“Effi Briest” im Film




Immer neu; immer aktuell: Verfilmungen zu Theodor Fontanes Roman “Effi Briest”.


(Ich habe den Beitrag aus dem Film-Forum hier, korrigiert, eingestellt und werde zu den anderen "Effi"-Verfilmungen noch einiges ergänzen.)




Gar nicht so neu:
"Effi Fontane" - oder: "Effi Briest II"


Hermine Huntgeburths mutige, konsequente Fontane-Arbeit der "neuen, alten Effi"


Ja - schon drei Männer, die ungeniert die angeblich schamlose Effi verurteilen.

Gestern neben BILD-Fritzchen auch Ulrich Greiner (einschließlich Martensteins Hilflosigkeit) in der ZEIT (s. TIPP), mit völlig unsinnigen, falschen Beobachtungen.

Alle Vor-Schreiber dort haben den Film (in einem Fall nur das Trailerchen...) noch nicht gesehen und tuten ins vorgehaltene Moral-Horn: D a s (also: sich sozial und sexuell befreien) darf doch eine Frau nicht, die sich von Mutter, Mann und Gesellschaft verkauft fühlt - und daran nicht erkrankt und nicht psychogen verreckt.

Ein herrlicher Film in den Gegenüberstellungen von äußerem Schmutz und innerer Wahrhaftigkeit (Straßenkot, vergammelte Häuser, Liebeslager auf Pferdedecke in einer Bruchbude) - Herrschaftlichkeit der Briestschen Hauses und moralisch, demütigendem Getue)

So war es immer, auch in wissenschaftlichen Analysen von gelehrten Männern und seit 20 Jahren von drei Frauen zu "Effi Briest":

Sie verraten beschreibend ihre moralische Voreinstellung als Konvention und trampeln ungeniert darüber hinweg, was Fontane nicht nur in seiner verhüllenden Beschreibung der Vorgänge, sondern auch in seinen Briefen zu der "im Käfig der Angst" erzogenen Frau und Mutter geklärt hat.

Dass in der fünften Verfilmung zum ersten Mal eine Frau (mit den Figuren und Aussagen der im Roman und in den Briefen vorgestellten Männern und der Dienerin Roswitha Gellenhagen) die Konsequenzen gezogen, die Fontante 1895 nicht offen legen konnte; aber jedem Leser und allen Mitdenkern für die Zukunft von Mann und Frau in ihren Rollen

Dass in der fünften Verfilmung zum ersten Mal eine Film-Frau (mit Hilfe der Figuren und Aussagen der im Roman und in den Briefen vorgestellten Männern und der Dienerin Roswitha Gellenhagen) die Konsequenzen gezogen, die Fontante 1895 nicht offen legen konnte; aber jedem Leser und allen Mitdenkern für die Zukunft von Mann und Frau in ihren Rollen mitgegeben, ja, geschenkt wurde als Möglichkeit: Liebe und Freiheit als Glück und Chance.

Deutsch-Mann und Deutschlehrerinnen hätten sich alle Kriege und besonders den Nazi-Rassismus sparen können, wäre "Effi Briest" als Denkmodell zur Erkenntnis genommen und nicht nur zum Abschreibemodell (mit den Noten für die Klassen- und Abiturarbeiten!) für weibliche Zwangsmoral als Gesellschaftspuppe, Bettdummchen und Mütterchen und beruflichen Rückhalt des erfolgreichen Mannes.

Nur eine Figur hat mich völlig überrascht; die Entwicklungsmöglichkeit ist aber richtig gesehen: Dr. Alonzo Gieshübler, der Apotheker, der ähnliche Demütigungen wie Effi verkraften muss (er ist verbuckelt, im Roman):
Er übernimmt die mutige Rolle mir verbaler, ja schimpfend-drohender Schützenhilfe für die Nachrichten und Bitten zu Effis Notlage, für die im Roman ihr Arzt mit-spielt.

Dass auf die berühmte - von Max Liebermann grafisch wirkungsvoll geprägte - Schaukelszene fehlt…

Wem fällt das auf? Wer mag darüber nachdenken?

Greiners Effi-Unvermögen


Rückblick zu den bisherigen filmischen Effi-Operationen:


Rudolf Jugerts Verfilmung “Rosen im Herbst” von Theodor Fontanes Roman “Effi Briest” lief am 27.06.08 im BR.

Da die Verfilmung viele Überraschungen bot, habe ich sie hier zum Anlass genommen, Fontanes bekanntesten Roman als Film nachzuspüren:


Zum Thema Ehebruch:
Zu diesem alten Film, den ich am 28.06.08 zum ersten Mal im TV sah: BRD 1955. Spielfilm mit Ruth Leuwerik (als Effi) und Berhard Wicki (auch als Schauspieler in der Rolle des Landrats).

