Durchkreuzte Alterspläne


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Ja, was hatten wir uns noch alles vorgenommen für die Zeit nach der Arbeit. Es ist nicht so, dass ich mich beklage, wir hatten ein reiches und auch erfolgreiches Leben, 4 gesunde Kinder und mittlerweilen auch 5 Enkelkinder. Meine geschiedene Frau und ich sind viel gereist, sie mit dem Rucksack um die ganze Welt während eines Jahres, kürzere Zeiten in Griechenland, Südamerika, Frankreich und Italien, Irlandund Grossbritanien. Mich selbst zog es mehr nach Asien, Thailand, die Philippinen, Sri Lanka, Indien und immer wieder für mehrere Monate nach Neuseeland, aber auch 8 Monate nach Irland, mehrere Monate in England und Frankreich und einmal auch einen Monat in Wien, wo es mir auch sehr gut gefallen hat.

Meine Frau und ich lebten seit Jahren getrennt, aber wir haben den Kontakt nie aufgegeben, weil es immer ein Bad gab, das uns verband, auch noch nach der Scheidung. Die Gründe hierfür sind ein anderes Kapitel.

Trotz der Scheidung haben wir die letzten drei Jahre zusammen in unserem kleinen Haus gelebt, das weitab des nächsten Dorfes bzw. noch immer liegt, umgeben von vielen Bäumen, die wir selber gepflanzt haben. Meine Frau liebte den Garten und verbrachte den grossen Teil ihrer Zeit darin, während ich mehr für den Haushalt und das Kochen verantwortlich war, wenn ich nicht auf Reisen war.

Dann vor drei Jahren fing es an. Ich habe es lange nicht beachtet. B. vergass immer mehr, was sich gerade vorher ereignet hatte oder worüber wir gesprochen haben, immer weniger schmeckte ihr mein Essen, das sie vorher gerne gemocht hatte, sie verrichtete Arbeiten, die in meinen Augen sinnlos waren, wie oben bereits erwähnt, überliess sie mir den gesamten Haushalt incl. Einkauf, das Kochen und Waschen, wie auch die Reinigung, was mir immer schwerer fiel, denn inzwischen bin ich auch 77 Jahre alt. B. unterband auch jeden Kontakt bis es dann vor etwas 1 1/2 Jahren zu massiven Handgreiflichkeiten kam, die ich aber nicht im Einzelnen schildern möchte bis ich zuletzt den Notarzt rufen musste, der B. sofort in eine psychiatrische Klinik einwies. Bald stellte sich heraus, dass eine Alzheimer-Erkrankung vorliegt.

Seit Anfang letzten Jahres lebt nun B. in einem Pflegeheim hier am Ort. Ich habe unser Häuschen vermietet und bin hierher gezogen, so dass ich die Möglichkeit habe, B. täglich zu besuchen, unterstützt von einem Sohn, der aber auch immer einen weiten Weg zurücklegen muss, um B. zu besuchen, gemeinsam haben wir die Betreuung von B. übernommen, wobei mein Sohn die wichtigere Rolle innehat, da ich ja als geschiedener Mann wie ein fremder Mensch
eingeordnet werde.

Die Pläne für das Alter sind gescheitert, aber B. freut sich immer, wenn ich sie besuche, sie erzählt und fragt nach, auch wenn ich nicht mehr verstehen kann, was in ihr vorgeht, aber sie lächelt mich an, freut sich, wenn ich sie küsse und ihre Hände streichle, und es ist immer schwierig, sie wieder zu verlassen, denn sie versteht nicht, dass sie im Heim zurückbleiben muss.

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Kommentare (2)

indeed Lieber Willibald,

deine Geschichte ist sehr ergreifend. Zumal du als geschiedener Mann dich so rührend um deine Ex-Frau kümmerst. Es zeigt, dass da noch eine Menge Gefühle vorhanden sind und dann bedarf es keiner ”Urkunde“.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer dieser Weg ist, den du mit deiner Frau gehst. Wenn der Geist eines lieben Menschen sich langsam zurück bildet, stirbt man jedes Mal ein bisschen mit.
Es gibt dir sicherlich ein gutes Gefühl, dass sie sich immer freut, wenn du bei ihr bist.

Ich wünsche dir viel Kraft und Mut, diesen Weg bis zu Ende zu gehen.

Herzliche Grüße
indeed
tilli Lieber Willibald!
Ich bin jeden Tag im ST. Lese viele Geschichten.Die Menschen sind hier,weil sie im diesen Forum neue Kräfte sammeln.Das Leben ,hat jeder irgendwie in eine Richtung gebracht,das man Freude sucht,die sich verstehen.
Hier treffen wir uns anonym,also jeder erzählt seine Geschichten aus dem wahren Leben.
Deine Geschichte,hat mir sehr berührt. Ob du geschieden bist oder nicht,das spielt doch gar keine Rolle. Du bist da,du gibst deiner Frau,der Mutter deiner Kinder, das was sie jetzt braucht.
Du hast viel erlebt,also war dein Leben voller Ereignisse.Geniesse die Erinnerung. Jetzt aber zeigst du deine Zuneigung,gibst deiner Frau diese Stunden noch einmal zu erleben. Diese Krankheit wird ihr später im Unterbewußtsein das Gefühl geben,sie war geliebt.
Ich danke dir für diese Geschichte. Sei stark und bleib bei ihr solange es geht.
Viele Grüße Tilli

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