Die nicht adventliche Badewannenglosse vom 14. Dezember 2009
Die Badewannenglosse
vom 14. Dezember 2009
Was ich mag:
... Nachdenken, z.B. über Gedichte, über Lyrik, ja sogar Lyrik selbst. Nein, wirklich.
Der Mensch ist – wie im Laufe des Lebens und der Menschheitsgeschichte schon öfters festgestellt wurde – ein komisches, um nicht zu sagen ein kurioses Wesen. (Achtung: Alliteration!)
Nachdem ja vor allem die Biologen und Chemiker und die verheiratete Variante der beiden, die Biochemiker, so diesen roten Faden der Evolution, diese DNA entdeckt haben ...
... stellt sich immer mehr heraus, daß nicht Lug und Betrug und der Krieg zu den Besonderheiten und Eigentümlichkeiten des Menschen gehört, sondern zu durchaus gängigen Umgangsformen etlicher Tierarten (Gell, wir sind alle eine große Familie!), sondern vor allem die Gabe der Imitatio (volkstümlich: Das Nachmachen) und die Sprache, wobei etwa so ein Artefakt wie ...
... in seiner Kürze einen ersten, nahezu unübertroffenen Höhepunkt in einer Kunstform darstellt, die beides miteinander verbindet.
Auch die schlichten Endreime wie Sonne, Wonne, Tonne, vonne (... Mutter kommen die Weihnachtsplätzchen) oder Herz, Schmerz, Hartz (bei letzteren Reimwort spricht man von einem unreinen Reim!) sind schier unnachahmliche Beispiele jener Kombination dieser offenbar singulären und ureigensten menschlichen Künste.
Daraus leitet sich unmittelbar die Lyrik ab, jene Sprach- und vor allem Schreibprodukte, die offenbar die Menschheit seit Ewigkeiten begleiten.
Mama, Papa sind die ersten Binnenreime des Universums, „Wau/Wau, Au ... Aua, Aua“ die erste Onomatopoesie. Wobei diese beide Beispiele zu der Frage führen, ob die vor oder nach dem bekannten Turmbau zu Babel (seinerzeit wegen immenser Kostenüberschreitung und Zusammenbruch etlicher Banken im Orient [Dubai, Palästina etc.] ab- und zusammengebrochen) entstanden sind.
Falls vor ... dann sind sie sicher genetisch oder wenigstens epigenetisch methylisierend in Menschen verankert, was zur Folgerung und Feststellung (Achtung: Alliteration!) führt, daß Mensch und Lyrik (auch in der volkstümlichen Variante: Gedichte) einfach zusammen gehören.
Letztere, so stellte bereits der Universalphilosoph Kurt Tucholsky in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts fest, scheint der Mensch immer und überall abzusondern.
Das wäre an sich noch nicht pathologisch und wurde auch bisher noch nicht den Katalog der Krankheiten der Krankenkassen (Achtung: dreifache Alliteration, vulgo: Stabreim) aufgenommen (sicher aber bereits homöopathisch klassifiziert), aber trotzdem nicht ganz unproblematisch.
Sehen Sie einmal davon ab, daß - zumindest früher, d.h. in den 50er Jahren – vor dem Geschenke-Auspacken, dem bereits mythisch-biblisch verankerten Höhepunkt der weihnachtlichen Rituale – Gedichte aufgesagt werden mußten,
haben Sie schon einmal probiert, einem dichtenden Mitmenschen (d.h. 99 Prozent der Menschheit) einfach zu sagen, daß dessen dilettantisches Geschreibsel sie nicht interessiere, daß dieses ewige Ich-Gesülze (Selbst Gottfried Benn: Das gezeichnete Ich/ [...] „Es gibt nur zwei Dinge: Die Leere und das gezeichnete Ich“), Blümchenanbeterei (So ebenfalls Gottfried Benn!), diese krank- und krampfhaften Reimversuche sie langweilen ... oh je, sowohl die Emser Depesche als auch der inszenierte Angriff auf den Sender Gleiwitz als auch die Versenkung des Kanonenbootes im Golf von Tonking sind bzw. waren dagegen harmlose Anlässe für eine Auseinandersetzung.
Mensch und Lyrik sind also existentiell und essentiell miteinander verbunden, vermutlich seit dem Beginn des Kosmos, nicht anders kann und sollte man Joh.1/1 verstehen: Im Anfang war das Wort.
Was ich nicht mag:
Nein, es ist nicht so, daß ich Gedichte nicht mag. (Im Gegenteil, siehe dazu den nächsten Abschnitt.)
Was ich allerdings nicht mag bzw. was mich berührt, sind die Mißverständnisse, die in diesem Zusammenhang offenbar existieren.
Denn den einen ist die Reimerei und das Gedichte-Schreiben ein existentielles und daseinsbewältigendes Bedürfnis, den anderen das überflüssigste Produkt menschlicher Aktivitäten. Die einen stecken ihre mehr oder weniger geheimsten und intensivsten Gefühle gekonnt oder weniger geschickt in Zeilen und Verse. Die anderen sind völlig resistent gegen die mögliche Magie der Worte. Die einen beglücken Freunde, Nachbarn, über das Internet sogar die globale Menschheit mit ihren Gefühlen und denen daraus resultierenden lyrischen Produkten, die anderen haben noch nie bewußt eine poetische Zeile gelesen und verstanden.
Rainer Maria Rilke hat in seinem Roman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ etwas über Lyrik geschrieben, was verkürzt und zusammengefaßt in etwa auf das Folgende hinausläuft.
Mit Versen sei wenig getan, wenn man sie früh schreibe. Sondern man solle ein Leben lang Erfahrungen sammeln, womöglich könne man dann – „dann, ganz zum Schluß“ – „zehn Zeilen schreiben, die gut sind.“ Weiter in dem Roman:
Wann wird ein persönliches Geschreibsel Literatur oder gar Lyrik? Der/dem Schreibenden ist ein existentielles Bedürfnis, sein Ich-Bekenntnis, Ausdruck seiner (täglich-alltäglichen) Gefühle, die sie/er spontan und fast unmittelbar dem Papier oder der Tastatur und dem Festplattenspeicher, dem Internet und damit der Menschengemeinde zu übergeben, womit sie/er ihr/sein Innerstes (sic!) anderen, eben allen (sic!) darbietet.
Bloß was machen Leser damit? Am einfachsten für jene, die diese Gefühle unmittelbar teilen. Aber – das lehrt die Rezeptionsgeschichte – die „Sendebedingungen“ (Sie werden doch mit dem literarischen Kommunikationsmodell vertraut sein?) entsprechen fast nie den Empfangsbedingungen des Lesers. Vulgo: Kann der Leser überhaupt den Text verstehen, so wie er eben gemeint war? Wie kann ein Jugendlicher unserer Zeit ein Lied der Hohen Minne aus der mittelhochdeutschen Blütezeit verstehen? Wie eine Frau etwa die Heldenlyrik Pindars? Zumindest „versteht“ vermutlich der Leser den Text ganz anders als vielleicht der Schreiber es intendiert hat. Wenn Gedichte, bestimmte Gedichte überhaupt Resonanz finden, weil etwa die Rezeptionsbedingungen ganz andere sind. Weil die Thematik – sofern man bei manchen Gedichten überhaupt von einem Thema sprechen kann, allenfalls von einer ständig flatternden Seele – nicht mehr der Zeit entspricht. Allenfalls der/diejenige, der/die sich wissenschaftlich mit Gedichten und Lyrik befaßt, kann die Verbindung zwischen Intention des Autors, dem Text selbst und der Rezeption herstellen.
Ach ja, man kann dieses Thema nur ansatzweise und fragmentarisch, marginalisierend und dann vermutlich nur sehr subjektiv anschneiden. Vielleicht als Übergang zum letzten Abschnitt dieser Glosse ein Gedicht von Robert Gernhardt ...
Robert Gernhardt
Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs
Sonette find ich sowas von beschissen,
so eng, rigide, irgendwie nicht gut;
es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,
daß wer Sonette schreibt. Daß wer den Mut
hat, heute noch so’n dumpfen Scheiß zu bauen;
allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,
kann mir in echt den ganzen Tag versauen.
Ich hab da eine Sperre. Und die Wut
darüber, daß so’n bekloppter Kacker
mich mittels seiner Reimerei blockiert,
schafft in mir Aggressionen auf den Macker.
Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
Ich tick es echt nicht. Und wills echt nicht wissen:
Ich find Sonette unheimlich beschissen.
Hier ein P.S. ... Das Sonett ... vielleicht die interessanteste Gedichtform der abendländischen Dichtung.
Über mich:
Jetzt aber ... die ganze Lyrikschreiberei als auch Lyrikrezeption hat „drei“ Seiten: einmal der/die Autor/in, dann der Rezipient, auch Leser/in genannt. Ja, und dann das Produkt selbst: das Gedicht eben.
Bleiben wir beim letzteren. Welche Kriterien gibt es denn für die Einordnung, Analyse und Bewertung eines Gedichts? Soll, will es bewertet sein? Dann zum/zur Autor/in: Was will er/sie mit der Veröffentlichung seines/ihres Gedichts? Zumal im Internet, womit dieser Text gleichsam omnipräsent in temporaler und lokaler Hinsicht ist.
Denn damit schickt der/die Autorin das Gedicht in die Welt: Warum? Wieso? Zu welchem Zweck? Was erwartet der/die Autorin? Will er/sie irgendeine Resonanz, eine Antwort? Eine Bestätigung der etwa im Text mehr oder weniger ausgesprochenen Gefühle?
Zum Text selbst. Grobe Einteilung. Jemand beschreibt direkt seine persönliche Situation, rotzt und kotzt (So Gottfried Benn), oh Pardon ... kleidet seine Gefühle in Worte. Letztlich geht’s darum, daß sich jemand durch Worte erleichtert hat.