Besetzung:

Ruth Leuwerik: Effie Briest
Bernhard Wicki: Geert von Innstetten
Carl Raddatz: Major von Crampas
Paul Hartmann: Herr von Briest
Lil Dagover: Frau von Briest
Lotte Brackebusch: Roswitha
Günther Lüders: Alonzo Gieshübler
Margot Trooger: Johanna
Heinz Hilpert: Minister von Cramer
Eva Vaitl: Frau von Cramer

Jugerts Verfilmung “Rosen im Herbst” zu Fontanes “Effi Briest” verdient Interesse.

Er verknappt Inhalte an entscheidenden Stellen des Plots, wenn Soziales oder Persönliches "geschnitten" wird.
So muss der Zuschauer sehr stringent in Eigenarbeit die einzelnen Handlungsabschnitte an den angegebenen, markanten Punkten, die nicht völlig ausgespielt werden, ergänzen und zusammensetzen.
Er ist somit filmtechnisch spannender als die anderen Verfilmungen (von Gründgens oder Fassbinder), die im vom Romantext vorgegeben Verlauf bleiben.

Insgesamt werden Charakter und Position des Barons Geert von Instettens aus einem adelig ständischen, beruflichen Blickwinkel dargestellt: Arbeitsalltag, Befehlsituationen, Bürotätigkeiten; Vorbereitungen zu seiner Bezirks-Wahl.

Die typischen gestalterischen Mittel der 50er Jahre, mit denen der Film umgesetzt wurde, sind stark überentwickelt, optisch bis ins Kitschige gesteigert, teils dem Hohn preisgegeben:

* im Dekorativen,
* in den Naturbildern,
* in den oberklassigen Häusern und Wohnungen als gesellschaftlich relevante Schauräume,
* in der drall-üppigen weiblichen Kleidung,
* mit staatlich-stattlichen Anzügen und Uniformen bei den Männern,
* im moralisch aufgezogenen Gehabe und unpersönlichen Getue und den Männereien im Offiziellen, das somit dem Lächerlichen ausgestellt wird (wogegen die junge Effie Briest gefühlsmäßig revoltiert, solange sie sich gelangweilt fühlt; wobei sie sich aber im Berliner Luxusleben völlig einclinkt, weil es ihrer Oberflächlichkeit von Vorteil ist.

Filmografie:
http://www.filmportal.de/df/52/Uebersicht,,,,,,,,C0308C2244E143A882834C94B56E0F0D,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html


Der Film brachte erstaunliche Veränderungen gegenüber dem Roman und der früheren "3-Reich"-Verfilmung von Gründgens:


Herrschaftliches:

Einblicke in die gesellschaftlichen Verhältnisse des herrschenden Standes und der regierenden Kräfte; eine glaubwürdige Umgestaltung der Rolle des alten „Briest“, eine Veränderung der Rolle des Mädchens Annie (beim Besuch bei ihrer Mutter), die Rolle des Arztes als eines Seelen-Vertrauten auf Hohen-Cremmen, in der Sterbeszene der psychosomatisch Erschöpften in der mortalen Depression u. a.

Die Liebelei, das Techtelmechtel und mehr(!?) mit Major von Crampas (ob Ehebruch oder niedliches Skandalspielchen der frustrierten jungen Frau Landrätin) wurde stärker ausgespielt als im Roman, aber nicht realistisch-eindeutig preisgegeben, sondern nur symbolisch in der Funktion der überschwappenden Meereswellen (als donnernder Naturhöhepunkt nach dem Schnitt bei der Kussszene) vollzogen wurde (was Fontane auch nicht wollte und zeitbedingt auch nicht ausverbalisieren konnte).

"Ehrenhaft":

Effis Vater unterrichtet seine Tochter, nachdem sie aus dem Kuraufenthalt in Bad Ems gekommen ist, dass sie ihre Tochter nicht mehr sehen darf... - und: "Geert hat die Ehrenhaft angetreten." - Ein Begrif, der uns fremd geworden ist; er suggeriert, dass "mann" - also der Duell-Täter höchstpersönlich - als Wisser und Garant der "höchstgeschätzten, oberen Ehrenhaftigkeit" ins Gefängnis gehen will und dort die Veruteilung erwartet und die Begnadigung abwarten wird.

Zum Begriff:Festungshaft (auch als Festungsstrafe, in Osterreich zeitweise als Staatsgefangnis bezeichnet) war bis 1945 eine im StGB definierte, elitäre Form der Freiheitsstrafe. Solchen Festungshäftlingen billigte
die Obrigkeit (die Militärführung und die Justiz) eine ehrenhafte Gesinnung zu. Diese Form der Inhaftierung wurde als "Ehrenhaft" legitimiert, eine „custodia honesta“ (also eine nicht entehrende Strafe), sogar ohne Arbeitszwang.
Sie ersetzte das Zuchthaus oder Gefängnis und wurde nur gegen Angehörige höherer Stande, bei politischen Straftaten oder gegen den überlebenden Duellanten verhängt.

