Die Zwiebel
….Es starb ein schäbig-böses Weib
und ward gestürzt ins Feuermeer,
wo sie an Seele litt und Leib.
Ihr Schutzengel ertrug`s nur schwer.
Er fragte: Hat sie nicht vollbracht
nur eine gute Tat im Leben?
Ja, einmal hat sie mit Bedacht
ein Zwiebelpflänzchen weggegeben.
….Als Gott dies hörte, sagte er:
Halt es ihr hin, sie soll es fassen.
Glückt ihr der Aufstieg bis hierher,
sei sie ins Paradies gelassen.
….Der Engel kehrte froh zurück.
Nur Mut. Ich will dir Rettung bringen.
Die Zwiebel war und ist dein Glück.
Greif zu, vielleicht wird es gelingen.
….Sie griff begierig nach der Pflanze,
und langsam ging es aufwärts dann.
Doch als die andern sahn das Ganze,
da klammerten sie sich noch an.
Sie stieß sie fort mit ihren Füßen,
schlug um sich voller Zorn und Gier.
Ihr Sünder, ihr sollt weiterbüßen.
Das Zwiebelchen gehört nur mir.
….Im Nu das Pflänzchen da zerbricht,
und nieder stürzt mit lauter Klage
der rücksichtslose Bösewicht
und brennt dort bis zum heut`gen Tage.
(nach F. Dostojewski)
Kommentare (5)
Oh, Menschlein nimm dich doch in Acht,
dass du nicht solche Sachen machst!
Gar Böse kann das Böse enden,
nicht mal dein Schutzengel kann`s wenden.
Du kannst befreit von dir nicht sein,
und wirst dir schaffen neue Pein.
😉
WurzelFluegel
@WurzelFluegel
Die Frage für mich bleibt: Kann ich mich selber nur retten, wenn ich den Untergang anderer in Kauf nehme?
@silesio
In gewisser Weise ja, denn wir ernähren uns von anderen Organismen.
Auf unsere Mitmenschen bezogen:
Der eigene Untergang kann manchmal auf Kosten anderer hinausgezögert werden, sowohl auf persönlicher Ebene als auch weltweit - siehe Ausbeutung ganzer Regionen dieser Erde. Der sog. Westen praktiziert das schon lange.
Aber global und für die Menschheit als Ganzes, glaube ich,
dass wir entweder Zusammenwirken, Frieden und Verteilungsgerechtigkeit lernen müssen,
oder zumindest die Mehrheit von uns wird von diesem Globus verschwinden.
Spätesten in der Klimafrage gehört die Zwiebel nicht irgendjemandem alleine.
lieben Gruß
WurzelFluegel
Die Ideen und Gedanken von Dostojewski wirken oft düster. In seinem Lebenslauf kann man manches finden, das es rechtfertigen, oder erklären könnte.