Oder jemand gibt etwas, was er/sie sieht, erlebt, erfährt etc. wieder: In Bilder, in Vergleiche, in Metaphern. Jemand möchte etwas durch seine Worte gleichsam zum Klingen, zum Schwingen bringen, beschwört etwas mit und in seinen Worten zu einer neuen Existenz. (Als Beispiel dafür die sogenannten „Dinggedichte“ von Rilke.) Im besten Falle wird durch die Magie der Worte etwas gleichsam zur einen literarischen Existenz, zu einem eigenständigen Kunstwerk gemacht.
Dieses Textkunstwerk lebt ... existiert ohne Rückbezug zu seinem/r Autor/in. Man spricht dann von der Autonomie eines Kunstwerks.
Dann der/die Leser/in. Soll man einen lyrischen Text nur lesen? Oder soll, darf man sich mit einem solchen Text in irgendeiner Form auseinandersetzen? Bewundernd, verehrend, affirmativ, analytisch, reflexiv oder gar vergleichend, kritisch?
So nebenbei. Kleiner Tip: Wenn sie eine lebenslange Feindschaft stiften wollen, jemand zutiefst kränken wollen ... dann setzen Sie sich mit dessen Gedichten kritisch auseinander!
Zur Realität hier im ST. Man liest Gedichte, viele Gedichte. Man ist erstaunt, wie viele Menschen aus der ST-Kommunität nicht nur Gedichte schreiben, sondern diese hier auch publizieren, wobei diese, wenn man die Zugriffszahlen betrachtet, gleichsam die Bestseller unter den Textbeiträgen darstellen. Es gibt Texte, die Aufmerksamkeit erregen. Es gibt Texte, die Erstaunen und Faszination auslösen. Es gibt Texte, die sind vielleicht rührend; und Texte, denen gegenüber ist barmherziges Schweigen eine Menschen- und Christenpflicht. Vielleicht sollten Gedichte ohne Rückbezug zum/zur Autor/in neutral in einer eigenen Abteilung stehen?
Lassen Sie einmal Studenten der Literaturwissenschaft in zwei verschiedenen Proseminaren (Erst- bzw. Zweitsemester) 30 Herbstgedichte untersuchen, in einem Seminar mit der Nennung der Autoren (darunter auch Werke von anderen Studenten, private Gedichte neben Gedichten von bekannten und berühmten Autoren), im anderen Seminar ohne Autorenangabe. Dann das gleiche Verfahren in zwei Oberseminaren. Das Ergebnis war amüsant und sehr aufschlußreich.
Ich stehe diesen Gedichten, diesen vielen, vielen Gedichten im Internet nahezu hilflos gegenüber. Lese, wundere mich ... und ja manchmal finde ich einen Text sehr erstaunlich, daß ich mir wünsche, dieser Text sollte in gebundener Form verbindlich in einer Buchhandlung liegen und seine Käufer finden anstatt hier im Internet gleichsam im digitalen Nirwana unterzugehen.
(Ach ja, falls jemand es interessiert: Bücher, literarische Texte (neben der nahezu unendlichen Fachliteratur) haben in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt. Ab dem Alter so um 15, 16 bis zum berühmten Jahr 1968 (eigentlich seit Mitte der 60er Jahre) hatten speziell Gedichte für mich eine existentielle Bedeutung. Dazu gehörte auch, daß ich viele Gedichte natürlich auswendig kannte. Und – mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa – selbst geschrieben hatte.)
Die Bertha
vom Niederrhein
(die jetzt schon überlegt, was allein mit ihren hunderten Bänden voller Lyrik nach ihrem Tode geschieht)
vom 14. Dezember 2009
Was ich mag:
... Nachdenken, z.B. über Gedichte, über Lyrik, ja sogar Lyrik selbst. Nein, wirklich.
Der Mensch ist – wie im Laufe des Lebens und der Menschheitsgeschichte schon öfters festgestellt wurde – ein komisches, um nicht zu sagen ein kurioses Wesen. (Achtung: Alliteration!)
Nachdem ja vor allem die Biologen und Chemiker und die verheiratete Variante der beiden, die Biochemiker, so diesen roten Faden der Evolution, diese DNA entdeckt haben ...
Meine Güte, welcher himmlische und/oder kosmische Programmierer auf irgendeinem fernen Stern hat da seine ersten Programmierversuche gemacht? 8Oder war es sogar eine Programmiererin?) Anstatt diese ersten Versuche in einem Schredder endgültig zu vernichten, einfach diesen Abfall ins All zu schleudern, damit dieser in und mit dem kosmischen Staub schließlich auf der Erde landet – einfach unverantwortlich!
... stellt sich immer mehr heraus, daß nicht Lug und Betrug und der Krieg zu den Besonderheiten und Eigentümlichkeiten des Menschen gehört, sondern zu durchaus gängigen Umgangsformen etlicher Tierarten (Gell, wir sind alle eine große Familie!), sondern vor allem die Gabe der Imitatio (volkstümlich: Das Nachmachen) und die Sprache, wobei etwa so ein Artefakt wie ...
"Du bist ein Arschloch!" Antwort darauf: "Selber, selber!"
... in seiner Kürze einen ersten, nahezu unübertroffenen Höhepunkt in einer Kunstform darstellt, die beides miteinander verbindet.
Auch die schlichten Endreime wie Sonne, Wonne, Tonne, vonne (... Mutter kommen die Weihnachtsplätzchen) oder Herz, Schmerz, Hartz (bei letzteren Reimwort spricht man von einem unreinen Reim!) sind schier unnachahmliche Beispiele jener Kombination dieser offenbar singulären und ureigensten menschlichen Künste.
Daraus leitet sich unmittelbar die Lyrik ab, jene Sprach- und vor allem Schreibprodukte, die offenbar die Menschheit seit Ewigkeiten begleiten.
Mama, Papa sind die ersten Binnenreime des Universums, „Wau/Wau, Au ... Aua, Aua“ die erste Onomatopoesie. Wobei diese beide Beispiele zu der Frage führen, ob die vor oder nach dem bekannten Turmbau zu Babel (seinerzeit wegen immenser Kostenüberschreitung und Zusammenbruch etlicher Banken im Orient [Dubai, Palästina etc.] ab- und zusammengebrochen) entstanden sind.
Falls vor ... dann sind sie sicher genetisch oder wenigstens epigenetisch methylisierend in Menschen verankert, was zur Folgerung und Feststellung (Achtung: Alliteration!) führt, daß Mensch und Lyrik (auch in der volkstümlichen Variante: Gedichte) einfach zusammen gehören.
Letztere, so stellte bereits der Universalphilosoph Kurt Tucholsky in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts fest, scheint der Mensch immer und überall abzusondern.
Das wäre an sich noch nicht pathologisch und wurde auch bisher noch nicht den Katalog der Krankheiten der Krankenkassen (Achtung: dreifache Alliteration, vulgo: Stabreim) aufgenommen (sicher aber bereits homöopathisch klassifiziert), aber trotzdem nicht ganz unproblematisch.
Sehen Sie einmal davon ab, daß - zumindest früher, d.h. in den 50er Jahren – vor dem Geschenke-Auspacken, dem bereits mythisch-biblisch verankerten Höhepunkt der weihnachtlichen Rituale – Gedichte aufgesagt werden mußten,
Achtung: Psychologen, Psychiater, Sozialpädagogen etc. – das ist ein noch unentdecktes Aufarbeitungsthema!
haben Sie schon einmal probiert, einem dichtenden Mitmenschen (d.h. 99 Prozent der Menschheit) einfach zu sagen, daß dessen dilettantisches Geschreibsel sie nicht interessiere, daß dieses ewige Ich-Gesülze (Selbst Gottfried Benn: Das gezeichnete Ich/ [...] „Es gibt nur zwei Dinge: Die Leere und das gezeichnete Ich“), Blümchenanbeterei (So ebenfalls Gottfried Benn!), diese krank- und krampfhaften Reimversuche sie langweilen ... oh je, sowohl die Emser Depesche als auch der inszenierte Angriff auf den Sender Gleiwitz als auch die Versenkung des Kanonenbootes im Golf von Tonking sind bzw. waren dagegen harmlose Anlässe für eine Auseinandersetzung.
Mensch und Lyrik sind also existentiell und essentiell miteinander verbunden, vermutlich seit dem Beginn des Kosmos, nicht anders kann und sollte man Joh.1/1 verstehen: Im Anfang war das Wort.
Was ich nicht mag:
Nein, es ist nicht so, daß ich Gedichte nicht mag. (Im Gegenteil, siehe dazu den nächsten Abschnitt.)
Was ich allerdings nicht mag bzw. was mich berührt, sind die Mißverständnisse, die in diesem Zusammenhang offenbar existieren.
Denn den einen ist die Reimerei und das Gedichte-Schreiben ein existentielles und daseinsbewältigendes Bedürfnis, den anderen das überflüssigste Produkt menschlicher Aktivitäten. Die einen stecken ihre mehr oder weniger geheimsten und intensivsten Gefühle gekonnt oder weniger geschickt in Zeilen und Verse. Die anderen sind völlig resistent gegen die mögliche Magie der Worte. Die einen beglücken Freunde, Nachbarn, über das Internet sogar die globale Menschheit mit ihren Gefühlen und denen daraus resultierenden lyrischen Produkten, die anderen haben noch nie bewußt eine poetische Zeile gelesen und verstanden.
Rainer Maria Rilke hat in seinem Roman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ etwas über Lyrik geschrieben, was verkürzt und zusammengefaßt in etwa auf das Folgende hinausläuft.