Hauptdarstelerin der 'Effi':
Ruth Leuwerik ist aber zu alt für die Rolle der jungen 19-jährigen Effi, die noch ein verspielter („schaukelnder“)Teenanger war, als sie „verheiratet“ wurde, um „als Zwanzigjährige dort zu stehen, wo andere Adelsfrauen mit 40 Jahren stehen“ – Weibliches Ideal und ständisches Versprechen der Madame von Briest.


Zur weiteren Film-Geschichte:

1929: Erstverfilmung: Gustav Gründgens drehte mit Marianne Hoppe in der Hauptrolle: "Der Schritt vom Wege".

1955 folgte Ruth Leuwerik in der Verfilmung von Rudolf Jugert.

1968: In der DDR-Fassung von 1968 spielt Angelica Domröse die Effi.

1974: Rainer Werner Fassbinder schließlich verfilmte den Roman 1974 mit Hanna Schygulla.


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Zur feministischen Neuverfilmung von Fontanes „Effi Briest“:

Wollen Sie das wissen? … von Effis Orgasmen…?


Besprechung:

http://www.derwesten.de/nachrichten/kultur/film/2009/2/10/news-109847838/detail.html

1939 drehte Gustav Gründgens mit Marianne Hoppe in der Hauptrolle.
1955 folgte Ruth Leuwerik in der Verfilmung von Rudolf Jugert.
In der DDR-Fassung von 1968 spielt Angelica Domröse die Effi.
Rainer Werner Fassbinder schließlich verfilmte den Roman 1974 mit Hanna Schygulla.

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Hermine Huntgeburths „ Effi Briest ” ist die fünfte Verfilmung von Theodor Fontanes Ehebruchsroman. Der Film wurde in Berlin und auf Schloss Hoppenrade im Havelland, sowie in Lettland gedreht.
Die Besetzungsliste des Films nennt eine Reihe bekannter Namen: Juliane Köhler spielt Effis Mutter, Rüdiger Vogler den Apotheker Gieshübler, Sunnyi Melles Sidonie von Rasenapp.
Der schneidige Major von Crampas, mit dem Effi ihre Affaire hat, wird von Misel Maticevic gegeben.


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Allgemeine Informationen zum Roman:

http://de.wikipedia.org/wiki/Effi_Briest

Vgl. dort besodners die Figuren-Konstellation und –Entwicklungen zu "Effi Briest":


http://www.filmportal.de/df/37/Credits,,,,,,,,C0308C2244E143A882834C94B56E0F0Dcredits,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html


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Die neueste Verfilmung ist jetzt auf der "Berliner Berlnale" gezeigt worden:

„Effi“ ( BRD)
Regie: Hermine Huntgeburth
Darsteller:
Julia Jentsch (Effi),
Sebastian Koch (Innstetten),
Juliane Köhler (Frau von Briest),
Mišel Maticevitc (von Crampas)



Zur Neuverfilmung von Fontanes „Effi Briest“:
Wollen Sie das wissen? … von Effis Orgasmen…?


http://www.derwesten.de/nachrichten/kultur/film/2009/2/10/news-109847838/detail.html

Bilder:

http://www.derwesten.de/nachrichten/kultur/film/2009/2/10/news-109847838/detail.html


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Hermine Huntgeburths "Effi" ist die fünfte und stark veränderte, positiv ins Leben verlängerte Verfilmung von Theodor Fontanes Ehebruchsroman.
Er verändert die Tragik und Schuldzuweisung wegen des im Roman nicht beschriebenen Ehebruchs; Effi kann sich als Frau befreien und eine neue Identität in Berlin aufbauen.

Das ist eine Aktualisierung, die heutigen Wünschen und Möglihckeiten entspricht, ja, schön!

Der Film wurde in Berlin und auf Schloss Hoppenrade im Havelland, sowie in Lettland gedreht.

Die weitere Besetzungsliste des Films nennt eine Reihe bekannter Namen:
Juliane Köhler spielt Effis Mutter.

Rüdiger Vogler den Apotheker Gieshübler, Sunnyi Melles Sidonie von Rasenapp.

Der schneidige Major von Crampas (ein Fauenheld), mit dem Effi ihre Affaire hat, wird von Misel Maticevic gegeben.

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Ergänzend: ein gutes Unterrichtsprojekt:

Ein Unterrichtsprojekt

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Kommentare (1)

pelagia gelesen, das hätte mich sehr interessiert. Werde mal nachforschen, ob ich an anderer Stelle etwas finde und nsachholen kann. Danke für den Beitrag (und in dem Zimmer- Foto - würde ich mich gern für eine Weile niederlassen)

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