De Heunerbande

Autor: ehemaliges Mitglied



Eine ältere Geschichte, ich habe sie schon mal erzählt, werde aber immer wieder darauf angesprochen.
Also hier ist sie noch einmal für alle, die sie noch nicht kennen.
Viel Spaß.

Die Geschichte spielte nebenan in einem Altersheim.
So komisch wie sie war, kann es gar nicht mit Worten beschrieben werden.
Beige Jacke , braune Konfirmationshose mit an geschmuddelten Eingriff, Torwartmütze und Krückstock.
Das war Opa K.
Weitere Mitwirkende, vierundzwanzig Hühnermädels.
Eigentlich nur dreiundzwanzig Mädels und ein Hahn.
Dem hielten die Hühner aber immer den Schnabel zu, damit er nicht krähte und sich verriet.
Er wäre sonst im Pott gelandet.

Was habe ich den Sommer gelacht.
Um 17:00 Uhr war immer "Ohnsorg-Time".
Dann brachte Opa K. nämlich die Hühner in ein Gartenhaus, welches zum Hühnerhaus umgebaut war.
Richtig so mit Hühnerleiter und Luke.

Opa K. zischelte dann immer, lenkte so die Hühner zum Hühnerhaus.
Sein "Zischeln", wenn die Hühner zu Bett sollten, brachte ihm den Spitznamen "Snake" ein.
"Snake" wie Schlange.
So war er meinen Freunden ein fester Begriff, wenn wir etwa um 17:00 Uhr die Vorstellung ansahen.

Wenn die Hühner nicht so recht wollten, wie Opa wollte, wurde der Krückstock umgedreht und das Huhn wie ein Golfball zur Luke "gestubst".
Dann war das nächste Huhn dran.
Nach dem fünften Huhn kam das erste schon wieder raus.
Da wurde Opa K. richtig stinkig.
Krückstock in die Luke und umgerührt, drinnen war dann der Teufel los.
Und dann schossen alle fünf Hühner wieder heraus.
Ich habe mich krankgelacht.

Hühner sind ganz wild auf Trockenerbsen
Wenn Opa dann abends kam und sie ins Hühnerhaus bugsieren wollte,
habe ich oben das Giebelfenster geöffnet und Erbsen auf die Tannenzweige geworfen.
Im Hühnergehege standen hohe Tannen.
Er konnte mich nicht sehen, aber die Hühner konnten es.
Die sind dann wie wild herumgesprungen und geflattert.
Vierundzwanzig Hühner kreuz und quer in bis zu drei Etagen auf die Tannenzweige.
Dem Alten muss es vorgekommen sein, als würden Engel Samba tanzen.
Wenn ich nicht wollte, bekam er an dem Abend kein Huhn ins Hühnerhaus.
Den Hühnern hat es gefallen.

Mit den Hühnermädels habe ich Hochsprungtraining gemacht
Mit Trockenerbsen am Zaun.
Erbsen hinhalten und langsam immer höher gehen.
So siebzig Zentimeter haben die Federpuschel locker aus dem Stand geschafft.
Ohne Trikot, aber im Federkleid.
Das war ganz gut, so kamen sie auch von der Höhe her leicht auf die unteren Etagen der Tannen.

Hühner sind nicht so doof, wie man denkt.
Und sie haben einen erlesenen Geschmack.
Korn, Weinbrand, Haferflocken und Grieß mochten sie besonders gerne.
Und die gelben Trockenerbsen, dafür machten sie jeden Blödsinn mit.
Sollte man auch mal im richtigen Leben testen.
Schnapsdrossel, welch falscher Begriff.
Die wirklichen Schnapsdrosseln sind Hühner.
Die mögen auch gerne mal einen Korn.
Besoffen sind sie nicht, werden aber müde, wie ich auch.
Sie graben sich kleine Sitzlöcher im Schatten der hohen Tannen und schnorcheln.

Wenn ich aus der Haustür kam, trappelte das nebenan immer wie auf einer Pferdekoppel.
Dann standen 24 Federknäule am Zaun und fiepten, "gibst Du wieder einen aus".
Eine Fangemeinde der ganz besonderen Art.
An dem "Plopp" der von mir geöffneten Kornflasche merkten sie, es gibt wieder etwas..
Und an meinem glasklaren, stahlblauen Blick.
Sind zwar nur Hühnermädels gewesen, aber eben Mädels.
Die Hühnerdamen waren manchmal so gierig nach dem Schnaps, dass sie zu zweit ihre Hälse durch eine
Zaunraute durchsteckten.
Dann kamen sie nicht mehr zurück, weil sie sich sahen und dicke Hälse bekamen.
Wie manchmal hier im richtigen Leben auch.
Dann habe ich ein Stück Papier dazwischen gehalten und schon wurden sie anschmiegsam und gemütlich.
Vorsichtig den Hals wieder zurückgeführt, dann war die Erste frei und die Zweite folgte.
Irgendwie hat mich das immer erinnert, wie ich die Perlenkette der Erbtante schließen oder öffnen musste.
Das war auch nicht anders.

Ich habe auch mal den Draht zum Gemüsegarten unten angehoben, als im Gehege nichts mehr wuchs.
Die bekamen ja nur Abfälle aus der Küche.
In den Gemüsegarten sind sie dann alle hinübergerannt und haben Grünkohl geraspelt, dass es eine Freude war.
Den Draht habe ich säuberlich wieder runtergezogen.
Der Opa bekam dann abends einen Anfall.
"Dor hätt jo wohl de Dübel inslogen, in de verdammte Hoinerbande."
Dann wurde der Zaun erhöht.
Drei, vier Wochen später noch einmal das gleiche Spiel.
Opa nahm auch mal ein Huhn auf den Arm, Sein Lieblingshuhn hieß "Oma".
"Segg mol Oma, wo geht ihr röber".
Oma hätt nix seggt, obers emm op´n Arm scheeten hätt se.
Natürlich hatte er auch ein Huhn dabei, das er nicht leiden konnte.
Das nannte er "Iwan".
Fragt aber nicht, warum.
Müssen irgendwelche Erinnerungen sein.

Es lohnte sich, den Hühnermädels immer mal einen Leckerbissen zu spendieren, den sie nicht gleich
runterschlucken können. Dann gibt es schöne Verfolgungsrennen.
Das hält die Mädels schlank, schützt sie vor dem Kochpott und freut den Hahn.
Hühner sind doch richtig plietsch, wie wir sagen.
Nur sprechen können sie leider nicht.
Sonst hätten wir gemeinsam noch viel mehr Blödsinn ausgeheckt.
Der Opa war ja auch ein schönes Opfer.
So wie man sich einen alten Rentner vorstellt.

Heute ist der Opa zusammen mit seinen Hühnern im Himmel.
Ich hoffe, er hat immer noch Freude.
Hier auf der Erde hat es den Hühnermädels jedenfalls gefallen.

nordstern

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