Mit Versen sei wenig getan, wenn man sie früh schreibe. Sondern man solle ein Leben lang Erfahrungen sammeln, womöglich könne man dann – „dann, ganz zum Schluß“ – „zehn Zeilen schreiben, die gut sind.“ Weiter in dem Roman:
„Denn Verse sind nicht, wie die Leute meinen, Gefühle (die hat man früh genug), – es sind Erfahrungen. Um eines Verses willen muß man viele Städte sehen, Menschen und Dinge [...] Man muß Erinnerungen haben [...] Und es genügt auch noch nicht, daß man Erinnerungen hat. [...] [Aber] die Erinnerungen selbst sind es noch nicht. Erst wenn sie Blut werden in uns, Blick und Gebärde, namenlos und nicht mehr zu unterscheiden von uns selbst, erst dann kann es geschehen, daß in einer sehr seltenen Stunde das erste Wort eines Verses aufsteht in ihrer Mitte und aus ihnen ausgeht.“
Wann wird ein persönliches Geschreibsel Literatur oder gar Lyrik? Der/dem Schreibenden ist ein existentielles Bedürfnis, sein Ich-Bekenntnis, Ausdruck seiner (täglich-alltäglichen) Gefühle, die sie/er spontan und fast unmittelbar dem Papier oder der Tastatur und dem Festplattenspeicher, dem Internet und damit der Menschengemeinde zu übergeben, womit sie/er ihr/sein Innerstes (sic!) anderen, eben allen (sic!) darbietet.
Bloß was machen Leser damit? Am einfachsten für jene, die diese Gefühle unmittelbar teilen. Aber – das lehrt die Rezeptionsgeschichte – die „Sendebedingungen“ (Sie werden doch mit dem literarischen Kommunikationsmodell vertraut sein?) entsprechen fast nie den Empfangsbedingungen des Lesers. Vulgo: Kann der Leser überhaupt den Text verstehen, so wie er eben gemeint war? Wie kann ein Jugendlicher unserer Zeit ein Lied der Hohen Minne aus der mittelhochdeutschen Blütezeit verstehen? Wie eine Frau etwa die Heldenlyrik Pindars? Zumindest „versteht“ vermutlich der Leser den Text ganz anders als vielleicht der Schreiber es intendiert hat. Wenn Gedichte, bestimmte Gedichte überhaupt Resonanz finden, weil etwa die Rezeptionsbedingungen ganz andere sind. Weil die Thematik – sofern man bei manchen Gedichten überhaupt von einem Thema sprechen kann, allenfalls von einer ständig flatternden Seele – nicht mehr der Zeit entspricht. Allenfalls der/diejenige, der/die sich wissenschaftlich mit Gedichten und Lyrik befaßt, kann die Verbindung zwischen Intention des Autors, dem Text selbst und der Rezeption herstellen.
Ach ja, man kann dieses Thema nur ansatzweise und fragmentarisch, marginalisierend und dann vermutlich nur sehr subjektiv anschneiden. Vielleicht als Übergang zum letzten Abschnitt dieser Glosse ein Gedicht von Robert Gernhardt ...
Robert Gernhardt
Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs
Sonette find ich sowas von beschissen,
so eng, rigide, irgendwie nicht gut;
es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,
daß wer Sonette schreibt. Daß wer den Mut
hat, heute noch so’n dumpfen Scheiß zu bauen;
allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,
kann mir in echt den ganzen Tag versauen.
Ich hab da eine Sperre. Und die Wut
darüber, daß so’n bekloppter Kacker
mich mittels seiner Reimerei blockiert,
schafft in mir Aggressionen auf den Macker.
Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
Ich tick es echt nicht. Und wills echt nicht wissen:
Ich find Sonette unheimlich beschissen.
Hier ein P.S. ... Das Sonett ... vielleicht die interessanteste Gedichtform der abendländischen Dichtung.
Über mich:
Jetzt aber ... die ganze Lyrikschreiberei als auch Lyrikrezeption hat „drei“ Seiten: einmal der/die Autor/in, dann der Rezipient, auch Leser/in genannt. Ja, und dann das Produkt selbst: das Gedicht eben.
Bleiben wir beim letzteren. Welche Kriterien gibt es denn für die Einordnung, Analyse und Bewertung eines Gedichts? Soll, will es bewertet sein? Dann zum/zur Autor/in: Was will er/sie mit der Veröffentlichung seines/ihres Gedichts? Zumal im Internet, womit dieser Text gleichsam omnipräsent in temporaler und lokaler Hinsicht ist.
Denn damit schickt der/die Autorin das Gedicht in die Welt: Warum? Wieso? Zu welchem Zweck? Was erwartet der/die Autorin? Will er/sie irgendeine Resonanz, eine Antwort? Eine Bestätigung der etwa im Text mehr oder weniger ausgesprochenen Gefühle?
Zum Text selbst. Grobe Einteilung. Jemand beschreibt direkt seine persönliche Situation, rotzt und kotzt (So Gottfried Benn), oh Pardon ... kleidet seine Gefühle in Worte. Letztlich geht’s darum, daß sich jemand durch Worte erleichtert hat.
Oder jemand gibt etwas, was er/sie sieht, erlebt, erfährt etc. wieder: In Bilder, in Vergleiche, in Metaphern. Jemand möchte etwas durch seine Worte gleichsam zum Klingen, zum Schwingen bringen, beschwört etwas mit und in seinen Worten zu einer neuen Existenz. (Als Beispiel dafür die sogenannten „Dinggedichte“ von Rilke.) Im besten Falle wird durch die Magie der Worte etwas gleichsam zur einen literarischen Existenz, zu einem eigenständigen Kunstwerk gemacht.
Dieses Textkunstwerk lebt ... existiert ohne Rückbezug zu seinem/r Autor/in. Man spricht dann von der Autonomie eines Kunstwerks.
Dann der/die Leser/in. Soll man einen lyrischen Text nur lesen? Oder soll, darf man sich mit einem solchen Text in irgendeiner Form auseinandersetzen? Bewundernd, verehrend, affirmativ, analytisch, reflexiv oder gar vergleichend, kritisch?
So nebenbei. Kleiner Tip: Wenn sie eine lebenslange Feindschaft stiften wollen, jemand zutiefst kränken wollen ... dann setzen Sie sich mit dessen Gedichten kritisch auseinander!
Zur Realität hier im ST. Man liest Gedichte, viele Gedichte. Man ist erstaunt, wie viele Menschen aus der ST-Kommunität nicht nur Gedichte schreiben, sondern diese hier auch publizieren, wobei diese, wenn man die Zugriffszahlen betrachtet, gleichsam die Bestseller unter den Textbeiträgen darstellen. Es gibt Texte, die Aufmerksamkeit erregen. Es gibt Texte, die Erstaunen und Faszination auslösen. Es gibt Texte, die sind vielleicht rührend; und Texte, denen gegenüber ist barmherziges Schweigen eine Menschen- und Christenpflicht. Vielleicht sollten Gedichte ohne Rückbezug zum/zur Autor/in neutral in einer eigenen Abteilung stehen?
Lassen Sie einmal Studenten der Literaturwissenschaft in zwei verschiedenen Proseminaren (Erst- bzw. Zweitsemester) 30 Herbstgedichte untersuchen, in einem Seminar mit der Nennung der Autoren (darunter auch Werke von anderen Studenten, private Gedichte neben Gedichten von bekannten und berühmten Autoren), im anderen Seminar ohne Autorenangabe. Dann das gleiche Verfahren in zwei Oberseminaren. Das Ergebnis war amüsant und sehr aufschlußreich.
Ich stehe diesen Gedichten, diesen vielen, vielen Gedichten im Internet nahezu hilflos gegenüber. Lese, wundere mich ... und ja manchmal finde ich einen Text sehr erstaunlich, daß ich mir wünsche, dieser Text sollte in gebundener Form verbindlich in einer Buchhandlung liegen und seine Käufer finden anstatt hier im Internet gleichsam im digitalen Nirwana unterzugehen.
(Ach ja, falls jemand es interessiert: Bücher, literarische Texte (neben der nahezu unendlichen Fachliteratur) haben in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt. Ab dem Alter so um 15, 16 bis zum berühmten Jahr 1968 (eigentlich seit Mitte der 60er Jahre) hatten speziell Gedichte für mich eine existentielle Bedeutung. Dazu gehörte auch, daß ich viele Gedichte natürlich auswendig kannte. Und – mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa – selbst geschrieben hatte.)
Die Bertha
vom Niederrhein
(die jetzt schon überlegt, was allein mit ihren hunderten Bänden voller Lyrik nach ihrem Tode geschieht)
Kommentare (17)
ehemaliges Mitglied
Es haben nicht alle User, die hier im Blog Gedichte einsetzen, (und ich glaube, diese sind in der Überzahl) studiert.
ehemaliges Mitglied
Liebe Frau Bertha,
ich wurde auf diesen Blog aufmerksam gemacht, suchte im Forum wie verrückt danach und erst jetzt finde ich diese nicht adventliche Badewannen-Glosse.
Ich las mit Vergnügen –als bekennende Reimeschreiberin (nicht nur) - mich oft fragend, warum ich das tue (das Schreiben).
Die Antwort ist ganz einfach:
Es macht mir Freude – einfach Spaß würde der Sache nicht gerecht.
Ich freue mich an jeder guten Formulierung (und ich weiß, dass nicht jede gelingt, aber ab und zu gibt es Sternstunden – für mich!). Die Auseinandersetzung mit der Sprache, das Suchen nach Begriffen – es ist ein spannendes Unterfangen.
Niemand ist gezwungen zu lesen – egal, ob ich diese Dinge einmal in ein Buch fasse oder ins Netz stelle.
Persönlich sind mir im Laufe meiner Berufstätigkeit unendlich viele, für mich nicht mehr zählbare Biografien begegnet.
Von meinem eigenen, durchaus bewegten Lebensweg will ich jetzt nicht sprechen.
Und vieles, über das ich schreibe, hat mit mir in der Weise zu tun, dass ich wie mit Worten Bilder male aus einem fotografischen Gedächtnis heraus und mitunter bin ich danach sehr zufrieden.
Z.B. wenn es mir gelingt, eine durch Drogen (Pilze) induzierte Psychose in Worte zu fassen, was dieses Geschehen mit den Angehörigen macht, neu zu formen – es erleichtert mich bei meiner beruflichen Belastung, stellt also eine Art der Psychohygiene dar.
Ein anderer muss das nicht verstehen, aber die Reaktionen – und die meisten kamen nicht öffentlich – waren vielfältig.
Mir geht so durch den Kopf, Du könntest auch die Frage stellen: Warum malt ein Maler? Es gibt Millionen von Malern.
Die Bilder in den Höhlen von Lascaux? Die Lyrik der damaligen Zeit? Was stünde dann zu Anfang?
In jedem Fall gebe ich Dir uneingeschränkt recht: Das Zitat von Rilke......Erst wenn sie Blut werden in uns.....
Gelebtes formendes Leben muss verinnerlicht sein. Was ich nicht wirklich empfinde, kann ich nicht schreiben. D.h. nicht, dass ich alles persönlich erlebt haben muss, worüber ich schreibe, aber ich muss eigene echte Gefühle entwickelt haben. Sonst geht nix!
Und was passiert denn anderes, wenn Schönherz und Fleer Rilke als Projekt auflegen?
Gesprochen, gesungen – Das Herbstgedicht mit einem wunderbaren Blues unterlegt?
Hör Dir einmal an: In meinem wilden Herzen !
Das trifft genau ins Schwarze, jedenfalls bei mir – und ich kann nicht einmal wirklich analysieren, warum das so ist und ich will es auch nicht.
Lyrik ohne Emotion gibt es für mich nicht – egal, ob zornig, sarkastisch, liebevoll und manchmal eben auch platt.
Ich spreche mich davon nicht frei (von der Plattheit mitunter).
Wer immer sich die Zeit nimmt mein Geschreibsel zu lesen, wird für sich etwas darin finden – sonst lässt er nämlich die Finger davon, in seinem eigenen Interesse.
Ich lese eine ganze Menge nicht!
Es liegt in jedermanns eigener Verantwortung, wie er seine Zeit verbringt.
Der von mir geschätzte LTW schrieb mir in mein Gästebuch auf meiner neuen HP „.......warum soll ich schreiben – für wen, wen interessiert das ......“ Er plagte sich, bis er Karasek hörte, der in einem Interview auf diese Frage antwortete: „Ich schreibe für meine Leser“.
Ja, das kann ich nachvollziehen – aber es ist mir nicht alles – ich schreibe sehr wohl auch für mich, s.o, will das nicht klein reden.
Ich habe erst sehr spät damit angefangen – und ich weiß, mit wie vielen Befürchtungen ich die ersten Gedichte einsetzte. Heute sind genau diese Gedicht Bestandteil einer Anthologie – was mich sehr freut. Und es waren eben auch Gedichte, die lange in einer Schublade lagen.
Was die Bewertung angeht: In dem Augenblick, in dem ein Text gelesen wird, beginnt die Bewertung schon. Unser Gehirn ist schnell genug.
Der Text spricht an oder spricht nicht an, macht ärgerlich, bringt zum Lachen, zum weinen – die gesamte emotionale Palette rauf und runter, veranlasst, mehr von einem Autoren lesen zu wollen oder bringt dazu, sich mit Schaudern abzuwenden.
Und hier unterscheide ich jetzt nicht zwischen gedrucktem Werk oder dem, was ins Netz gestellt wurde.
Aber – das ist eine persönliche Bewertung, die innerlich geschieht – und dieser Vorgang ist jedem bekannt. Er geschieht im stillen Kämmerlein – bei Dir wohl eher in der Badewanne, aber wo auch immer – er geschieht.
Und die Menschen, die hier schreiben, haben eben nicht studiert und diejenigen, die die Kommentare abgeben, ebenfalls nicht – ich im übrigen auch nicht.
Es gibt hier User, die mich anschrieben, offen Kritik aussprachen – aus ihrer Schreibwerkstatt berichteten.
Ich habe daraus gelernt – aber das ist nicht jedem gegeben.
Kritik ist immer heikel – sie kann noch so konstruktiv sein – aber hier im Blog ist sie öffentlich, wird von den anderen Usern gelesen – da sind Freund- und Seilschaften.
Das Gefühl – hier kommen wir wieder zu den Emotionen – der Blamage, Ängste etc. spielen dort hinein.
Im ST sind wir ja in einem so kleinen – lach – und so intimen Kreis. Wer macht sich denn wirklich Gedanken, dass hier alles weltweit zu lesen ist – übersetzt wird?
Und die Bestsellerzahlen. So lange auch jedes eigene Anklicken gezählt wird, stellt sich die Frage, was sind diese Zahlen wert?
Für mich persönlich waren sie nichts wert, denn ich habe ihnen nie getraut und tue das auch heute nur bedingt.
Nun habe ich mich aufgrund der Fülle meines Geschreibsels und des fehlenden Ordnungssystems im persönlichen Blog für meine eigene Seite entschieden.
Das war ein sehr großer Schritt, ich habe ihn lange vorher überlegt, immer wieder angedacht verworfen.
Ausschlaggebend war dann, dass ich keine Ordnungskriterien hatte.
Hier im Blog stand alles wie Kraut und Rüben durcheinander.
Ich hatte nicht damit gerechnet, was Fr. Google dann macht.
So war auch ich sehr blauäugig oder besser gesagt, in der Illusion gefangen, dass das Netz weit weg ist.
Doch ich gestehe mir eine gewisse einfache Strukturierung zu – das macht das Leben deutlich leichter.
Letztlich komme ich aber zum Anfang zurück. Es macht mir Freude und ich denke, alles was uns Freude bereitet ist besser, als auf dem Sofa zu schimmeln.
Meli
ich wurde auf diesen Blog aufmerksam gemacht, suchte im Forum wie verrückt danach und erst jetzt finde ich diese nicht adventliche Badewannen-Glosse.
Ich las mit Vergnügen –als bekennende Reimeschreiberin (nicht nur) - mich oft fragend, warum ich das tue (das Schreiben).
Die Antwort ist ganz einfach:
Es macht mir Freude – einfach Spaß würde der Sache nicht gerecht.
Ich freue mich an jeder guten Formulierung (und ich weiß, dass nicht jede gelingt, aber ab und zu gibt es Sternstunden – für mich!). Die Auseinandersetzung mit der Sprache, das Suchen nach Begriffen – es ist ein spannendes Unterfangen.
Niemand ist gezwungen zu lesen – egal, ob ich diese Dinge einmal in ein Buch fasse oder ins Netz stelle.
Persönlich sind mir im Laufe meiner Berufstätigkeit unendlich viele, für mich nicht mehr zählbare Biografien begegnet.
Von meinem eigenen, durchaus bewegten Lebensweg will ich jetzt nicht sprechen.
Und vieles, über das ich schreibe, hat mit mir in der Weise zu tun, dass ich wie mit Worten Bilder male aus einem fotografischen Gedächtnis heraus und mitunter bin ich danach sehr zufrieden.
Z.B. wenn es mir gelingt, eine durch Drogen (Pilze) induzierte Psychose in Worte zu fassen, was dieses Geschehen mit den Angehörigen macht, neu zu formen – es erleichtert mich bei meiner beruflichen Belastung, stellt also eine Art der Psychohygiene dar.
Ein anderer muss das nicht verstehen, aber die Reaktionen – und die meisten kamen nicht öffentlich – waren vielfältig.
Mir geht so durch den Kopf, Du könntest auch die Frage stellen: Warum malt ein Maler? Es gibt Millionen von Malern.
Die Bilder in den Höhlen von Lascaux? Die Lyrik der damaligen Zeit? Was stünde dann zu Anfang?
In jedem Fall gebe ich Dir uneingeschränkt recht: Das Zitat von Rilke......Erst wenn sie Blut werden in uns.....
Gelebtes formendes Leben muss verinnerlicht sein. Was ich nicht wirklich empfinde, kann ich nicht schreiben. D.h. nicht, dass ich alles persönlich erlebt haben muss, worüber ich schreibe, aber ich muss eigene echte Gefühle entwickelt haben. Sonst geht nix!
Und was passiert denn anderes, wenn Schönherz und Fleer Rilke als Projekt auflegen?
Gesprochen, gesungen – Das Herbstgedicht mit einem wunderbaren Blues unterlegt?
Hör Dir einmal an: In meinem wilden Herzen !
Das trifft genau ins Schwarze, jedenfalls bei mir – und ich kann nicht einmal wirklich analysieren, warum das so ist und ich will es auch nicht.
Lyrik ohne Emotion gibt es für mich nicht – egal, ob zornig, sarkastisch, liebevoll und manchmal eben auch platt.
Ich spreche mich davon nicht frei (von der Plattheit mitunter).
Wer immer sich die Zeit nimmt mein Geschreibsel zu lesen, wird für sich etwas darin finden – sonst lässt er nämlich die Finger davon, in seinem eigenen Interesse.
Ich lese eine ganze Menge nicht!
Es liegt in jedermanns eigener Verantwortung, wie er seine Zeit verbringt.
Der von mir geschätzte LTW schrieb mir in mein Gästebuch auf meiner neuen HP „.......warum soll ich schreiben – für wen, wen interessiert das ......“ Er plagte sich, bis er Karasek hörte, der in einem Interview auf diese Frage antwortete: „Ich schreibe für meine Leser“.
Ja, das kann ich nachvollziehen – aber es ist mir nicht alles – ich schreibe sehr wohl auch für mich, s.o, will das nicht klein reden.
Ich habe erst sehr spät damit angefangen – und ich weiß, mit wie vielen Befürchtungen ich die ersten Gedichte einsetzte. Heute sind genau diese Gedicht Bestandteil einer Anthologie – was mich sehr freut. Und es waren eben auch Gedichte, die lange in einer Schublade lagen.
