Die Geschichte eines Düsseldorfer Hafenkindes und ihrer Zeit..
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2. Fortsetung.
Und nun kam die Rettung.
Immer, ihr ganzes Leben lang, wird Elena den beiden Soldaten dankbar sein, die die Meute zurückdrängten, die energisch Platz schafften, damit das kleine Mädchen hinunterklettern konnte und seine sieben Sachen, die Gott sei Dank eng beieinander lagen, zusammenklauben konnte. Und sie halfen ihr auch wieder auf den Bahnsteig, trösteten sie und nahmen sie mit in ihr Abteil, denn sie mussten mit dem Zug fahren. Ihr Urlaub war zu Ende und sie fuhren wieder an die Front. Nun ging die Fahrt weiter.
Bis Wien ohne Zwischenfälle - dann kam die nächste Schreckensnachricht. Elena musste, was sie nie für möglich gehalten hatte, den Bahnhof wechseln Vom Ostbahnhof zum Westbahnhof. Nun stand sie draußen vor dem Bahnhof und fragte die Passanten: ”Wie komme ich zum Westbahnhof ?”
Es bildete sich eine kleine Gruppe - alle Wiener wollten helfen, nur Elena verstand kein Wort. Sie hatte gedacht, die Wiener würden alle Deutsch sprechen, so wie etwa Paul Hörbiger oder Hans Holt. Aber nichts dergleichen. Endlich packte sie ein resoluter Wiener am Arm und beförderte sie in die nächste Straßenbahn mit dem Kommentar: “I muaß do a hi.”
In der Wiener Straßenbahn ging der Fahrpreis nicht nach Alter, sondern nach Größe und Elena hat bis heute nicht vergessen, dass sie damals genau 1,49 m groß war. Sie brauchte nicht viel zu bezahlen - das tröstete sie etwas über ihre Kleinheit hinweg. Endlich Westbahnhof und endlich im Zug nach Linz. Es wäre zu schön gewesen. In Wels war die Fahrt zu Ende - Alles aussteigen !!
Es war inzwischen stockfinster geworden. Der Bahnsteig leerte sich.
Die Fahrgäste strebten ihren heimatlichen Gefilden zu. Elena saß alleine auf dem menschenleeren Bahnhof auf ihrem Koffer. Langsam wollten die Tränen wieder ihren Lauf nehmen, als eine Männerstimme fragte: „Jo mai, wos moachst denn du da so alloan ?“- ein älterer Mann in Bahnhofsuniform mit einer abgegriffenen Aktenmappe unter dem Arm, aus deren einem Ende noch der Kopf einer Thermosflasche herauslugte, stand vor ihr.
Elena hatte sofort Vertrauen zu ihm - wahrscheinlich wegen der Uniform.
Sie erzählte ihm, dass sie nach Kopfing wolle, wo ihre Mutter mit ihrem Bruder evakuiert wäre und dass sie nicht weiter wisse. ” Jo mai...“, sagte der Uniformierte, ”...da geht heut fai goarnix mehr. Moargen do koanst waider foarn. Oaber do koanst nit sitzen bleim - kimmst hoald mit mir mit..“
Was hatte ihr die Mutter, nach den grausigen Ereignissen durch den Kindesmörder von Düsseldorf, eingeimpft?: “Gehe nie mit einem Fremden mit!!“
Er war kein Kindermörder. Sie fand liebevolle Fürsorge bei dem freundlichen Bahnhofsvorsteher-Ehepaar. Sie bekam eine herzhafte Nachtspeise und ein molliges Nachtlager und am frühen Morgen setzte sie der gute Bahnhofsvorsteher in den richtigen Zug - noch nicht nach Kopfing, sondern erst einmal über Linz nach Andorf, und von dort mit dem alten klapprigen Bus nach Kopfing im Innviertel.
Mutter war schon in heller Aufregung, denn Elena kam mit einem ganzen Tag Verspätung an. Und dann, bei selbstgebackenem Platenkuchen - Elenas Vater war echter Lipper/Westfale- und österreichischem Kracherl, war alle Aufregung zwar nicht vergessen, aber doch schon etwas neutralisiert.
Nun musste Elenas Mutter in dem ca. 12 qm großen Zimmer, beim Hofbauer in Götzendorf, in dem gekocht und geschlafen wurde, einen Schlafplatz für ihre Tochter einrichten. Da gab es nicht viel zu überlegen. Es wurde noch eine Art Liegestatt aufgestellt und der Bruder musste zur Mutter ins Bett.
Wie heißt es so passend von den geduldigen Schafen, derer so viele in einen Stall gehen?
Nach Ostern wurde Elena von ihrer Mutter an der Volksschule in Kopfing angemeldet. Elena musste wieder in die Volksschule gehen, weil es dort keine Mittelschule gab und Elenas Mutter es ablehnte, sie in ein Internat zu geben. Wahrscheinlich, weil sie meinte, für ein Mädchen lohne sich dieser Aufwand nicht.
Und dann ging das Elend los - ein „evangelisches Mädchen“ und dann natürlich ein „Sauprais !“.
Elena war hübsch und sie war nicht dumm, aber sie verstand kein Wort der Einheimischen. Außerdem hatte sie unvorsichtigerweise erzählt, dass sie Schauspielerin werden wolle. ”Do koanst jo glai nach Amerika gehn” sagte die Handarbeitslehrerin, eine stramme Hitler-Verehrerin.
Die Mädchen kicherten und weil die Buben in der Klasse gar nicht unfreundlich zu ihr waren, hatte Elena viel zu leiden. Es verging kaum ein Tag ohne massive Angriffe. Sie bekam den Tafellappen um die Ohren gehauen, man schubste sie, wo man nur konnte. Es waren immer die selben ...und die anderen Mädchen, die sich nicht beteiligten, grinsten verlegen.
Eines Tages, nachdem Elena erkannt hatte, dass Freundlichkeit aber auch rein gar nichts nützte, warf sie ihre Schultasche gegen ihre Peiniger und verließ die Schule. Erst nach einer Aussprache zwischen Mutter und Rektorin verbesserte sich die Atmosphäre und normalisierte sich, als Elena den Dialekt beherrschte und sich nichts mehr gefallen ließ.
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Kommentare (2)
Als hätte man hier gerufen, als die Gesichtszüge und die Figur verteilt wurde und den anderen etwas weggenommen.
Angenehmer wird es von Jahr zu Jahr, mit dem Alter.
Eine riesige Fahrt hast du allein von Königsberg bis Österreich, allein gut geschafft, unglaublich heute ein Kind allein so reisen zu lassen.
Ich bin gespannt,
mit freundlichen Grüßen, Traute
Auch die können manchmal ganz schön schwierig sein.
Aber es sind wenigstens keine Petzen.
Viel Glück weiterhin bei Deinem Schreiben.
Ich hoffe, dass Deine Geschichte auch hier erscheint.
Du hasttest mich übrigens dazu angeregt, meine Geschichte,die schon einmal 2009 im Ganzen hier erschienen ist, als Fortsetzung noch einmal einzusetzen. Es kommen ja immer wieder Neue hinzu und an einem Stück, war sie wohl zu viei.
Ganz schön schwierig sie hier wieder reinzusetzen, das Windows7 funkt immer dazwischen.
Alles Liebe
Sarahkatja