Der alte Großvater und sein Enkel
Eine kleine, lehrreiche Geschichte aus meiner Riesengebirgs-Heimat:
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren taub und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tisch saß und den Löffel kaum halten konnte, verschüttete er Suppe auf das Tischtuch und es floß ihm auch etwas davon immer wieder aus dem Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater hinter den Ofen in eine Ecke setzen und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen. Er sah betrübt herüber nach dem Tisch und die Augen wurden ihm nass. Einmal konnten seine zittrigen Hände das Schüsselchen nicht mehr festhalten, es viel zu Boden und zerbrach. Die junge Frau schimpfte wie ein Rohrspatz mit ihm, er sagte aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm eine hözerne Schüssel, daraus mußte er nun immer essen.
Wie sie da so sitzen, trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde einige Brettchen zusammen. "Woas machst du den doo?" fragt der Vater. "Iech mach a hölzernes Trögla!" antwortet das Kind. "Dodraus sull Voater und Mutta assa, wenn iech gruß bien!" Da sahen sich Frau und Mann eine Weile an und fingen dann an zu weinen. Sie holten den alten Großvater wieder an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mitessen, sagten auch nie wieder was, wenn er mal ein wenig verschüttete!
Anmerkung: Ja, in der heutigen Zeit geht leider wieder der Trend dahin - die Alten werden sehr oft abgeschoben und der geistige Austausch mit den Nachfolgegenerationen wird schwer vernachlässigt - es ist ein Trauerspiel!
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