Was die Bewertung angeht: In dem Augenblick, in dem ein Text gelesen wird, beginnt die Bewertung schon. Unser Gehirn ist schnell genug.
Der Text spricht an oder spricht nicht an, macht ärgerlich, bringt zum Lachen, zum weinen – die gesamte emotionale Palette rauf und runter, veranlasst, mehr von einem Autoren lesen zu wollen oder bringt dazu, sich mit Schaudern abzuwenden.
Und hier unterscheide ich jetzt nicht zwischen gedrucktem Werk oder dem, was ins Netz gestellt wurde.
Aber – das ist eine persönliche Bewertung, die innerlich geschieht – und dieser Vorgang ist jedem bekannt. Er geschieht im stillen Kämmerlein – bei Dir wohl eher in der Badewanne, aber wo auch immer – er geschieht.
Und die Menschen, die hier schreiben, haben eben nicht studiert und diejenigen, die die Kommentare abgeben, ebenfalls nicht – ich im übrigen auch nicht.
Es gibt hier User, die mich anschrieben, offen Kritik aussprachen – aus ihrer Schreibwerkstatt berichteten.
Ich habe daraus gelernt – aber das ist nicht jedem gegeben.
Kritik ist immer heikel – sie kann noch so konstruktiv sein – aber hier im Blog ist sie öffentlich, wird von den anderen Usern gelesen – da sind Freund- und Seilschaften.
Das Gefühl – hier kommen wir wieder zu den Emotionen – der Blamage, Ängste etc. spielen dort hinein.
Im ST sind wir ja in einem so kleinen – lach – und so intimen Kreis. Wer macht sich denn wirklich Gedanken, dass hier alles weltweit zu lesen ist – übersetzt wird?
Und die Bestsellerzahlen. So lange auch jedes eigene Anklicken gezählt wird, stellt sich die Frage, was sind diese Zahlen wert?
Für mich persönlich waren sie nichts wert, denn ich habe ihnen nie getraut und tue das auch heute nur bedingt.
Nun habe ich mich aufgrund der Fülle meines Geschreibsels und des fehlenden Ordnungssystems im persönlichen Blog für meine eigene Seite entschieden.
Das war ein sehr großer Schritt, ich habe ihn lange vorher überlegt, immer wieder angedacht verworfen.
Ausschlaggebend war dann, dass ich keine Ordnungskriterien hatte.
Hier im Blog stand alles wie Kraut und Rüben durcheinander.
Ich hatte nicht damit gerechnet, was Fr. Google dann macht.
So war auch ich sehr blauäugig oder besser gesagt, in der Illusion gefangen, dass das Netz weit weg ist.
Doch ich gestehe mir eine gewisse einfache Strukturierung zu – das macht das Leben deutlich leichter.
Letztlich komme ich aber zum Anfang zurück. Es macht mir Freude und ich denke, alles was uns Freude bereitet ist besser, als auf dem Sofa zu schimmeln.
Meli
Medea †
Bei dem Versuch, den ersten Absatz zu korrigieren
ist etwas schief gelaufen, tut mir leid, ich hätte
jetzt nicht unter einem gewissen Zeitdruck schreiben
sollen. So'n Schiet aber auch ......
ist etwas schief gelaufen, tut mir leid, ich hätte
jetzt nicht unter einem gewissen Zeitdruck schreiben
sollen. So'n Schiet aber auch ......
Medea †
Schreibe ich mein Gedicht aus einer augenblicklichen Stimmung/Laune
heraus, weil es mich drängt, einen Gedanken festzuhalten und lasse es
dann in der Schublade verschwinden, um es irgendwann wiederzufinden - siehe
meine beiden Haikus von vor 2 Jahren, die ich längst vergessen hatte -
doch das ist meiner Meinung nach etwas anderes, wenn ich nicht nur für mich alleine schreibe, sondern
auch für die Öffentlichkeit, sprich einen bestimmten Leserkreis, dem ich dann meine
Befindlichkeit mitteile.
Werde ich da nicht auch an die Form und nicht nur an den Inhalt denken?
Gedichte können kleine oder auch große Kunstwerke sein/werden. Dabei kehre ich vielfach
mein Innerstes nach außen, weil ich u.U. während des Schreibeaktes
von Gefühlen überschwemmt werde, die nun zu Papier müssen. Nüchtern betrachtet ergibt sich schon die Frage, warum bin ich bestrebt, mich so vielen Menschen mitzuteilen?
Das weiß wohl jede/r nur für sich zu beantworten, denn hier kann ja nur spekuliert werden von mir. Es kann die Freude sein, die mich schreiben läßt, aber auch der Kummer, der Zorn, die Liebe, die Angst, die Verzweiflung, die Hoffnung - und anderes mehr - ich denke, es hilft auch aus einer bestimmten Situation heraus.
Und es kommt auch in den allermeisten Fällen eine Resonnanz, meistens in Form von Beifall, Zuspruch, Aufmunterung, Mitfühlen etc. - so wichtig diese Rückkoppelung.
Kritik selten, da will niemand den anderen verletzen - das wäre ein besonderes Kapitel für sich, es sind doch die wohlwollenden Kommentare, die guttun.
Ich muß jetzt leider zu einem Termin, daher hier Schluß.
heraus, weil es mich drängt, einen Gedanken festzuhalten und lasse es
dann in der Schublade verschwinden, um es irgendwann wiederzufinden - siehe
meine beiden Haikus von vor 2 Jahren, die ich längst vergessen hatte -
doch das ist meiner Meinung nach etwas anderes, wenn ich nicht nur für mich alleine schreibe, sondern
auch für die Öffentlichkeit, sprich einen bestimmten Leserkreis, dem ich dann meine
Befindlichkeit mitteile.
Werde ich da nicht auch an die Form und nicht nur an den Inhalt denken?
Gedichte können kleine oder auch große Kunstwerke sein/werden. Dabei kehre ich vielfach
mein Innerstes nach außen, weil ich u.U. während des Schreibeaktes
von Gefühlen überschwemmt werde, die nun zu Papier müssen. Nüchtern betrachtet ergibt sich schon die Frage, warum bin ich bestrebt, mich so vielen Menschen mitzuteilen?
Das weiß wohl jede/r nur für sich zu beantworten, denn hier kann ja nur spekuliert werden von mir. Es kann die Freude sein, die mich schreiben läßt, aber auch der Kummer, der Zorn, die Liebe, die Angst, die Verzweiflung, die Hoffnung - und anderes mehr - ich denke, es hilft auch aus einer bestimmten Situation heraus.
Und es kommt auch in den allermeisten Fällen eine Resonnanz, meistens in Form von Beifall, Zuspruch, Aufmunterung, Mitfühlen etc. - so wichtig diese Rückkoppelung.
Kritik selten, da will niemand den anderen verletzen - das wäre ein besonderes Kapitel für sich, es sind doch die wohlwollenden Kommentare, die guttun.
Ich muß jetzt leider zu einem Termin, daher hier Schluß.
Medea †
Schreibe ich mein Gedicht aus einer augenblicklichen Stimmung/Laune
heraus, weil es mich drängt, einen Gedanken festzuhalten und lasse es
dann in der Schublade verschwinden, um es irgendwann wiederzufinden - siehe
meine beiden Haikus von vor 2 Jahren, die ich längst vergessen hatte -
ist es m.E.n. etwas anderes, als wenn ich nicht nur für mich alleine, sondern
auch für die Öffentlichkeit, sprich einem bestimmten Leserkreis eine/meine
Befindlichkeit mitteile.
Werde ich da nicht auch an die Form und nicht nur an den Inhalt denken?
Gedichte können kleine oder auch große Kunstwerke sein/werden. Dabei kehre ich vielfach
mein Innerstes nach außen, weil ich u.U. während des Schreibeaktes
von Gefühlen überschwemmt werde, die nun zu Papier müssen. Nüchtern betrachtet ergibt sich schon die Frage, warum bin ich bestrebt, mich so vielen Menschen mitzuteilen?
Das weiß wohl jede/r nur für sich zu beantworten, denn hier kann ja nur spekuliert werden von mir. Es kann die Freude sein, die mich schreiben läßt, aber auch der Kummer, der Zorn, die Liebe, die Angst, die Verzweiflung, die Hoffnung - und anderes mehr - ich denke, es hilft auch aus einer bestimmten Situation heraus.
Und es kommt auch in den allermeisten Fällen eine Resonnanz, meistens in Form von Beifall, Zuspruch, Aufmunterung, Mitfühlen etc. - so wichtig diese Rückkoppelung.
Kritik selten, da will niemand den anderen verletzen - das wäre ein besonderes Kapitel für sich, es sind doch die wohlwollenden Kommentare, die guttun.
Ich muß jetzt leider zu einem Termin, daher hier Schluß.
heraus, weil es mich drängt, einen Gedanken festzuhalten und lasse es
dann in der Schublade verschwinden, um es irgendwann wiederzufinden - siehe
meine beiden Haikus von vor 2 Jahren, die ich längst vergessen hatte -
ist es m.E.n. etwas anderes, als wenn ich nicht nur für mich alleine, sondern
auch für die Öffentlichkeit, sprich einem bestimmten Leserkreis eine/meine
Befindlichkeit mitteile.
Werde ich da nicht auch an die Form und nicht nur an den Inhalt denken?
Gedichte können kleine oder auch große Kunstwerke sein/werden. Dabei kehre ich vielfach
mein Innerstes nach außen, weil ich u.U. während des Schreibeaktes
von Gefühlen überschwemmt werde, die nun zu Papier müssen. Nüchtern betrachtet ergibt sich schon die Frage, warum bin ich bestrebt, mich so vielen Menschen mitzuteilen?
Das weiß wohl jede/r nur für sich zu beantworten, denn hier kann ja nur spekuliert werden von mir. Es kann die Freude sein, die mich schreiben läßt, aber auch der Kummer, der Zorn, die Liebe, die Angst, die Verzweiflung, die Hoffnung - und anderes mehr - ich denke, es hilft auch aus einer bestimmten Situation heraus.
