Der letzte Sommertag im Frühling


Punkt sieben – der Gutenmorgen-Anruf kommt herein.
»Gutes Wetter angesagt! Was machen wir heute? « - » Ich weiß nicht, mich beschäftigt sehr der abgestürzte Rechner – funktioniert noch nicht wieder mit Outlook «. - »Fahren wir doch nach Templin «.

Eigentlich unvorbereitet geht es dann los: Spatz kommt von Johannisthal und ich steige in Plänterwald zu. Wir fahren erst einmal nach Ostkreuz, da tippeln wir die Behelfstreppe hinunter zur S-Bahn in Richtung Ahrensfelde. Zwei Stationen weiter geht es in Lichtenberg wieder durch eine Baustelle – keine Angst: man macht sich nicht schmutzig.

Wir besteigen den OE60 (Ost Deutsche Eisenbahn Gesellschaft) nach Eberswalde. Der gelbgrüne Dieseltriebwagen schnurrt los, kann sich mit der S-Bahn bis Bernau (bei Berlin) einen Wettlauf leisten, er kommt in jedem Fall schneller dort an. Und dann verlassen wir Berlin, rollen in das von Fontane so meisterhaft beschriebene Märkische Land. Es geht in die Uckermark.
»Lass‘ uns doch nur bis Joachimsthal fahren, da am Werbellinsee«. Der kleine OEDG-Fahrplan verrät uns, dass wir in Eberswalde in den OE63 steigen können. Wir wechseln die Triebwagen, weniger Fahrgäste wollen auf der Stichstrecke nach Joachimsthal. »Steigen wir doch in Joachimsthall-Kaiserbahnhof aus«. Und da stehen wir vor dem Kleinod von Bahnhof, zu Recht ein Bahnhof für Wilhelm den Zwoten gebaut.

Ein Informationsstand im Bahnhof macht um zehn Uhr auf, es ist knapp vor zehn. Wir sammeln Prospekte ein, erkundigen uns nach dem Weg zum Werbellinsee. Zu Fuß – das ist uns klar – geht es bergab durch Kiefern- und Mischwald. Wir wollen zum Wasser. Mücken! Wir überqueren die Landstraße.
Ja, der Dampfer Zehnuhr ist weg. Also machen wir uns auf den mit weißblauweiß markierten Wanderweg und gehen die angekündigten, mal 6, mal 9 Kilometer an.

Mücken! Sind die aggressiv! Wir Die Blicke über den See bei strahlendem Sonnenlicht aus herrlich blauen Himmel: wunderschön! Nicht die Alpen, kein Odenwald, nein Märkische Heide, die Schorfheide in der Uckermark. Mit dem Fahrrad bekommt man im Märkischen Sand einige Schwierigkeiten, eben so, wie auch die Schuhe in dem losen Sand immer etwas zurückrutschen. Mücken! Also etwas mehr Tempo und fleißig diese lästigen Begleiter gnadenlos abwehren. Aber man möchte doch die Blicke nach vorn, über den See und von einander mit der Kamera festhalten.

Wir passieren einen Camping-Platz, Dauer-Camper. Ein Hund macht uns an, Begrüßung. »Morgen!« - »Morgen!« Am Ufer schaukeln Boote im leicht schwappenden Wasser. Der Weg führt entlang dem Seeufer, Bäume baden ihre Wurzeln im Wasser, da und dort sumpfig. Stellenweise nun nur noch Trampelpfad. Und immer wieder der Blick auf‘s Wasser. Der Weg führt etwas die Böschung hinauf.

Eine Wandergruppe. In Thüringisch beschwert sich eine Frau über die Männer, die ihnen einen so hässlichen Weg verabreicht hatten, steil auf und ab. Was soll’s?! Wir kommen an eine Wegegabel, ein Weg geht längs dem Ufer, aber wie weit?! Der andere Weg biegt nach links ab und … er geht bergauf, die Markierung gubt uns die Richtung an.

Der Weg geht immer steiler bergauf, ein grobschlächtiger Weg, gut für die Holzabfuhr. Wir kommen ins Schwitzen, jeder flucht still in sich hinein. „Du bist doch mehr und härteres gewohnt!“ Das ist Jahrzehnte her! Zurück? Nein! Oben erreicht uns die Straße, die wir am Anfang überquert hatten. Unbedingt einen Halt ein legen. Mittagszeit. Eine große Schnittfläche einer Riesenbuche ist der ideale Parkplatz für unsere geschundenen Muskeln. Die Mücken lassen uns hier neben der asphaltierten Straße endlich etwas in Ruhe.

Wir verlassen den „Erholungspfad“ und folgen der Straße, immer schön links in Fahrtrichtung. Der Asphalt wirkt sich auf Knöchel und Waden aus, sogar das Gesäß meldet Unlust an. „Man müsste ein Auto anhalten, das uns mitnimmt!“ Zu zweit, mit gleichen Gedanken im Kopf, traben wir hinter einander her. Aber es hält kein Auto. Wir können das Trampen nicht mehr. Von wo oder bis wohin rechnet die Kilometeranzeige an den Begrenzungspfählen? Nein! Nicht wieder auf den markierten Pfad, der ab und zu die Straße kreuzt.

Der Einlass zum EJB Werbellinsee. Früher einmal ein großes Pionierlager der FDJ, heute nach Jahren des Verfalls nun in Hand eines Investors zur Europäischen Jugendbegegnungsstätte avanciert. Ein Wegweiser zu einem Cafe. 600 m hin und zurück zusätzlich? Kommt man da am See weiter? Wir sehen einen Bus in Richtung Altenhof wegfahren. Schade. Also weiter auf der Straße.

Wir erreichen Altendorf – auf der Straße wären es nun 6 km gewesen. Und wir waren nachgerechnet mindestens neun Kilometer gelaufen. Wir gehen hinunter zur Anlegestelle, kommen rechtzeitig vor Abfahrt des Schiffes an. Eine leichte Brise bringt etwas Kühlung. „Will die Radlergruppe etwa auch mit dem erwarteten Schiff mit? Ist das groß genug?“ Und da kommt das Schiff vom anderen Seeufer herüber.

Wir finden Platz auf dem Vorderdeck. Etwa eine halbe Stunde tuckert der Dampfer bis zur Anlegestelle „Kaiserbahnhof“, da, wo dieses kleine, private Familienunternehmen seinen Hafen hat. Das Schiff legt an, entlässt uns. Wir sind schon ein Stück auf dem Sandweg hinauf zum Kaiserbahnhof, als das Schiff sich mit dreimaligen Tuten (rückwärts fahre) zu uns herauf meldet. Wir schleppen uns zum Bahnhof, haben viel Zeit, bis der Triebwagen von Joahimsthal kommt und uns bis Lichtenberg mit nach Hause mitnimmt.

Ob wir noch einmal zu Fuß das Ganze machen. Ja wenn in Ostkreuz schon das barrierefreie Umsteigen möglich wäre, dann würden wir die Räder mitnehmen und die Schorfheide abradeln. Trotz der „Quälerei“ haben wir einen schönen Ausfug gehabt.


ortwin

Werbellinsee












ortwin


Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige