war ja eine Leistung für die zeiot damals.
Grüße Tilli

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