Und es kommt auch in den allermeisten Fällen eine Resonnanz, meistens in Form von Beifall, Zuspruch, Aufmunterung, Mitfühlen etc. - so wichtig diese Rückkoppelung.
Kritik selten, da will niemand den anderen verletzen - das wäre ein besonderes Kapitel für sich, es sind doch die wohlwollenden Kommentare, die guttun.
Ich muß jetzt leider zu einem Termin, daher hier Schluß.
pelagia
Kopf oder Herz?
Was ist Lyrik? – Das Gedicht? Die Poesie?
"Bezogen auf die Tätigkeit des Gehirns ist mit Ratio ursprünglich die kognitive Kraft gemeint, die allem Denken zugrunde liegt. Hiervon abgeleitet sind Begriffe wie Rationalität, Rationalismus sowie deren Gegenstücke, Irrationalität und Irrationalismus.
Ratio steht für Klugheit und Einsicht, im Zusammenhang mit einem zu vertretenden Standpunkt aber auch zur Begründung bzw. als Grundsatz und Prinzip einer wissenschaftlichen Aussage. Ein Urteil, das nach Gesetzmäßigkeiten der Ratio getroffen wurde, ist eine aus nachvollziehbaren Gründen erlangte Erkenntnis oder Entscheidung. Als Gegenspieler der Ratio gilt die Imagination."(wikipedia)
Nehme ich also meinen Verstand und „untersuche“ ein Gedicht (für Anfängerinnen wäre es hilfreich, die Schritte einer Interpretation stets vor Augen zu haben, z.B. Wiki – oder gehöre ich zu den schlichten Gemütern, die einfach nur ein Gedicht schön finden, was natürlich völlig irrational wäre? (wieder
Bei diesen Überlegungen habe ich die Besserwisser, Trittbrettfahrer, notorischen Nörgler, Schleimer u.a. mit ihren Meinungen noch gar nicht einbezogen.
Ich glaube, ich lese jetzt erst mal ein Gedicht (bevorzugt natürlich Ungaretti!! oder Gernhardt, vielleicht auch Roth oder Ringelnatz, vielleicht sogar eines im Gedichte-blog des ST oder, oder, oder . . .) und freue mich auf den vor mir liegenden Tag und schwinge weiter zwischen Kopf und Herz.
Was ist Lyrik? – Das Gedicht? Die Poesie?
"Bezogen auf die Tätigkeit des Gehirns ist mit Ratio ursprünglich die kognitive Kraft gemeint, die allem Denken zugrunde liegt. Hiervon abgeleitet sind Begriffe wie Rationalität, Rationalismus sowie deren Gegenstücke, Irrationalität und Irrationalismus.
Ratio steht für Klugheit und Einsicht, im Zusammenhang mit einem zu vertretenden Standpunkt aber auch zur Begründung bzw. als Grundsatz und Prinzip einer wissenschaftlichen Aussage. Ein Urteil, das nach Gesetzmäßigkeiten der Ratio getroffen wurde, ist eine aus nachvollziehbaren Gründen erlangte Erkenntnis oder Entscheidung. Als Gegenspieler der Ratio gilt die Imagination."(wikipedia)
Nehme ich also meinen Verstand und „untersuche“ ein Gedicht (für Anfängerinnen wäre es hilfreich, die Schritte einer Interpretation stets vor Augen zu haben, z.B. Wiki – oder gehöre ich zu den schlichten Gemütern, die einfach nur ein Gedicht schön finden, was natürlich völlig irrational wäre? (wieder
Bei diesen Überlegungen habe ich die Besserwisser, Trittbrettfahrer, notorischen Nörgler, Schleimer u.a. mit ihren Meinungen noch gar nicht einbezogen.
Ich glaube, ich lese jetzt erst mal ein Gedicht (bevorzugt natürlich Ungaretti!! oder Gernhardt, vielleicht auch Roth oder Ringelnatz, vielleicht sogar eines im Gedichte-blog des ST oder, oder, oder . . .) und freue mich auf den vor mir liegenden Tag und schwinge weiter zwischen Kopf und Herz.
niederrhein
... daß wir uns recht verstehen ... ich mache mich weder lustig über die SchreiberInnen (woher nähme ich das Recht dazu?) noch über deren Gefühle und die Umwandlung dieser Gefühle in Versgebilde. Nein, wirklich nicht. Aber ich sehe einige Probleme bzw. ich habe einige Fragen.
Einmal, wie soll man mit diesen Texten umgehen? Denn die Tatsache, daß diese einer globalen Öffentlichkeit präsentiert werden (es bieten auch Übersetzungen in mindestens zehn anderen Sprachen an; mit Hilfe der Google-Übersetzungsmaschine kein Problem!), impliziert doch, daß man diese Texte liest und doch irgendwie Stellung dazu nimmt? Oder wollen das die Autoren/innen nicht? Warum aber dann diese Publikation in der virtuellen Welt? Wenn aber doch eine Reaktion erwartet wird, welche ...
Ja, und dann die Texte selbst. Welchen Maßstab legt man? Nur die eigene individuelle Rezeption, weil man sich zufällig gerade in der gleichen oder in einer ähnlichen Gefühlssituation befindet? Diese völlige Identifikation mit einem Text ... ? Dieses emotionale Einswerden mit dem Text?
Oder gibt es - wohlbemerkt rationale, nachvollziehbare! - Kriterien, nach denen man einen lyrischen Text betrachtet, untersucht, einordnet und dann auch bewertet?
Aber vielleicht ist jemand der Meinung, daß man etwa solche Gedichte überhaupt nicht kritisch lesen, betrachten und bewerten sollte? Dann wäre mein Appell an eine rationale Betrachtungsweise von lyrischen Texten - denn darum ging und geht es in dieser Glosse! - leider nicht nur umsonst, sondern auch völlig verfehlt ...
Die Bertha
vom Niederrhein
Einmal, wie soll man mit diesen Texten umgehen? Denn die Tatsache, daß diese einer globalen Öffentlichkeit präsentiert werden (es bieten auch Übersetzungen in mindestens zehn anderen Sprachen an; mit Hilfe der Google-Übersetzungsmaschine kein Problem!), impliziert doch, daß man diese Texte liest und doch irgendwie Stellung dazu nimmt? Oder wollen das die Autoren/innen nicht? Warum aber dann diese Publikation in der virtuellen Welt? Wenn aber doch eine Reaktion erwartet wird, welche ...
Ja, und dann die Texte selbst. Welchen Maßstab legt man? Nur die eigene individuelle Rezeption, weil man sich zufällig gerade in der gleichen oder in einer ähnlichen Gefühlssituation befindet? Diese völlige Identifikation mit einem Text ... ? Dieses emotionale Einswerden mit dem Text?
Oder gibt es - wohlbemerkt rationale, nachvollziehbare! - Kriterien, nach denen man einen lyrischen Text betrachtet, untersucht, einordnet und dann auch bewertet?
Aber vielleicht ist jemand der Meinung, daß man etwa solche Gedichte überhaupt nicht kritisch lesen, betrachten und bewerten sollte? Dann wäre mein Appell an eine rationale Betrachtungsweise von lyrischen Texten - denn darum ging und geht es in dieser Glosse! - leider nicht nur umsonst, sondern auch völlig verfehlt ...
Die Bertha
vom Niederrhein
Medea †
dieses Spottgedicht schrieb Friedrich Nietzsche -
ich finde, es ist so frisch und humorvoll und
damit nimmt er sich, einer der größten Lyriker
in der deutschen Sprache, selbst ein wenig auf den Arm.
ich finde, es ist so frisch und humorvoll und
damit nimmt er sich, einer der größten Lyriker
in der deutschen Sprache, selbst ein wenig auf den Arm.
Medea †
Als ich jüngst, mich zu erquicken,
Unter dunklen Bäumen sass,
Hört’ ich ticken, leise ticken,
Zierlich, wie nach Takt und Maass.
Böse wurd’ ich, zog Gesichter,
Endlich aber gab ich nach,
Bis ich gar, gleich einem Dichter,
Selber mit im Tiktak sprach.
Wie mir so im Verse-Machen
Silb’ um Silb’ ihr Hopsa sprang,
Musst’ ich plötzlich lachen, lachen
Eine Viertelstunde lang.
Du ein Dichter? Du ein Dichter?
Steht’s mit deinem Kopf so schlecht?
"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Wessen harr’ ich hier im Busche?
Wem doch laur’ ich Räuber auf?
Ist’s ein Spruch? Ein Bild? Im Husche
Sitzt mein Reim ihm hintendrauf.
Was nur schlüpft und hüpft, gleich sticht der
Dichter sich’s zum Vers zurecht.
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Reime, mein’ ich, sind wie Pfeile?
Wie das zappelt, zittert, springt,
Wenn der Pfeil in edle Theile
Des Lacerten-Leibchens dringt!
Ach, ihr sterbt dran, arme Wichter,
Oder taumelt wie bezecht!
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Schiefe Sprüchlein voller Eile,
Trunkne Wörtlein, wie sich’s drängt!
Bis ihr Alle, Zeil’ an Zeile,
An der Tiktak-Kette hängt.
Und es gibt grausam Gelichter,
Das dies - freut? Sind Dichter - schlecht?
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Höhnst du, Vogel? Willst du scherzen?
Steht’s mit meinem Kopf schon schlimm,
Schlimmer stünd’s mit meinem Herzen?
Fürchte, fürchte meinen Grimm! -
Doch der Dichter - Reime flicht er
Selbst im Grimm noch schlecht und recht.
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Unter dunklen Bäumen sass,
Hört’ ich ticken, leise ticken,
Zierlich, wie nach Takt und Maass.
Böse wurd’ ich, zog Gesichter,
Endlich aber gab ich nach,
Bis ich gar, gleich einem Dichter,
Selber mit im Tiktak sprach.
Wie mir so im Verse-Machen
Silb’ um Silb’ ihr Hopsa sprang,
Musst’ ich plötzlich lachen, lachen
Eine Viertelstunde lang.
Du ein Dichter? Du ein Dichter?
Steht’s mit deinem Kopf so schlecht?
"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Wessen harr’ ich hier im Busche?
Wem doch laur’ ich Räuber auf?
Ist’s ein Spruch? Ein Bild? Im Husche
Sitzt mein Reim ihm hintendrauf.
Was nur schlüpft und hüpft, gleich sticht der
Dichter sich’s zum Vers zurecht.
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Reime, mein’ ich, sind wie Pfeile?
Wie das zappelt, zittert, springt,
Wenn der Pfeil in edle Theile
Des Lacerten-Leibchens dringt!
Ach, ihr sterbt dran, arme Wichter,
Oder taumelt wie bezecht!
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Schiefe Sprüchlein voller Eile,
Trunkne Wörtlein, wie sich’s drängt!
Bis ihr Alle, Zeil’ an Zeile,
An der Tiktak-Kette hängt.
Und es gibt grausam Gelichter,
Das dies - freut? Sind Dichter - schlecht?
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Höhnst du, Vogel? Willst du scherzen?
Steht’s mit meinem Kopf schon schlimm,
Schlimmer stünd’s mit meinem Herzen?
Fürchte, fürchte meinen Grimm! -
Doch der Dichter - Reime flicht er
Selbst im Grimm noch schlecht und recht.
-"Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter"
Achselzuckt der Vogel Specht.
Linta †
Angeregt durch die Badewannenglosse machte ich mir die Mühe in den Foren-Gedichten zu
blättern und gab rasch auf. Nicht nur der Gedichte, auch der honigsüßen Kommentare wegen.
Letztere, das habe ich inzwischen auch begriffen, müssen offenbar unter (falschen) Freunden wohl so sein.
ECHTE FREUNDE würden Kritik vertragen und eine solche wäre ziemlich angebracht.
Viele Schreiber im Forum zeigen wirklich Mut zum Aussergewöhnlichen.
Da greife ich doch jetzt zu Ungaretti oder / und Lord Byron und genieße echte Lyrik.
H.T.
blättern und gab rasch auf. Nicht nur der Gedichte, auch der honigsüßen Kommentare wegen.
Letztere, das habe ich inzwischen auch begriffen, müssen offenbar unter (falschen) Freunden wohl so sein.
ECHTE FREUNDE würden Kritik vertragen und eine solche wäre ziemlich angebracht.
Viele Schreiber im Forum zeigen wirklich Mut zum Aussergewöhnlichen.
Da greife ich doch jetzt zu Ungaretti oder / und Lord Byron und genieße echte Lyrik.
H.T.
niederrhein
Zitat:
"An diesen letzten Satz möchte ich doch gleich anknüpfen und die mich interessierende Frage stellen, wie Frau Bertha aus ihrer jetzigen Sicht zu den vor ca. 40 Jahren geschriebenen Gedichten steht."
Eine Frage, viele Aspekte. Dazu zunächst Ursache und Anlaß zu dieser Glosse. Noch einmal: Ich habe viele Gedichte hier im ST und natürlich auch die Anmerkung jeweils dazu gelesen. Und ich habe nicht nur über die Texte, sondern noch mehr über die VerfasserInnen nachgedacht. Eben die Frage nach den Gründen - warum sie schreiben und warum sie diese Verse einer anonymen Öffentlichkeit präsentieren. (An sich ja nicht bemerkenswert; veröffentlichte Gedichte erzeugen keinen Schaden, von einem Kolletaralschaden ist auch nichts bekannt.)
Ich habe aber auch - und jetzt wird's persönlich - Unterlagen, konkret: etliche Fächer und Schubladen im Schreibtisch aufgeräumt, wobei mir ein ganzer Stapel (mehr als zweinhundert Seiten) Papier in die Hände geriet. Ehemals unschuldiges weißes, jetzt z.T. leicht vergilbtes Papier (1961 bis rund 1972), das geduldig meine Verse aufbewahrte. In diesem Zusammenhang erinnerte mich mich die Stelle in Rilkes "Malte Laurids Brigge" (Den Roman nur einmal in meinem Leben gelesen, so um 1960 herum - aber diese Stelle hatte ich nicht vergessen!)
Jetzt zu der Frage
"aus einem bewegten, glühenden Herzen heraus geschrieben" Ich weiß nicht ... sicher stand am Anfang ein Bewegtsein, ein oder mehrere Gefühle. Dann aber wurde der jweilige Text erarbeitet, bearbeitet, geändert, gelesen, überprüft, gegebenfalls erneut geändert. Also eine refektierende Arbeit.
"halten sie in Form und Inhalt einer heutigen kritischen Betrachtung noch stand?"
Interessant ... sie kamen mir wie Gedichte eines/einer unbekannten Autor/in vor. Gar keine Rührseligkeit, nicht einmal persönliche Betroffenheit, sondern Neugierde. Ich las etliche dieser Gedichte (ich erinnerte mich nicht mehr an sie --- frei nach dem Motto: Ach, das hast Du einmal geschrieben?)
Was aber sehr sehr lebendig wurde: Meine damalige Lebenssituation, das Leben damals. Berührt, wehmütig ...? Mehr ein Vergänglichkeitsgefühl (Siehe das Gedicht "Abend" von Andreas Gryphius). "an die Situation, die zum Entstehen eines Gedichtes" ... ja, so in etwa. (Sehr gut überlegt und nachempfunden!)
"Legt man/frau eine kritische Meßlatte aus der heutigen Sicht an?"
Ja, welche sonst?
"Schämt man sich damaliger Gefühle"
Siehe oben. Nein ...
"kann man lächelnd eingestehen, literarisch hochwertig ist es zwar nicht, und wäre es nicht geschrieben worden, auch kein sonderlicher Verlust?"
Die Frage nach der Qualität stellt sich zunächst insofern nicht, weil diese Texte in der Schreibtischschublade ruhten ... und die Frage nach der Qualität (Tja, wer stellt diese Kriterien auf? Wer beurteilt ein Gedicht? Der Leser, die literarische Kritik, der Literaturwissenschaftler?)
Letzten Endes geht es nur um die Begegnung des Textes mit (s)einem Leser ... und in, bei dieser Begegnung - wenn die Worte und Verse das Gehirn passieren, verstanden werden und im Herzen Schwingungen auslösen - beginnt ein Gedicht zu leben, offenbart es seine Existenz und sein Geheimnis.
Um diese kleine Betrachtung zu Ende zu führen ... Was mache ich mit meinen Versen? Wegschmeißen, jemanden geben, einfach liegenlassen ... Oh Gott, wenn ich mir diese Zeit vorstelle, in der Bücher bald zur Makulatur gehören, in der den meisten Menschen der Blick auf den Bildschirm reicht ... ich sollte diese alten Blättter selbst entsorgen oder ... die Idee kommt mir gerade ...
Alle Texte abschreiben und irgendwo im Internet ablagern, wo sie dann auf digitale Ewigkeit (so lange halt Strom fließt und die Speicher halten) im digitalen Nirwana herumschweben ...
Ach ja ...
Die olle Bertha
vom Niederrhein
P.S. Kleine Überlegung und Übung: Selbst geschriebene Texte anonym Lehrern (Hochschule, Gymnasium) übergeben und sich dann - nach einer Verwertung in Vorlesung, Seminar, Unterricht - die jeweilige Betrachtung als Protokoll geben lassen ... oder eben die Kommentare auf den Internetseiten lesen ...
"An diesen letzten Satz möchte ich doch gleich anknüpfen und die mich interessierende Frage stellen, wie Frau Bertha aus ihrer jetzigen Sicht zu den vor ca. 40 Jahren geschriebenen Gedichten steht."
Eine Frage, viele Aspekte. Dazu zunächst Ursache und Anlaß zu dieser Glosse. Noch einmal: Ich habe viele Gedichte hier im ST und natürlich auch die Anmerkung jeweils dazu gelesen. Und ich habe nicht nur über die Texte, sondern noch mehr über die VerfasserInnen nachgedacht. Eben die Frage nach den Gründen - warum sie schreiben und warum sie diese Verse einer anonymen Öffentlichkeit präsentieren. (An sich ja nicht bemerkenswert; veröffentlichte Gedichte erzeugen keinen Schaden, von einem Kolletaralschaden ist auch nichts bekannt.)
Ich habe aber auch - und jetzt wird's persönlich - Unterlagen, konkret: etliche Fächer und Schubladen im Schreibtisch aufgeräumt, wobei mir ein ganzer Stapel (mehr als zweinhundert Seiten) Papier in die Hände geriet. Ehemals unschuldiges weißes, jetzt z.T. leicht vergilbtes Papier (1961 bis rund 1972), das geduldig meine Verse aufbewahrte. In diesem Zusammenhang erinnerte mich mich die Stelle in Rilkes "Malte Laurids Brigge" (Den Roman nur einmal in meinem Leben gelesen, so um 1960 herum - aber diese Stelle hatte ich nicht vergessen!)
Jetzt zu der Frage
"aus einem bewegten, glühenden Herzen heraus geschrieben" Ich weiß nicht ... sicher stand am Anfang ein Bewegtsein, ein oder mehrere Gefühle. Dann aber wurde der jweilige Text erarbeitet, bearbeitet, geändert, gelesen, überprüft, gegebenfalls erneut geändert. Also eine refektierende Arbeit.
"halten sie in Form und Inhalt einer heutigen kritischen Betrachtung noch stand?"
Interessant ... sie kamen mir wie Gedichte eines/einer unbekannten Autor/in vor. Gar keine Rührseligkeit, nicht einmal persönliche Betroffenheit, sondern Neugierde. Ich las etliche dieser Gedichte (ich erinnerte mich nicht mehr an sie --- frei nach dem Motto: Ach, das hast Du einmal geschrieben?)
