Der laengste Moment meines Lebens
Der laengste Moment meines Lebens
Kennt Ihr Prien am Chiemsee? Ich kannte die Stadt mal sehr gut. Dort habe ich naemlich zwei Monate gelebt. Zwei schoene Sommermonate. Man ist damals von Neu Delhi nach Muenchen geflogen. Und dann Hauptbahnhof Muenchen und die kurze Reise mit dem Zug. Es gab damals wenige Taxis in Prien. Aber das Goethe Institut dort war sicher bekannt. Ein Zimmer hatte man fuer mich schon, bei einem Herrn Kuhnert, nicht sehr weit vom Institut und nicht weit von dem Restaurant, wo man gegessen hat. Zu Fuss brauchte man zehn Minuten vom Institut zum Restaurant.
Das Wetter war sehr schoen und es gab viele Touristen in der kleinen Stadt, darunter viele Autofahrer. Um 12.30 Uhr war die grosse Pause und wir alle hatten es eilig und hungrig waren wir alle auch. Zehn Minuten zu Fuss, das war nicht sehr weit bis zum Restaurant. Viele Autos waren unterwegs, wahrscheinlich hungrige Leute, die schnell irgendwohin wollten.
An einer Kreuzung wartete eine alte Frau. Sie wollte wahrscheinlich die grosse Verkehrsstrasse ueberqueren. Von der Ferne sah man, dass die Ampel fuer die Fussgaenger schon gruen war, trotzdem wartete sie dort. Also hatte sie Angst, dies alleine zu versuchen. Ich war mit einem Klassenkamerad. Der hat das auch gesehen, aber er sagte: „Mensch! Ich habe echt hunger. Ich gehe weiter!“
Ich hielt neben der alten Frau: „Darf ich Sie ueber die Strasse........?“ fragte ich und bot meine Hand an.
Sie hielt meine Hand und bei dem gruenen Ampel gingen wir zusammen zur anderen Seite. Als ich zurueckkehren wollte, zeigte sie in Richtung der kleinen Gasse an der Seite und sagte: „Koennen Sie mich nach Hause begleiten? Das ist nicht weit..... Ich bin bei meiner Tochter...“
In einer Minute standen wir vor dem Haus. Nun hatte ich es aber eilig. Sie hielt noch meine Hand fest und wollte sie gar nicht loslassen. Ich eigentlich auch nicht.
Das war der laengste Moment meines Lebens.
Kommentare (6)
Wie schön, lieber Prakash..., wo hat man heute noch so liebe Menschen, die auf andere achten und ggf. einfach und uneigennützig helfen.
Kristine
@werderanerin
Hallo Christine,
ich muss allerdings gestehen, dass dies vor mehr als 50 Jahren war. Aber ich bin auch heute genau so naiv und simpel! Lach!
lg Prakash
Lieber Prakash,
wer lässt schon gerne die sichere Hand seines Schutzengels los? Die alte Dame konnte ja schließlich nicht ahnen, dass es auch hungrige Engel gibt, die dringend mal etwas essen müssen.👼
Viele Grüße
Rosi65
Was für eine schöne Geschichte, und man spürt diesen besonderen Moment! Ich sehe förmlich vor mir, wie du vor dem Haus die Hand dieser Frau hältst! Danke, daß du ihr geholfen hast!!!🙏
L.G. Angela