Was aber sehr sehr lebendig wurde: Meine damalige Lebenssituation, das Leben damals. Berührt, wehmütig ...? Mehr ein Vergänglichkeitsgefühl (Siehe das Gedicht "Abend" von Andreas Gryphius). "an die Situation, die zum Entstehen eines Gedichtes" ... ja, so in etwa. (Sehr gut überlegt und nachempfunden!)
"Legt man/frau eine kritische Meßlatte aus der heutigen Sicht an?"
Ja, welche sonst?
"Schämt man sich damaliger Gefühle"
Siehe oben. Nein ...
"kann man lächelnd eingestehen, literarisch hochwertig ist es zwar nicht, und wäre es nicht geschrieben worden, auch kein sonderlicher Verlust?"
Die Frage nach der Qualität stellt sich zunächst insofern nicht, weil diese Texte in der Schreibtischschublade ruhten ... und die Frage nach der Qualität (Tja, wer stellt diese Kriterien auf? Wer beurteilt ein Gedicht? Der Leser, die literarische Kritik, der Literaturwissenschaftler?)
Letzten Endes geht es nur um die Begegnung des Textes mit (s)einem Leser ... und in, bei dieser Begegnung - wenn die Worte und Verse das Gehirn passieren, verstanden werden und im Herzen Schwingungen auslösen - beginnt ein Gedicht zu leben, offenbart es seine Existenz und sein Geheimnis.
Um diese kleine Betrachtung zu Ende zu führen ... Was mache ich mit meinen Versen? Wegschmeißen, jemanden geben, einfach liegenlassen ... Oh Gott, wenn ich mir diese Zeit vorstelle, in der Bücher bald zur Makulatur gehören, in der den meisten Menschen der Blick auf den Bildschirm reicht ... ich sollte diese alten Blättter selbst entsorgen oder ... die Idee kommt mir gerade ...
Alle Texte abschreiben und irgendwo im Internet ablagern, wo sie dann auf digitale Ewigkeit (so lange halt Strom fließt und die Speicher halten) im digitalen Nirwana herumschweben ...
Ach ja ...
Die olle Bertha
vom Niederrhein
P.S. Kleine Überlegung und Übung: Selbst geschriebene Texte anonym Lehrern (Hochschule, Gymnasium) übergeben und sich dann - nach einer Verwertung in Vorlesung, Seminar, Unterricht - die jeweilige Betrachtung als Protokoll geben lassen ... oder eben die Kommentare auf den Internetseiten lesen ...
pelagia
Danke für den Hinweis auf das großartige Multitalent Robert Gernhardt, den Dichter, den Lyriker, den Cartoonisten, den Maler.
Vielleicht hätte dieser kleine Vers auch Chancen ein Lieblingsgedicht zu werden, er lässt sich schnell auswendig lernen.
Robert Gernhardt, Quelle: Berliner Zeitung vom 4. Februar 2000
Vielleicht hätte dieser kleine Vers auch Chancen ein Lieblingsgedicht zu werden, er lässt sich schnell auswendig lernen.
Robert Gernhardt, Quelle: Berliner Zeitung vom 4. Februar 2000
pelagia
Lese ich den ersten Teil, möchte ich fragen: „Wer meinst Du, wird den Fehdehandschuh aufnehmen (können, wollen, erkennen) und Satisfaktion fordern?“
Im Orient kennt man ein Sprichwort: Es gibt keinen Fehler, den Großzügigkeit nicht verstecken kann. Darf das vielleicht auch für die Texte gelten
Zitat:
Wie Du (auch medea schreibt es in ihrem Kommentar) liebe ich Gedichte und „dazu gehört auch, dass ich viele Gedichte natürlich auswendig kenne." Die englische Sprache hat dafür einen sehr schönen Begriff: By heart. Und genau dort bewahre ich die Gedichte auf, die mir kostbar sind.
Im Orient kennt man ein Sprichwort: Es gibt keinen Fehler, den Großzügigkeit nicht verstecken kann. Darf das vielleicht auch für die Texte gelten
Zitat:
"... denen gegenüber ist barmherziges Schweigen eine Menschen- und Christenpflicht."
Wie Du (auch medea schreibt es in ihrem Kommentar) liebe ich Gedichte und „dazu gehört auch, dass ich viele Gedichte natürlich auswendig kenne." Die englische Sprache hat dafür einen sehr schönen Begriff: By heart. Und genau dort bewahre ich die Gedichte auf, die mir kostbar sind.
Medea †
"Dazu gehörte auch, daß ich viele Gedichte natürlich auswendig kannte. Und – mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa – selbst geschrieben hatte.) (Bertha vom Niederrhein)
An diesen letzten Satz möchte ich doch gleich anknüpfen und die mich interessierende Frage stellen, wie Frau Bertha aus ihrer jetzigen Sicht zu den vor ca. 40 Jahren geschriebenen Gedichten steht. Ich vermute, daß sie seinerseit aus einem bewegten, glühenden Herzen heraus geschrieben wurden, halten sie in Form und Inhalt einer heutigen kritischen Betrachtung noch stand? Kommt vielleicht auch so etwas wie Rührung oder leise Wehmut auf, weil man(n) sich erinnert an die Situation, die zum Entstehen
eines Gedichtes oder einer kleinen Erzählung führte? Legt man/frau eine kritische Meßlatte aus der heutigen Sicht an? Schämt man sich damaliger Gefühle, denn aus denen heraus entstehen ja in den meisten Fällen derartige Zeilen oder kann man lächelnd
eingestehen, literarisch hochwertig ist es zwar nicht, und wäre es nicht geschrieben worden, auch kein sonderlicher Verlust?
Zu meinen Lieblingsbüchern gehört "Der Scholar vom linken Galgen", die Gedichte von Francois Villon haben die Jahrhunderte überdauert - hier sein
Rondeau
Tod, sag, was bist du gar so hart und wild,
du hast mir die Geliebte weggenommen;
ist deine Gier noch immer nicht gestillt,
nun hältst du mich beklommen?
Mit Kummer schlepp' ich meine Tage!
Was tat sie dir im Leben, sage,
TOD?
Wir waren zwei, allein von gleichen Sinnen.
Nun, da sie tot, so nimm mich auch von hinnen,
sonst träum' ich ohne Blut und Leben hin,
wie Bilder an den Wänden, ohne Sinn.
TOT!
Medea.
An diesen letzten Satz möchte ich doch gleich anknüpfen und die mich interessierende Frage stellen, wie Frau Bertha aus ihrer jetzigen Sicht zu den vor ca. 40 Jahren geschriebenen Gedichten steht. Ich vermute, daß sie seinerseit aus einem bewegten, glühenden Herzen heraus geschrieben wurden, halten sie in Form und Inhalt einer heutigen kritischen Betrachtung noch stand? Kommt vielleicht auch so etwas wie Rührung oder leise Wehmut auf, weil man(n) sich erinnert an die Situation, die zum Entstehen
eines Gedichtes oder einer kleinen Erzählung führte? Legt man/frau eine kritische Meßlatte aus der heutigen Sicht an? Schämt man sich damaliger Gefühle, denn aus denen heraus entstehen ja in den meisten Fällen derartige Zeilen oder kann man lächelnd
eingestehen, literarisch hochwertig ist es zwar nicht, und wäre es nicht geschrieben worden, auch kein sonderlicher Verlust?
Zu meinen Lieblingsbüchern gehört "Der Scholar vom linken Galgen", die Gedichte von Francois Villon haben die Jahrhunderte überdauert - hier sein
Rondeau
Tod, sag, was bist du gar so hart und wild,
du hast mir die Geliebte weggenommen;
ist deine Gier noch immer nicht gestillt,
nun hältst du mich beklommen?
Mit Kummer schlepp' ich meine Tage!
Was tat sie dir im Leben, sage,
TOD?
Wir waren zwei, allein von gleichen Sinnen.
Nun, da sie tot, so nimm mich auch von hinnen,
sonst träum' ich ohne Blut und Leben hin,
wie Bilder an den Wänden, ohne Sinn.
TOT!
Medea.
ehemaliges Mitglied
das Anti-Sonett-Sonett von Gernhardt gehört überhaupt zu den besten Gedichten bzw. Sonetten, die ich kenne, vielen Dank. Na ja, das heißt nicht viel, ich bin keine große-Lyrik-Kennerin, zugegeben, aber manches gefällt mir doch außerordentlich gut, vor allem die Gedichte von Gernhardt.
Aber ob ich mit dem Bezug Joh.1/1 zu der Verbundenheit von "Mensch und Lyrik" einverstanden bin, darüber denke ich noch nach.
Ich werde mal meine Theologen-Bekannten fragen, was sie dazu meinen.
Gruß Marina
Aber ob ich mit dem Bezug Joh.1/1 zu der Verbundenheit von "Mensch und Lyrik" einverstanden bin, darüber denke ich noch nach.
Ich werde mal meine Theologen-Bekannten fragen, was sie dazu meinen.
Gruß Marina
baerliner2 †
Es ist aber einfacher, wenn die Verlinkungen bereits vorhanden sind
Ich würde schon mal gerne ein Gedicht des All-Round-Talentes lesen
Schönen Tag im sicher verschneiten Hochland - und Muße beim Studium der Tageszeitungen.
Und danke für das Bild von "Berta" im GB
P.P.S. Eine Verlinkung erspare ich mir, die ST-Mitglieder sind mit Wikipedia und Google sicher bestens vertraut.
Es ist aber einfacher, wenn die Verlinkungen bereits vorhanden sind
Ich würde schon mal gerne ein Gedicht des All-Round-Talentes lesen
Schönen Tag im sicher verschneiten Hochland - und Muße beim Studium der Tageszeitungen.
Und danke für das Bild von "Berta" im GB
Lieben Gruß
Samira